Der Österreich-Pavillon bei der 61. Kunstbiennale Venedig im Jahr 2026 wird von der international renommierten österreichischen Performance-Künstlerin Florentina Holzinger gestaltet. Das hat Kunst- und Kulturminister Werner Kogler heute im Zuge einer Pressekonferenz bekanntgegeben.
Holzinger wird für den Biennale-Beitrag unter dem Arbeitstitel „Seaworld Venice“ mit der Kuratorin Nora-Swantje Almes sowie einem Team aus Performer:innen, Musiker:innen, Stunt-Koordinator:innen und Produzent:innen zusammenarbeiten.
Die 61. Kunstbiennale findet von April bis November 2026 in Venedig statt.
„Florentina Holzinger ist völlig zurecht eine der renommiertesten österreichischen Künstlerinnen der Gegenwart. Ihr innovatives Projekt für Venedig beschreitet neue Wege und wird sich in die erfolgreichen österreichischen Beiträge bei der Biennale der letzten Jahre einreihen – davon bin ich überzeugt“, so Kulturminister Kogler bei der Pressekonferenz. „Ich danke der Jury für ihre Arbeit und die eindeutige Empfehlung für dieses spannende Projekt und wünsche dem Team gutes Gelingen.“
„Ich freue mich sehr, Österreich auf der Kunstbiennale 2026 zu vertreten. Für mich und mein Team bedeutet dieser Kontext eine sehr spannende und neue Herausforderung. Ob auf der Bühne, in der Galerie oder im öffentlichen Raum: die Essenz meiner Arbeit ist der kompromisslose Umgang mit dem Körper als Medium. Dieser ist der Schauplatz, an dem gesellschaftliche und politische Umstände und Vorgänge direkt verhandelt werden. Die Arbeit ist ein unkonventioneller und Grenzen auslotender Umgang mit unserer Realität und deren Transformation. Meine Faszination mit dem Element Wasser wird in Venedig, einer sinkenden Stadt in enormem Spannungsverhältnis zum Wasser, fortgesetzt. Hier wird der Körper im Abhängigkeitsverhältnis und Wechselspiel mit Natur und Technologie ein zentrales Thema spielen. Ich bedanke mich für das Vertrauen und freue mich sehr auf die Herausforderung“, so Florentina Holzinger.
„Ich freue mich sehr über die Aufgabe, den Österreichischen Beitrag bei der Kunstbiennale in Venedig 2026 gemeinsam mit Florentina Holzinger und ihrem Team zu realisieren. Florentina Holzinger ist eine der relevantesten künstlerischen Positionen der Gegenwartskunst.
Sie schafft Bilderwelten, die uns nicht loslassen – gemeinschaftliche Erfahrungen, die uns berühren. Wir bedanken uns herzlich bei der Jury für das Vertrauen und freuen uns, den Österreichischen Pavillon 2026 bespielen zu dürfen“, so Kuratorin Nora-Swantje Almes.
Jurybegründung
Florentina Holzinger überzeugte die Jury mit ihrer innovativen Einreichung für den Österreichischen Pavillon 2026, bei der sie – ihrem interdisziplinären Ansatz entsprechend – Elemente aus Tanz, Theater und Performancekunst verbindet. Die aktuelle Relevanz ihrer Fragestellungen, vom Umgang mit der Ressource Wasser bis hin zu existenziellen körperlichen Erfahrungen und deren gesellschaftlichen Normierungen, überzeugte die Jury ebenso wie die geplante Umsetzung in unterschiedlichen Formaten: Sowohl die Installation im Pavillon als auch die Etüden in der Lagune ermöglichen eine persönliche Teilnahme der Besucher:innen auf verschiedenen Ebenen.
Die Künstlerin schafft damit einen variablen ästhetischen Erfahrungsraum, der den Ausstellungskontext mit dramaturgischen Elementen des Theaters anreichert und wirkmächtige Bilder generiert. Mit ihrer mitunter provokanten und gesellschaftskritischen Auseinandersetzung mit dem menschlichen Körper reiht sich Florentina Holzinger außerdem in eine österreichische kunsthistorische Linie (Wiener Aktionismus, feministische Body-Art) ein.
Zum Vergabeverfahren
Seit der Biennale 2021 wird der Österreich-Beitrag für Venedig im Rahmen eines offenen Wettbewerbs gesucht. Der Bund lädt Kuratorinnen und Kuratoren, Kunst- und Kulturschaffende ein, an diesem Projektwettbewerb teilzunehmen. Die eingereichten Projekte werden in einem dreistufigen Auswahlverfahren einer Fachjury aus nationalen und internationalen Expert:innen vorgelegt. Der diesjährigen Jury gehörten Gabriele Spindler, Leiterin der Abteilung Kunst- und Kulturwissenschaften in der OÖ Landes-Kultur GmbH sowie Kuratorin des Biennale-Beitrags 2024, Fatima Hellberg, designierte Direktorin des MUMOK, Harald Krejci, Direktor des Museums Moderner Kunst Salzburg, Franziska Nori, Direktorin des Frankfurter Kunstvereins, sowie der Künstler Markus Schinwald an. Die Entscheidung über die Nominierung des Siegerprojekts wie auch der Kuratierung erfolgt auf Empfehlung der Jury durch den zuständigen Bundesminister für Kunst und Kultur.
