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Debatte im Nationalrat über Ärztemangel – gegenseitige Schuldzuweisungen

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Wien (PK) – Debatte im Nationalrat über Ärztemangel – gegenseitige Schuldzuweisungen

Dringlicher SPÖ-Antrag abgelehnt, Koalition beantragt Rechnungshof-Überprüfung ehemaliger SPÖ-GesundheitsministerInnen

Auf Initiative der SPÖ wurde in der heutigen Sondersitzung des Nationalrats über überfüllte Arztpraxen, lange Wartezeiten bei Arztterminen sowie über das Fehlen von HausärztInnen in einigen österreichischen Gemeinden debattiert. Die größte Oppositionspartei forderte Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein auf, Maßnahmen in Hinblick auf die bevorstehende Pensionierungswelle bei AllgemeinmedizinerInnen zu ergreifen. Der Dringliche Antrag der SPÖ zum drohenden Ärztemangel fand jedoch keine Unterstützung. NEOS und JETZT teilen zwar das Problembewusstsein im Bereich der Gesundheitsversorgung, sie zeigten aber kein Verständnis für den Antrag der SPÖ.

ÖVP und FPÖ spielten den Ball zurück, sie orten die Verantwortung für den Mangel an MedizinerInnen in Österreich bei den SPÖ-GesundheitsministerInnen der Vorgängerregierungen der letzten zehn Jahre, konkret bei der derzeitigen SPÖ-Fraktionsvorsitzenden und Antragstellerin, Pamela Rendi-Wagner sowie beim nunmehrigen SPÖ-Nationalratsabgeordneten Alois Stöger. Daher brachten die Regierungsparteien einen Antrag auf Durchführung einer Gebarungsüberprüfung ein. Demgemäß soll der Rechnungshof die Ressortführung des Gesundheitsministeriums in den Jahren 2009 bis 2017 überprüfen.

Angenommen wurde ein ÖVP-FPÖ-Entschließungsantrag betreffend Stärkung der niedergelassenen Versorgung im Sinne der Patienten. Nicht erfolgreich waren die NEOS mit ihren drei Initiativen. Sie forderten Maßnahmen gegen die restriktive Stellenplanungspolitik der Kassen und Ärztekammern, die Förderung von Primärversorgungsnetzwerken und die Förderung der Digitalisierung im niedergelassenen Bereich.

Vogl (SPÖ) wirft Koalition Tatenlosigkeit vor

Aufgrund des demographischen Wandels bei den ÄrztInnen stehe man vor großen Herausforderungen, betonte SPÖ-Mandatar Markus Vogl. Um jeder Bürgerin und jedem Bürger die nötige Gesundheitsversorgung zu garantieren, müsste die Politik jedoch „hinschauen und tatsächlich handeln“, um die bestehenden Probleme zu lösen. Die SPÖ hätte die Problematik längst erkannt und in den Jahren der Regierungsbeteiligung eine Vielzahl an Maßnahmen und Werkzeugen entwickelt, um sich der Problematik zu widmen. Der derzeitigen Koalition warf er vor, diese Maßnahmen nun nicht umzusetzen. Anstatt die entwickelten Werkzeuge einzusetzen würde Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein diese „auf die lange Bank schieben“, sagte Vogl. Er kritisierte, dass in ihrem Aufgabenbereich, im Arbeits- und Sozialbereich oder etwa beim Konsumentenschutz „nicht passiert“ und bezeichnete die Zusammenlegung der Sozialversicherungen als „Sozialversicherungs-Zerstörungs- und Verteuerungsgesetz.“

Schwarz (ÖVP): „SPÖ hat Ärztemangel geschaffen“

Die Gesundheitssprecherin der ÖVP, Gabriela Schwarz, sieht den bestehenden Kassenärztemangel als von der SPÖ selbst verursacht. Sie übte harsche Kritik an SPÖ-Vorsitzender Pamela Rendi-Wagner, die ihrem Vernehmen nach „Probleme nur geschaffen und nicht gelöst hat“. In ihrer vormaligen Funktion als Gesundheitsministerin habe sie es, wie auch der ehemalige SPÖ-Gesundheitsminister Alois Stöger, verabsäumt, sich den Problemen bei der ärztlichen Versorgung zu widmen. Stattdessen wären die Gesundheitsausgaben bei der SPÖ explodiert, meinte Schwarz. Dass man in Österreich mehr neue HausärztInnen brauche, sei eine jahrelang absehbare Entwicklung. Der derzeitigen ÖVP-FPÖ-Koalition seien die niedergelassenen ÄrztInnen besonders wichtig. Sie wisse auch, wo deren Bedürfnisse liegen, und werde darauf achten, mehr Lehrpraxen zu schaffen und jungen ÄrztInnen durch faire Bezahlung und gute Rahmenbedingungen eine Perspektive zu geben, so die ÖVP-Mandatarin. Gerade im ländlichen Raum seien nämlich die niedergelassenen ÄrztInnen laut Schwarz „die Schaltstelle für Gesundheitsversorgung und Prävention.“

