Tiroler Tageszeitung, Ausgabe vom 21. März 2018; Leitartikel von Manfred Mitterwachauer: „Mitgefangen, mitgehangen?“
Innsbruck (OTS) – Ingrid Felipe und Gebi Mair blieb gar nichts anderes übrig als der neuerliche Pakt mit der ÖVP. Der Spitze der Tiroler Grünen ist das oppositionelle Gen längst abhandengekommen. Daran könnte nur die grüne Basis etwas ändern.
Wie leidensfähig ist die grüne Basis? Diese Frage wird heute Abend bei der Landesversammlung der Tiroler Grünen auf der Villa Blanka in Innsbruck zu beantworten sein. Die grüne Spitze mit Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe und Klubobmann Gebi Mair wird ihren Parteimitgliedern ein Programm vorlegen, das sie auf weitere fünf Jahre auf Gedeih und Verderb an die ÖVP binden soll. Jene ÖVP, die unter Landeshauptmann Günther Platter am 25. Februar einen schwarzen Wahlsieg eingefahren hat, wie es Tirol seit vielen Jahren nicht mehr erlebt hat. Auch die Grünen durften an diesem Wahlsonntag jubeln. Aber nicht, weil sie dazugewonnen hätten. Nein. Ein Mandat (und somit auch den dritten Bundesratssitz) verloren, blieben die Grünen nur knapp zweistellig. Das reichte schon für einen schier grenzenlosen grünen Jubel. Musste reichen. Die grünen Wertigkeiten haben sich in der Folge des desaströsen Abschneidens bei der Nationalratswahl (und auch der späteren Landtagswahl in Kärnten) verschoben: Hauptsache drinnen, Hauptsache weiterregieren. Die Tiroler Grünen – eine am Machterhalt orientierte Partei.
Felipe und Mair werden heute vor der grünen Basis alles in die Waagschale werfen (müssen), um ein klares Pro-Votum für den neuen Koalitionsvertrag mit den Landesschwarzen zu bekommen. Womöglich sogar die eigene politische Zukunft. Der Deal mit der ÖVP ist für beide alternativlos. Felipe und Mair haben sich in den vergangenen fünf Jahren an das Regieren gewöhnt. Das oppositionelle Gen ist ihnen abhandengekommen. Beide werden das abstreiten, so wie sie auch die (internen) Unkenrufe, die Grünen würden es in der Koalition zu billig geben, abzustreifen versuchten. Schließlich gehe es darum, Tirol vor Schlimmerem zu bewahren. Soll heißen: der FPÖ. Und: Man habe auch einiges auf der Habenseite zu verbuchen. Doch zu welchem Preis? Diese Frage wird sich die grüne Basis heute selbst beantworten und hierfür tief ins neue Regierungsprogramm schauen müssen. Auf der Suche nach möglichen Fallstricken und Nebenabsprachen. Reichen die paar grünen Verhandlungserfolge aus, die man z. B. in der Pflege oder im weiteren Ausbau des öffentlichen Verkehrs erreichen konnte, um die Begehrlichkeiten der ÖVP klaglos zu schlucken? Eine Gewissensfrage. 2013 sagte das grüne Gewissen mit 89,03 % Ja. Das ist die Messlatte für heute. Nur eines muss sich die Basis vor Augen führen:
mitgefangen, mitgehangen!
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