Projektbeschreibung des Teams
Florentina Holzinger (geb. 1986, Wien) bearbeitet in ihren spektakulären Projekten Themen wie Identität und körperliche Grenzüberschreitungen. Inspiriert von Wiener Aktionismus, Körperkunst und Bodybuilding, aber auch vom Ballett, Kabarett und Zirkus, dekonstruiert sie in ihren Arbeiten Bilder von Weiblichkeit. Sie seziert das Patriarchat und den Kapitalismus und zeigt in poetischer Bildsprache die Verletzlichkeit unserer Körper und der Welt.
Die Arbeit erforscht kulturelle Phänomene und kulturgeschichtliche Zusammenhänge und spielt bewusst mit den sich ständig verschiebenden Grenzen zwischen Hochkultur und Entertainment. Die Bedeutung des autonomen Körpers als Handlungsinstrument ist zentral in Holzingers Arbeit.
Mit ihren kraftvollen, herausfordernden Bildern testet Holzinger die Grenzen von Körpern und der Welt auf eine erfahrbare Weise. Weibliche Körper beherrschen in ihren Inszenierungen große Maschinen und hängen an Haken von der Decke – stets an der Grenze des Vorstellbaren. Seit 2020 und den ersten experimentellen Formaten im Stadtraum unter dem Serien-Titel Études öffnete Florentina ihre Praxis zunehmend dem Kontext der bildenden Kunst. Diese Etüden sind Übungen, site-spezifische Aktionen an öffentlichen Orten des Transits. Oft steht dabei das Verhältnis von Mensch, Maschine und Wasser als zentrales Element im Fokus.
Für den Österreichischen Pavillon setzt Holzinger ihre Recherche am Element Wasser fort und baut diese weiter aus – das erste Mal erfolgt die Umsetzung in ein Ausstellungskonzept. Wie stets bei Florentina Holzinger steht ein feministischer Zugang zu den Motiven im Mittelpunkt: Sie erforscht verschiedene Modi weiblicher Repräsentation und das Potenzial weiblicher Körperlichkeit, indem sie ständig an deren Erweiterung und der Entdeckung neuer Möglichkeiten arbeitet. Im Kontext von Venedig eröffnen sich neue Ansätze für diese langjährige Recherche. Wasserwesen aus mythologischen und klassischen Erzählungen bilden dabei Ausgangspunkte, indem sie in eine mögliche Zukunft Venedigs abtauchen.
Holzingers Beitrag zur Kunstbiennale in Venedig wird einen permanent bespielten Pavillon sowie site-spezifische Aktionen im Stadtraum umfassen.
Über Florentina Holzinger
Florentina Holzinger studierte Choreografie an der School for New Dance Development (SNDO) in Amsterdam. Ihr Diplom-Solo Silk wurde 2012 beim lmPulsTanz Festival mit dem Prix Jardin d'Europe ausgezeichnet. Mit Vincent Riebeek entwickelte sie die Trilogie Kein Applaus für Scheiße, Spirit und Wellness (2011-2015). Ihr Solostück Recovery (2015) setzte sich kritisch mit einer traumatischen Bühnenerfahrung und der Repräsentation weiblicher Körperlichkeit auseinander.
In ihren späteren Arbeiten seziert Holzinger die Narrative des klassischen Balletts. Mit Apollon (2017), einer Neuinterpretation von Balanchines Apollon Musagète, und TANZ (2019), basierend auf La Sylphide, reflektiert sie Tradition und Geschlechterbilder. TANZ wurde beim Theatertreffen gezeigt und mit dem NESTROY-Preis für die beste Regie ausgezeichnet. 2020 folgte Etude for an Emergency, eine Stunt-Oper mit Opernsängerinnen und Stunt-Performerinnen.
2021 entstand für die Ruhrtriennale A Divine Comedy, das mit dem FAUST-Preis ausgezeichnet wurde. Mit Ophelia’s Got Talent (2022), entwickelt an der Volksbühne Berlin, gewann Holzinger weitere Preise, darunter den FAUST-Theater Preis für die beste Tanzperformance. 2024 debütierte sie mit ihrem ersten Opernprojekt SANCTA, einer Koproduktion u. a. mit der Staatsoper Stuttgart und den Wiener Festwochen.
Im selben Jahr übernahm Holzinger mit MOND (Regie: Kurdwin Ayub) ihre erste Hauptrolle im Kino; der Film gewann den Spezialpreis der Jury beim Locarno Film Festival. Holzingers Arbeiten verbinden Wiener Aktionismus, Körperkunst, Ballett, Kabarett und Zirkus. Sie dekonstruiert spielerisch Weiblichkeitsbilder und überschreitet körperliche und sexuelle Grenzen.
Über Nora-Swantje Almes
Nora-Swantje Almes ist eine Kuratorin mit Fokus auf Performance im bildenden Kunstkontext und performativen Ausstellungsformaten. Seit 2024 ist sie als Kuratorin Live Programm & Vermittlung am Gropius Bau Berlin tätig. Zuvor leitete sie drei Jahre das Live Programm der Bergen Kunsthall, Norwegen, wo sie im Sommer 2024 mit Florentina Holzinger und Team die Auftragsarbeit Hafen-Etude realisierte. In ihrer kuratorischen Laufbahn hatte sie Positionen bei Glasgow International, Participant Inc. New York, Artangel London, und Schinkel Pavillon Berlin.
Fotomaterial
Fotos der Pressekonferenz finden Sie unter diesem Link.
Porträtfotos der Künstlerin stehen auf dem Server ihrer Agentur zur Verfügung.
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