Die europäische Impfstoffpipeline bleibt gut gefüllt

Die Mitglieder des europäischen Dachverbandes der Impfstoffhersteller (Vaccines Europe) haben kürzlich ein Update zu ihrer Pipeline veröffentlicht. Darin zu lesen ist, dass diese mit derzeit 98 Kandidaten gut gefüllt ist. Der Fokus liegt weiterhin auf Impfstoffen für Erwachsene, um dem Ansatz des lebenslangen Impfens Rechnung zu tragen. Mehr als die Hälfte der Impfstoffkandidaten zielt auf über die Atemwege übertragene Krankheitserreger ab. Gleichzeitig sind potenzielle zukünftige Vakzine zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen und von Infektionskrankheiten, die durch den Klimawandel verschärft werden, in der Publikation zu finden. Bei den Impfstofftechnologien hat mRNA anzahlmäßig die Nase vorn, die Forschung verfolgt jedoch auch viele andere Kandidaten mit anderen Technologien. Genauso wichtig wie die Entwicklung und Zulassung von Impfstoffen sind die Maßnahmen, um die Impfstoffe der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen. Dazu gehören unter anderem die Erweiterung öffentlicher Impfprogramme, ein niederschwelliger Zugang und eine ausreichende Finanzierung in den jeweiligen Ländern.

Seit 2022 wird die Impfstoff-Pipeline der Mitglieder von Vaccines Europe, dem Dachverband der europäischen Impfstoffhersteller, zum dem auch der Österreichische Verband der Impfstoffhersteller (ÖVIH) eine starke Allianz hat, jährlich analysiert. In der eben erschienenen Ausgabe sind alle bis Ende August 2024 in der Pipeline befindlichen Impfstoffkandidaten enthalten. [1] „Mit dieser Analyse wollen wir aufzeigen, wie wichtig Innovation gerade im Impfstoffbereich ist und welche Bedeutung die laufende Weiterentwicklung für die Prävention und die Gesundheit der Bevölkerung hat. Das wird auch zukünftig so bleiben, denn unsere Pipeline enthält nach wie vor interessante Kandidaten“, unterstreicht ÖVIH-Präsidentin Mag.a Renée Gallo-Daniel die Relevanz des aktuellen Reviews. „Derzeit werden 98 Kandidaten klinisch untersucht“, erläutert sie, „42 % davon konzentrieren sich auf die Bekämpfung von Krankheiten, für die bisher noch kein Impfstoff registriert wurde“. Bei den anderen 58 % gehe es darum, bereits verfügbare Impfstoffe weiterzuentwickeln oder neue Ansätze für Bekämpfung einer bestimmten Krankheit zu finden. „Wichtig ist, dass neue Impfstoffe auch in Nationale Impfprogramme aufgenommen werden und Entscheidungen zur Erstattung, Verteilung und zum Zugang transparent kommuniziert werden“, so die ÖVIH-Präsidentin.

Impfstoffentwicklung ist teuer und aufwendig

Nicht vergessen werden sollte dabei, dass die Impfstoffe, die später so viel Gutes bewirken können, aufwendig erforscht werden müssen. Bis ein Impfstoff auf den Markt kommt, vergehen 10-15 Jahre, in denen 0,5 bis 8 Milliarden USD in deren Entwicklung investiert werden. Dass sich dieser Aufwand lohnt, zeigt ein Blick auf folgende Zahlen: 13 Impfstoffkandidaten, die 2022 geprüft wurden, erhielten eine Marktzulassung, 14 machten einen Sprung in die nächste klinische Entwicklungsstufe und 21 wurde neu in die Pipelines aufgenommen. Gleichzeitig wurden aber auch 11 Entwicklungsprogramme eingestellt.

Lebenslanges Impfen spiegelt sich auch in der Forschung wider

Wichtig ist, dass wir nicht nur die Kinder im Fokus haben, sondern daran arbeiten, Menschen in allen Lebensphasen vor Erkrankungen zu schützen“, betont Mag.a Sigrid Haslinger, Vizepräsidentin des ÖVIH. Deswegen werden auch Impfstoffe für verschiedene Bevölkerungsgruppen erforscht, der Schwerpunkt liegt aber auf den Erwachsenen und älteren Erwachsenen. 83 Impfstoffkandidaten werden derzeit für (ältere) Erwachsenen entwickelt. „Das Konzept des lebenslangen Impfens sollte sich natürlich genauso in einem öffentlichen Impfprogramm widerspiegeln, denn nur durch ein an die jeweiligen Bevölkerungsgruppen angepasstes und niederschwelliges Impfkonzept können alle möglichst gut geschützt werden“, ergänzt Haslinger.