Povysil (FPÖ) kündigt Überprüfung ehemaliger SPÖ-GesundheitsministerInnen an

Erzürnt über den Dringlichen Antrag der ehemaligen Gesundheitsministerin Rendi-Wagner zeigte sich FPÖ-Gesundheitssprecherin Brigitte Povysil. Auch aus ihrer Sicht hat die SPÖ die derzeitige Situation im Gesundheitswesen in erster Linie selbst zu verantworten. Schließlich stelle die SPÖ auch die Generaldirektoren im Hauptverband der Sozialversicherungsträger und es gebe ein breites SPÖ-Netzwerk zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Dadurch, dass die SPÖ von 2009 bis 2017 durchgehend für das Gesundheitsressort zuständig war, habe sie alle Möglichkeiten gehabt, korrigierend in das Gesundheitssystem einzugreifen, sei aber untätig geblieben, meinte Povysil. Aus den kostspielige Studien, die er in Auftrag gegeben habe, habe der damalige Gesundheitsminister Stöger keine Konsequenzen gezogen, kritisierte die FPÖ-Mandatarin.

Povysil kündigte daher eine „ungewöhnliche Maßnahme“ seitens der Regierungsparteien an, nämlich eine Gebarungsprüfung der ressortführenden GesundheitsministerInnen der letzten zehn Jahre. Die ÖVP-FPÖ-Koalition hat somit den Rechnungshof beauftragt, die Kosten und Wirkungen der beiden vorangehenden Gesetzgebungsperioden zu überprüfen, als auch daraus Empfehlungen abzuleiten. In den Jahren 2009 bis 2017 seien SPÖ-MinisterInnen für die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen in Sachen Primärversorgung im Gesundheitswesen zuständig gewesen. Die ÖVP-FPÖ-Koalition wirft den damals Ressortverantwortlichen vor, es verabsäumt zu haben, dafür zu sorgen, dass die Krankenversicherungsträger ausreichend an den gesamtstaatlichen gesundheitspolitischen Zielen mitwirken. Der Antrag soll dem Rechnungshofausschuss zugewiesen werden.

Loacker (NEOS) fordert Maßnahmen gegen „restriktive Stellenplanungspolitik“

NEOS-Mandatar Gerald Loacker fand es „bemerkenswert“, dass die SPÖ selbst eingestehe, dass die Selbstverwaltung der Kassen gescheitert sei. Er könne nicht nachvollziehen, warum die SPÖ mit dem Dringlichen Antrag ihre eigenen Fehler breittrete. Die Verantwortung für die Versorgung der ÄrztInnen im niedergelassenen Bereich liege nicht bei der Gesundheitsministerin, sondern bei den Krankenkassen. In deren Leistungsgremien sitze die SPÖ, in deren Kontrollgremien die ÖVP, merkte Loacker an. Anhand eines Vergleichs zwischen Österreich und England zeigte er ein „Versorgungsdefizit“ im niedergelassenen Bereich auf. So gebe es in England etwa bei der Volkskrankheit Diabetes eine strukturierte Versorgung von 95% der PatientInnen, in Österreich hingegen nur 10%. Daran könne man die allgemeine Situation im Gesundheitswesen gut ablesen, meinte er. Auch fehle in Österreich eine Hilfeleistung, um PatientInnen durch das komplexe System zu steuern.

Grundsätzlich müsste man laut dem NEOS-Mandatar für eine bessere Versorgung mehr Geld zur Verfügung stellen. Da die Anzahl der KassenärztInnen seit 2006 um 3% zurückgegangen und die der WahlärztInnen um 36% gestiegen ist, sieht Loacker eine Notwendigkeit, die Krankenkassen zu motivieren, hier mehr zu tun. Er forderte die Regierung auf, der „restriktiven Stellenplanungs-Politik“ der Kassen und Ärztekammern entgegenzuwirken, sodass etwa Wahlarztkosten zur Gänze von den Kassen abgerechnet werden können. Ein dementsprechender Entschließungsantrag der NEOS, den Loacker einbrachte, wurde aber abgelehnt.

