LAbg. Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS) nannte die Rede ihres direkten Vorredners Dominik Nepp (FPÖ) ein „Paradebeispiel für Rechtspopulismus“. Statt über „700 Asylmillionen“ zu sprechen, brauche es Sachlichkeit in der Debatte, forderte die NEOS-Mandatarin: Es gebe viele Gründe, warum Menschen zeitweise keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können, deshalb existiere ein soziales Netz, das Menschen in schweren Lebenssituationen auffängt. Neben der Absicherung müsse es aber genug Anreize geben, um wieder in den Arbeitsmarkt zu kommen. Sie forderte eine „Balance“ zwischen jenen, die für die Leistungen einzahlen und jenen, die sie bekommen. Die Mindestsicherung müsse „Treffsicherheit“ haben; sie müsse auch ein „Trampolin zurück in den Arbeitsmarkt“ sein. Deshalb sei es zu begrüßen, dass im Bund eine Reform der Sozialhilfe mit Vereinheitlichung der Leistungen in allen Bundesländern sowie einer stärkeren Anbindung an das Arbeitsmarktservice und mit einer Neuausrichtung der Leistungen für Menschen mit Fluchthintergrund auf den Weg gebracht worden sei. Die FPÖ fordere Integration, lehne aber im Gemeinderat jede Ausgabe dafür ab, sagte Bakos: „Man versteht ihre Ausrichtung nicht ganz. Geld zu investieren in die Integration, in Bildungsmaßnahmen, in Sprachkurse ist nicht nur notwendig, sondern auch nachhaltig sinnvoll – damit Menschen nicht nur Steuergeld erhalten, sondern irgendwann auch Steuern zahlen“, sagte Bakos.
LAbg. David Ellensohn (GRÜNE) meinte, obwohl „der Kuchen immer größer wird“ und es weltweit und in Österreich immer mehr Millionäre und Milliardäre geben würde, stiege die Zahl der Armutsbetroffenen an. Deshalb sei es wichtig, dass wenigstens in Wien all jene, die Hilfe und Unterstützung brauchen, diese auch erhalten würden. Dazu zählen Kinder aus einkommensschwachen Haushalten. Er kritisierte die FPÖ für ihre Forderung, einem Fünfjährigen die Mindestsicherung streichen zu wollen: „Zu behaupten, dann wird alles besser und fairer, dafür braucht es ein blaues Gehirn und nicht ein funktionierendes“, sagte Ellensohn in Richtung FPÖ. Jede zweite Alleinerzieher*in lebt in Österreich unter der Armutsgrenze, ebenso jede zweite Familie mit mehr als zwei Kindern, sagte der Grünen-Mandatar. Statt Menschen, die eh schon wenig hätten, noch mehr Geld wegzunehmen, müssten Lohnraub und Steuerbetrug „von Leuten, die es haben“ bekämpft werden. Diese Maßnahmen würde mehr als 29 Milliarden Euro bringen, rechnete Ellensohn vor. Er forderte abschließend eine echte Kinder-Grundsicherung in Wien und in Österreich.
LAbg. Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP) konterte ihrem Vorredner: Es steige zwar die Anzahl der Millionäre und Milliardäre weltweit, es sei aber auch die Zahl der Menschen rückläufig, die in absoluter Armut leben – das müsse man bei aller Kapitalismuskritik auch anerkennen, forderte Hungerländer. Sie begrüßte den Vorschlag, dass Frauen mit Betreuungspflichten in der Mindestsicherung nach zwei Jahren einen Anspruch auf Kinderbetreuung bekommen; das ermögliche ihnen in den Arbeitsmarkt zurückkehren können, was Hungerländer unterstützt. Die ÖVP-Abgeordnete kritisierte, dass Wien den höchsten Anteil an subsidiär Schutzberechtigte aller Bundesländer hätte – laut Hungerländer, weil Wien mit der Aufzahlung der Mindestsicherung einen „Pull-Faktor“ schaffen würde. Auch das in der Debatte um die Sozialhilfe immer wieder eingeworfene Argument des Aufstockens der Mindestsicherung auf Arbeitseinkommen betreffe nur einen verschwindend kleinen Teil der sogenannten Aufstocker*innen, sagte Hungerländer; die meisten Aufstocker*innen würden auf andere Transferleistungen wie Arbeitslosengeld oder Grundsicherung aufstocken. Sie forderte eine grundlegende Überarbeitung des Systems der Sozialhilfe und der Mindestsicherung. Auch sie forderte eine Balance zwischen den „Einzahler*innen“ und jenen, die Transferleistungen bekommen.