Betrachtet man die Übertragungswege jener Erkrankungen, für die die Impfstoffe entwickelt werden, dann zeigt sich, dass ein ganz großer Fokus auf Erregern liegt, die über die Atemwege übertragen werden. Dazu gehören z. B. Impfstoffe gegen die saisonale Influenza oder RSV*. Ganze 64 Impfstoffkandidaten aus dieser Gruppe sind derzeit in den Pipelines der Hersteller.

Kampf gegen antimikrobielle Resistenzen

Impfstoffe sind ein wichtiges, aber noch zu wenig eingesetztes Mittel im Kampf gegen antimikrobielle Resistenz“, berichtet ÖVIH-Generalsekretär DI Olivier Jankowitsch. Dabei liegen die Beweise eigentlich auf der Hand. Zwischen 1990 und 2021 kam es zu einem 50-prozentigen Rückgang der durch Antibiotikaresistenzen (AMR) verursachten Todesfälle bei Kindern unter 5 Jahren. Der Grund dürfte auch in der immer besser werdenden Immunisierung kleiner Kinder liegen. Im gleichen Zeitraum sind die Todesfälle bei Erwachsenen über 70 Jahren aufgrund von AMR um 80 % gestiegen. „Hier gibt es also großen Handlungsbedarf“, so Jankowitsch. Deshalb befinden sich aktuell 14 Impfstoffkandidaten, die auf antibiotikaresistente Bakterien der WHO-Liste prioritärer Krankheitserreger abzielen, in der klinischen Forschung der Vaccines-Europe-Mitglieder. Über 40 Kandidaten sollen Viren bekämpfen, für die es Hinweise gibt, dass durch Impfung der (fälschliche) Antibiotikaeinsatz reduziert werden kann.

Klimawandel lässt impfstoffherstellende Unternehmen nicht kalt

58 % der Infektionskrankheiten werden durch die globale Erwärmung und extreme Wetterbedingungen verschärft, da die Verbreitung von Krankheitsvektoren wie Mücken oder Zecken zunimmt und sich die Lebenszyklen von Erregern verändern. Dieser Herausforderung stellen sich auch die europäischen Impfstoffhersteller. Derzeit werden 9 Kandidaten gegen Erreger getestet, die aufgrund der Klimaveränderungen zukünftig noch gefährlicher werden könnten (Dengue-Fieber, Malaria, typhoidale und nicht-typhoidale Salmonellen, Shigella sp., Gelbfieber und Zika).

Gleichzeitig wird an Impfstoffen gegen Infektionskrankheiten gearbeitet, die von Tieren auf Menschen übertreten können. Wie gefährlich diese Krankheiten sein können, haben wir mit COVID-19 gerade erlebt.

Großes Portfolio an Impfstofftechnologien auch in Österreich zugänglich machen

Mittlerweile steht uns eine breite Palette an unterschiedlichen Technologien zur Verfügung“, berichtet ÖVIH-Präsidentin Gallo-Daniel. „Auch wenn für eine Mehrzahl der Kandidaten die mRNA-Technologie verwendet wird, ist es wichtig, dass es noch viele andere Möglichkeiten gibt, um die bestmöglichen Impfstoffe in einer Indikation beziehungsweise für eine Bevölkerungsgruppe herzustellen. Daran werden wir auch in den nächsten Jahren weiterarbeiten.

Das sei aber nur eine Seite der Medaille, betont sie: „Damit die zugelassenen Impfstoffe ihre Schutzwirkung erfüllen können, braucht Österreich ein modernes Impfmanagement, das auf transparente Entscheidungen, niedrigschwelligen Zugang, ausreichende Finanzierung und innovative Kommunikation setzt.

* Respiratorisches Synzytial-Virus

Impfempfehlungen sind im Österreichischen Impfplan nachzulesen, Impfberatung bieten Ärzt:innen und Apotheker:innen im österreichischen Gesundheitswesen.


[1] Vaccines Europe, Pipeline Review 2024.

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