Holzinger-Vogtenhuber (JETZT) kritisiert „beiderseitige Panikmache“

Auch Daniela Holzinger-Vogtenhuber (JETZT) zeigte die Notwendigkeit der Verbesserung der ärztlichen Versorgung in Österreich auf -insbesondere im ländlichen Bereich – kritisierte aber sowohl SPÖ als auch FPÖ für fehlende Sachlichkeit in der Debatte. Je nach Situation würden beide Parteien Panikmache betreiben und sich im Nationalrat verbal die Köpfe einschlagen, „damit ist aber der Bevölkerung, die Hausärzte braucht, nicht weitergeholfen“, sagte die Mandatarin. Sie appellierte an die Fraktionen, sich „anstatt Panikmache per Excellence“ gemeinsame Lösungen zu überlegen. Der ÖVP warf sie vor, dass sie bestehende Probleme bei der Hausarztversorgung nach wie vor leugne und die Situation verkenne. Im ländlichen Raum würden nicht nur HausärztInnen, sondern auch KinderärztInnen fehlen, sagte Holzinger-Vogtenhuber. Außerdem schlug sie einen finanziellen Ausgleich für LandärztInnen vor, da diese, im Vergleich zu städtischen ÄrztInnen, einen wesentlich höheren Aufwand hätten. In die Bundesländer sollte man ihrer Ansicht nach weitere Mittel investieren, um etwa Studieren durch Stipendien Berufspraxis am Land zu ermöglichen.

SPÖ-Abgeordnete kritisieren Maßnahmen der Bundesregierung im Gesundheitsbereich

In Österreich seien derzeit 87 Hausarztstellen nicht besetzt, obwohl es mehr ÄrztInnen denn je gebe, konstatierte Verena Nussbaum (SPÖ). Der Beruf des Hausarztes habe unter jungen MedizinerInnen an Attraktivität verloren. Das liege unter anderem daran, dass die Ausbildung heute andere Schwerpunkte setze und MedizinerInnen unterdessen im Team arbeiten wollen. Die SPÖ habe darauf mit gesetzlichen Maßnahmen reagiert, etwa mit der Förderung von Gruppen-und Lehrpraxen und von Primärversorgungszentren. Nussbaum sieht darin zukunftsweisende Modelle, um eine gute Versorgung aller PatientInnen zu gewährleisten. Die Bundesregierung setze jedoch nur Schritte, die den Verwaltungsapparat aufblähen, sagte Nussbaum. Gesundheitsministerin Hartinger-Klein warf sie vor, die Privatisierung des Gesundheitssystems voranzutreiben.

SPÖ-Abgeordneter Alois Stöger würdigte die Leistungen der AllgemeinmedizinerInnen. Sie würden die grundlegende Gesundheitsarbeit leisten, damit PatientInnen sich im Gesundheitssystem zurechtfinden. Als Gesundheitsminister habe er sich bemüht, dass alle Gesundheitsberufe mit den ÄrztInnen zusammenarbeiten können, und sich für mehr Primärversorgungszentren eingesetzt. Das Gesundheitsressort habe er als Ergebnis einer schwarz-blauen Gesundheitspolitik mit 1,1 Mrd. € an Schulden übernommen. Unter SPÖ-Führung seien die Kassen dann entschuldet, die Leistungen ausgeweitet und die Selbstbehalte reduziert worden. Stöger sieht es als Frage politischer Entscheidung, ob Österreich auch weiterhin ein starkes Gesundheitssystem haben werde. Die Gesundheitsministerin ist aus seiner Sicht hier nicht nur säumig, sie setzt auch grundlegend falsche Schritte.

Die Abgeordneten der Koalition hätten in der Debatte bestätigt, dass die aktuelle Bundesregierung keine Antworten für das Gesundheitssystem habe, meinte Philip Kucher (SPÖ). Die bisherigen Maßnahmen der Gesundheitsministerin zeigten das ganz deutlich. Diese reichten von der Aufweichung des Nichtraucherschutzes über die Kassenreform bis zu Überlegungen für eine Zwei-Klassenmedizin im ambulanten Bereich. Die Aussagen der Gesundheitsministerin in der heutigen Sondersitzung kämen einer politischen Bankrotterklärung gleich.