LAbg. Mag. Andrea Mautz (SPÖ) meinte, in der Debatte würden von der Opposition Fakten vermischt und Menschen gegeneinander ausgespielt. Das Asylrecht schütze Menschen vor Verfolgung, Folter und Krieg; Asylsuchende seien keine „Asylmillionen“, wie auf den Wahlplakaten der FPÖ plakatiert, sondern Individuen mit einer Geschichte. Sie stellte die Behauptungen einiger Vorredner*innen der FPÖ richtig: „Wer illegal aufhältig ist, kann keinen legalen Rechtsanspruch auf Grundsicherung oder Mindestsicherung erhalten.“ Das sei schlichtweg falsch, stellte Mautz fest. „Menschen, die illegal aufhältig sind, können keine gesetzlichen Ansprüche geltend machen.“ Zum angeblichen Pull-Faktor erklärte Mautz, dass Asylwerber*innen nicht einfach in ein anderes Bundesland ziehen könnten, wie behauptet, sondern die Genehmigung der Asylbehörde brauchten. „Das Bashing auf die Wiener Mindestsicherung hat die Mindestsicherung nicht verdient“, sagte Mautz. Die Bezugsquote der Mindestsicherung läge konstant bei 7 Prozent der Bevölkerung und das trotz steigender Teuerung bei Mieten, Energie oder Lebensmittelpreisen. Das sei prinzipiell eine gute Nachricht, denn: „Wir konnten einen Anstieg der Armut durch unsere Maßnahmen verhindern.“
Im Anschluss an die Aktuelle Stunde wurde Luise Däger-Gregori, MSc (SPÖ) einstimmig als Ersatzmitglied des Bundesrates gewählt.
Hauptdebatte: Entwurf des Gesetzes, mit dem das Wiener Klimagesetz (Wr. KG) erlassen wird
LAbg. Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS) nannte das Gesetz „einen Meilenstein für die Wiener Klimapolitik“ und „Vorbild in Europa“. Mit dem Gesetz würden Bürger*innen und Unternehmer*innen Klarheit über den Pfad zur Klimaneutralität bis 2040 bekommen. Er erinnerte an die „3 Ks“ im Gesetz: Klimaschutz, Klimaanpassung und Kreislaufwirtschaft. Er zeigte sich verwundert über den Widerstand der Grünen gegen das Gesetz: Es gelte Menschen mitzunehmen, nicht diese zu bevormunden oder gar zu polarisieren. Mit dem Gesetz wolle die Stadt ihren Bewohner*innen und der Wirtschaft Planbarkeit und Orientierung bieten – nur so könnten gemeinsame Ziele im Klimaschutz erreicht werden. „Das beste Ziel nützt nichts, wenn man keinen glaubhaften Weg hat, dort hinzukommen“, betonte Gara. Das Klimagesetz sei ein „Governance-Gesetz“, das den Rahmen für die Klimastrategie und den Klimafahrplan schaffe, erklärte der NEOS-Mandatar. In diesem Fahrplan sei auch detailliert beschrieben, was das Ziel bei der Mobilität sei und wie man diese erreichen wolle, konterte Gara einen Kritikpunkt der Grünen. Mit dem Klimagesetz werde auch der Klimacheck für Bauvorhaben Realität – Großprojekte würden nach Klima-Kriterien bewertet und notfalls umgestaltet, um Klima-Vorgaben zu erreichen. Mit dem im Gesetz verankerten Klimabudget werde erstmals der CO2-Ausstoß mit den Bilanzen verknüpft. Projekte müssten künftig nicht nur in den Finanzrahmen, sondern auch in das CO2-Budget der Stadt passen, erklärte Gara. Er kündigte Klimaallianzen zwischen Stadt, Unternehmen und Zivilgesellschaft an, um Ziele im Klimaschutz gemeinsam zu erreichen. Er erinnerte daran, dass die NEOS anders als die Grünen das Klimagesetz und „Raus aus Gas“ zur Koalitionsbedingung gemacht hätten. Von der rot-pinken Fortschrittskoalition seien in den vergangenen viereinhalb Jahren „in vielen, vielen Projekten“ vorgezeigt worden, Ziele wie das „Raus aus Gas“ erreichen zu könnten, sagte Gara. Unter diesem Motto seien 100 Projekte zum Umstieg von Erdgas auf erneuerbare Energien vor den Vorhang geholt worden – darunter das erste Geothermiekraftwerk für Wien in der Seestadt oder das Heizen mit der Restwärme aus der Hauptkläranlage in Simmering. Wien sei auch das erste Bundesland gewesen, das sich von russischem Gas unabhängig gemacht hat, erinnerte Gara. Wien hätte es geschafft, den Treibhausgas-Ausstoß um 12 Prozent und den Energieverbrauch in der Stadt um 33 Prozent zu senken. Auch hätte Wien die größte Sonnenstromoffensive Österreichs gestartet und Anlagen mit der Leistung von insgesamt 250 Megawatt-Peak Sonnenstrom für 73.000 Haushalte geschaffen. „In Wien schaffen wir einen verbindlichen Fahrplan, etwas, was die Grünen im Bund nicht geschafft haben“, sagte Gara. In zehn Jahren Rot-Grün sei – außer der verkehrsberuhigten Mariahilfer Straße und dem 365-Euro-Ticket für die Öffis – wenig an Klimaprojekten übrig geblieben. Die Grünen würden tolle Renderings vorlegen, die NEOS hingegen Projekte umsetzen, kritisierte Gara.
