„Wer bezahlt für Krisen? Sind es die, die es sich leisten können oder diejenigen, die sich nicht wehren können?“, fragte – nicht zuletzt im Hinblick auf die anstehenden Regierungsverhandlungen – Roman Hebenstreit, Vorsitzender der Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft vida, gestern, Dienstagabend, bei der Eröffnung des 5. vida-Gewerkschaftstages in Wien. „Die Gewerkschaftsbewegung steht jedenfalls auf der Seite jener, die sich nicht wehren können. Wir machen diese Gruppe mächtig für Verhandlungssituationen mit den Mächtigen des Landes. Das ist die zentrale Aufgabe der Gewerkschaftsbewegung. Die Gewerkschaften stehen auf der Seite derer, die sich vermeintlich nicht wehren können. Sie zu organisieren, zu ermutigen mit uns aufzustehen und so Gegenmacht zu erreichen, ist und bleibt unser Auftrag und unsere Stärke. Eine neue Bundesregierung muss an erster Stelle Vorteile und Lösungen für die Menschen bringen“, bekräftigte Hebenstreit.
„mehr vida. MEHR STÄRKE“, lautet das Motto des 5. vida-Gewerkschaftstags. Mehr vida bedeutet vieles, unter anderem mehr Wachstum und mehr Gegenmacht. Die vida ist eine Beteiligungs- und Mitmachgewerkschaft für ihre 133.000 Mitglieder, die auch über ein starkes Netzwerk verfügt. „Wir konnten in den letzten Jahren viele neue Mitglieder von unserer Arbeit überzeugen und für unsere Gewerkschaft gewinnen. Das ist wichtig, gilt es doch, die Position der arbeitenden Menschen zu stärken“, betont Hebenstreit vor 700 Delegierten und zahlreichen Ehrengästen aus Politik und Wirtschaft.
Peter Hacker, Wiener Stadtrat für Soziales, Gesundheit und Sport, sagte bei seiner Begrüßungsrede vor den Delegierten am Gewerkschaftstag: „Viele Berührungspunkte verbinden mich mit der Gewerkschaft. Wir suchen das Gespräch und die Lösung. Wie in der Vergangenheit werden wir auch weiterhin viele Herausforderungen gemeinsam meistern. Sozialpartnerschaft hat einen unglaublichen Wert, warnte Hacker davor, das Trennende vor das Gemeinsame zu stellen.
AK-Präsidentin Renate Anderl meinte bei ihrer Begrüßungsrede im Hinblick auf die anstehende Bildung einer neuen Bundesregierung: „Seit Jahrzehnten schließen wir uns zusammen. Es ist ganz klar, wer die Rechte für Arbeitnehmer:innen erkämpft. Einer von der Wirtschaft geforderten weitere Lohnnebenkostensenkung erteilt Anderl eine Absage. Die Lohnnebenkosten seien in den letzten zehn Jahren bereits um 16,4 Mrdn. Euro gesenkt worden. Die Arbeitnehmer:innen hätten deswegen netto nicht mehr am Konto gehabt. „Bei einem Neustart“, so Anderl in Anspielung auf die kommenden Regierungsverhandlungen, „werden wir daher genau hinschauen, wen es trifft und wie wirkt sich dieser auf die Arbeitnehmer:innen aus“.
ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian, warnte beim vida-Gewerkschaftstag – wie zuvor schon die AK-Präsidentin – vor einer Senkung der Lohnnebenkosten. Das könnte sich negativ auf die Mittel im Insolvenzausgleichsfonds für Arbeitnehmer:innen auswirken. Es stelle sich auch die Frage, woher die 7 Mrdn. Euro zur Finanzierung des Familienlastenausgleichfonds (Flaf) zukünftig kommen werden, wenn die Lohnnebenkosten etwa um die Flaf-Beiträge reduziert werden sollten, gibt Katzian zu bedenken.
Der vida Gewerkschaftstag findet noch bis 21. November 2024 im Wiener Austria Center (ACV) statt. Es werden die Weichen für die Zukunft gestellt: Die vida stimmt über ihr Arbeitsprogramm für die kommenden fünf Jahre ab.
Zudem werden die Führungsgremien der Gewerkschaft neu gewählt. Der Gewerkschaftstag dient auch dazu, Bilanz über die vergangenen Jahre zu ziehen. Auch politische und internationale Diskussionen stehen auf dem Programm.
Am 20. November ab 11 Uhr kann die Diskussionsrunde mit internationalen Gewerkschafter:innen zum Thema „Europa im Streik!“ ausschließlich im Livestream mitverfolgt werden: https://gewerkschaftstag24.vida.at/
Es diskutieren:
Olivia Janisch, stv. Vorsitzende Gewerkschaft vida
Edwin Atema, Gewerkschaft FNV, Niederlande
Livia Spera, Generalsekretärin Europäische Transportarbeiter-Föderation (ETF)
Alexander Eichholtz, Klinikpersonalrat der Berliner Charité
David Gobé, Gewerkschaft CGT, Frankreich
Ákos Kovács, stv. Vorsitzender Control, Gewerkschaft der Flugsicherung Ungarns (Control MLISZ)
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender. ÖGB Österreichischer Gewerkschaftsbund