ÖVP: Bundesregierung hat Probleme des Gesundheitssystems erkannt und reagiert darauf

Österreich habe zweifellos ein Verteilungsproblem bei den KassenärztInnen, konstatierte Josef Smolle (ÖVP). Hier müsse man in verschiedenen Bereichen ansetzen. In der Studienphase gebe es zwar eine hohe Zahl von Studienplätzen und Abschlüssen, doch müsse man dafür sorgen, dass die Studierenden sich für Allgemeinmedizin interessieren. Hier sei bereits einiges getan worden, um ihnen diesen Beruf näherzubringen. Auch bei der Ausbildung im Spital habe man vieles getan, um die Work-Life-Balance der ÄrztInnen zu verbessern. Nachholbedarf sieht Smolle noch bei den Kassenarztstellen. Diese seien derzeit zu wenig attraktiv, weshalb auch hier bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden müssten. Smolle ist überzeugt, dass die Bundesregierung diese mit ihren Maßnahmen erreichen wird.

Die SPÖ habe in den letzten Jahren die Verantwortung im Gesundheitsressort gehabt, sagte Norbert Sieber (ÖVP). Ihr Dringlicher Antrag sei falsch formuliert, denn es gebe keinen Ärztemangel, sondern einen Mangel an KassenärztInnen, den die SPÖ-MinisterInnen durch falsche Maßnahmen selbst erzeugt hätten. Die aktuelle Bundesregierung setze daher korrigierende Maßnahmen. Sieber brachte in diesem Zusammenhang einen Entschließungsantrag der Abgeordneten der Koalition ein, der die Bundesregierung ersucht, die Versorgungsplanung für den Bereich der niedergelassenen ÄrztInnen weiter zu forcieren. Dieser Antrag wurde mehrheitlich angenommen.

„Politische Amnesie“ der SPÖ beim Thema Gesundheitspolitik diagnostizierte ÖVP-Abgeordneter Karl Nehammer. Die Mängel im Gesundheitssystem seien nämlich unter SPÖ-MinisterInnen entstanden und nie behoben worden. Wenn die SPÖ einen Beitrag zur Reform des Gesundheitssystems leisten wolle, so solle sie ihre ParteigenossInnen im Gesundheitssystem anhalten, die Maßnahmen der Bundesregierung nicht weiter zu blockieren, lautete die Schlussfolgerung des Abgeordneten.

FPÖ: Mängel des Gesundheitssystems sind Folge der Versäumnisse von SPÖ-MinisterInnen

Besonders im ländlichen Raum fehlten niedergelassene ÄrztInnen, sagte Petra Wagner (FPÖ). Allerdings seien es die SPÖ-GesundheitsministerInnen gewesen, die keine Weichenstellungen gegen den drohenden Ärztemangel vorgenommen hätten. Die Kritik der SPÖ an der derzeitigen Lage ist für Wagner daher ein Eingeständnis der eigenen Versäumnisse. Änderungen setzen für die Abgeordneten eine gesamthafte Betrachtung des Gesundheitssystems voraus, denn nur so ließen sich die Strukturprobleme erkennen und lösen. Die Gesundheitsministerin habe die notwendigen Veränderungen bereits eingeleitet, ist die Abgeordnete überzeugt.

Die SPÖ habe keinen Anlass, die Leistungen ihrer GesundheitsministerInnen zu verklären, befand Gerhard Kaniak (FPÖ). Vielmehr seien sie mit ihren Maßnahmen gescheitert, die sich alle als unwirksam gezeigt hätten. Ungünstige Rahmenbedingungen für Kassenverträge würden nach wie vor junge ÄrztInnen abschrecken, in den niedergelassenen Bereich zu gehen. Die Bundesregierung habe die Probleme, auch im Bereich der Pflege und der Apothekenversorgung, erkannt und gehe sie nun entschlossen an.

David Lasar (FPÖ) wiederholte den Vorwurf an die SPÖ, über viele Jahre im Gesundheitsbereich säumig gewesen zu sein. Die Stadt Wien, wo die SPÖ allein zuständig sei, biete ein besonders markantes Beispiel für die verfehlte SPÖ-Gesundheitspolitik. Diese sei durch schwere Mängeln in der Spitalsversorgung bei gleichzeitiger Geldverschwendung gekennzeichnet, befand der FPÖ-Mandatar.