StR Peter Kraus, BSc (GRÜNE) meinte, er hätte den Eindruck, sein Vorredner Gara würde viel lieber über die Grünen sprechen als über das Klimagesetz. Übrigens sei es die Grüne Energieministerin Leonore Gewessler in der letzten Schwarz-Grünen Bundesregierung gewesen, die Förderungen für Solarstrom geschaffen hätte – von denen auch Wien mit dem von Gara gelobten Solar-Boom profitiert hätte. Die neue schwarz-rot-pinke Regierung würde übrigens just diese Förderungen als erste Maßnahmen streichen. Kraus betonte, er sei zu Recht stolz auf die 365 Euro Jahreskarte: „Das ist ein richtiges Leuchtturm-Projekt“, etwas Vergleichbares könne Rot-Pink nicht vorlegen. Er begrüßte grundsätzlich das neue Wiener Klimagesetz, es sei aber Aufgabe der Opposition, Nachbesserungsbedarf aufzuzeigen. Er verwies auf die Vorschläge im Abänderungsbeitrag der Grünen zum Gesetz. Das Klimagesetz sei nach wie vor zahnlos und bleibe bei vielen Vorgaben vage – zum Beispiel bei der Einleitung von Sofortmaßnahmen im Klimafahrplan. Diese sollten dann gesetzt werden, wenn eine Zielerreichung in Gefahr sei. Für eine Sofortmaßnahme sei allerdings eine Evaluierung des Klimafahrplans notwendig, der werde jedoch nur alle fünf Jahre evaluiert und gegebenenfalls neu aufgesetzt. Es gebe zwar jährliche Monitorings zum Klimafahrplan, diese könnten aber nie eine Anpassung auslösen. Neben dem Verkehr sei der Gebäudebereich der größte Hebel beim CO2-Ausstoß in Wien, sagte Kraus. Im Baubereich gehe es nicht nur um den Betrieb von Gebäuden – Stichwort Heizung –, sondern auch der Bau. Klimachecks für Bauvorhaben würden laut Klimagesetz nur Großprojekte betreffen; bei 1.500 neubewilligten Gebäuden würden derzeit nur ein Dutzend vom Klimacheck betroffen sein, argumentierte Kraus. Überhaupt gelte der Klimacheck vorerst nur für eigene Bauvorhaben der Stadt. Der Klimacheck werde auch von der Stadt selbst vorgenommen – die Stadt checke sich also selbst. Er kritisierte in diesem Zusammenhang fehlende Transparenz. Auch sei der Klimacheck nur eine Empfehlung – könne also nie negativ ausfallen, sondern höchstens Optimierungsempfehlungen vorschlagen. „Das Bauvorhaben geht trotzdem weiter. Das ist ein komplett zahnloses Instrument“, sagte Kraus. Der Klimacheck würde viel Bürokratie auslösen, aber wenige Ergebnisse und wirksame Maßnahmen bringen. Wien könne in Sachen Klimamaßnahmen am Bau bei den Gemeindebauten der Stadt ansetzen – von 1.670 städtischen Wohnhausanlagen in Wien hätten mit 1 Prozent nur ein Bruchteil eine Solaranlage und in allen Gebäuden seien insgesamt zwei Wärmepumpen verbaut, kritisierte Kraus. (Forts.) ato
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