NEOS fordern Mittel für Primärversorgungszentren und Digitalisierung

Einen Grundkonsens, dass die Politik das bestmögliche Gesundheitssystem anstreben sollte, ortete Irmgard Griss (NEOS). Wichtige Reformmaßnahmen seien zwar bereits gesetzt worden, doch zeige sich der Erfolg nur langsam. Die Abgeordnete forderte einen parteiübergreifenden Konsens zur Zusammenarbeit, um raschere Reformen umzusetzen. Der Schlüssel für eine gute Versorgung sind für sie die Primärversorgungszentren, die verschiedenste medizinische Angebote effektiv und kostengünstig vernetzen können. HausärztInnen seien dabei die wichtigste erste Anlaufstelle, um Menschen gut durch das Gesundheitssystem zu leiten. Aus Sicht von Griss gilt es jedoch, die Finanzierung sicherzustellen. Sie brachte einen Entschließungsantrag ein, in dem die NEOS budgetäre Vorsorge für den Aufbau von Primärversorgungszentren und -netzwerken fordern. Die Budgetmittel dafür sollten anfangs zumindest 100 Mio. € betragen, heißt es im Antrag, der bei der Abstimmung jedoch in der Minderheit blieb.

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) sah in den Debattenbeiträgen zum Zustand des Gesundheitssystems viele Schuldzuweisungen, vermisste aber Aussagen, wie die Zukunft aussehen solle. Auch die Gesundheitsministerin habe offenbar keine konkreten Vorstellungen darüber, wie die Digitalisierung im Gesundheitsbereich vorangetrieben werden sollte. Gerade im hausärztlichen Bereich müsste hier viel geschehen, denn Telemonitoring, Teletherapie und Telekonferenzen bei Eingriffen würden neue Möglichkeiten eröffnen, stellte er fest. Alle Bundesregierungen hätten hier bisher zu wenig unternommen. Hoyos-Trauttmansdorff brachte einen Entschließungsantrag seiner Fraktion ein, in dem 100 Mio. € aus dem Budget für die Förderung der Digitalisierung im niedergelassenen Bereichs gefordert werden. Auch dieser Antrag wurde nicht ausreichend unterstützt.

Die SPÖ trage leider selbst viel an Verantwortung für eine Reihe der Probleme, für die sie nun die Regierung kritisiere, bemerkte Josef Schellhorn (NEOS) in Richtung der Einbringerin des Dringlichen Antrags. Das größte Hindernis für eine effektive Reform des Gesundheitssystems sieht Schellhorn im österreichischen System der Selbstverwaltung, das weder SPÖ noch ÖVP anrühren wollten. Dieses System trage auch die Schuld an den Problemen, die bei den Kassenverträgen für niedergelassene ÄrztInnen bestehen.

Liste JETZT kritisiert Mängel der zahnmedizinischen Versorgung

In der Debatte über das Gesundheitssystem zu wenig beachtet werde leider der Bereich der zahnmedizinischen Versorgung, kritisierte Wolfgang Zinggl (JETZT). Das Angebot der Kassenleistungen habe sich seit sechs Jahrzehnten faktisch nicht geändert, sodass in Österreich keine ausreichende Zahnbehandlung über Krankenversicherungen sichergestellt sei. Die PatientInnen müssten daher einen beträchtlichen Teil der zahnärztlichen Leistungen selbst bezahlen, was Zahnbehandlungen zu einem Luxusgut mache. Die Unterversorgung für den Großteil der Bevölkerung belaste aber das gesamte Gesundheitssystem, da Zahnprobleme eine große Zahl von Folgeerkrankungen nach sich ziehen, sagte Zinggl.

Der fraktionslose Abgeordnete Efgani Dönmez bewertete die Struktur der Gesundheitsausgaben als Zeichen einer falschen Prioritätensetzung. Das Gesundheitssystem sei nämlich darauf ausgelegt, dass Leistungen erst abgerufen werden können, wenn man bereits krank sei. Stattdessen sollte viel mehr in die Prävention investiert werden. Das würde vielleicht anfangs etwas kosten, längerfristig aber Kosten senken helfen, meinte er. Die Arbeitsbelastung von AllgemeinmedizinerInnen seien sehr hoch, er verstehe daher gut, wenn junge MedizinerInnen lieber ins Ausland gehen, wo sie mehr verdienen können. (Schluss Nationalratssitzung) fan/sox

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