Industrie fordert: Energiepolitik muss Standortpolitik werden

Österreich steht vor einer wirtschaftlich angespannten Situation: Der produzierende Sektor befindet sich im dritten Jahr der Rezession, die Gesamtwirtschaft verzeichnet bereits das zweite Jahr in Folge einen Rückgang. Gleichzeitig belasten explodierende Kosten für Energie, Arbeit und Bürokratie Unternehmen und Haushalte massiv. „Es ist Feuer am Dach! Wir müssen jetzt handeln, um eine weitere De-Industrialisierung zu verhindern. Die Energiepreise und die Versorgungssicherheit sind im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit mitunter ein entscheidender Faktor, denn Energiepolitik ist Standortpolitik“, erklärt Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung.

Energiepolitik muss Standortpolitik werden

Eine zentrale Forderung der Industrie für die aktuellen Verhandlungen rund um eine neue Bundesregierung lautet daher, Energiepolitik mehr als Standortpolitik zu verstehen und weniger als Klimaschutzmaßnahme. „Energieagenden müssen sich in der nächsten Legislaturperiode losgelöst von der Klimapolitik in einem eigenen Standortministerium wiederfinden. Nur so können wir sicherstellen, dass Versorgungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz Hand in Hand gehen und nicht ein Partikularinteresse andere Maßnahmen aussticht“, fordert Knill.

Versorgungssicherheit als Basis für die Transformation

Die jüngsten Entwicklungen, wie der Stopp russischer Gaslieferungen an die OMV oder das Auslaufen der Gastransitverträge durch die Ukraine mit Ende des Jahres, haben die Anfälligkeit der Energieversorgung in Österreich deutlich gemacht. Zwar sind die Gasspeicher gut gefüllt, doch die Diversifizierung der Gasversorgung bleibt eine Herausforderung. Dazu braucht es die geeigneten Rahmenbedingungen und die Möglichkeit alle Potenziale zu nutzen, Knill meint dazu: „Die Unternehmen gehen voran und nutzen zahlreiche Möglichkeiten zur Diversifizierung. Zur Bewältigung dieser Herausforderungen braucht es jedoch auch die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen, um die heimischen Energiepotenziale wie Wasserkraft, Geothermie, Erdgas, klimaneutralen Wasserstoff und CCS auszuschöpfen.“

„Wir müssen dringend Hemmnisse für die Diversifizierung unserer Gas-Importrouten abbauen. Die deutsche Gasspeicherumlage wirkt wie ein Zoll und verteuert unsere Gasimporte über den Westen erheblich. Es gilt hier mit Nachdruck auf Deutschland einzuwirken, um noch vor Ende des Jahres die Rechtsgrundlage für eine Abschaffung der Gasspeicherumlage zu schaffen“, fordert Judith Obermayr-Schreiber, Geschäftsführerin des IV-Ausschusses für Ressourcen, Energie & Ökologie.

Basis für die Energie-Versorgungssicherheit ist eine entsprechend ausgebaute Infrastruktur und eine Beschleunigung der dafür notwendigen Genehmigungsverfahren. „Das betrifft sowohl den Ausbau der Erneuerbaren Energien, der Stromnetze, aber auch aktuell des WAG-Loops, also dem Parallelstrang zur West-Austria-Gasleitung“, so Obermayr-Schreiber. Der WAG-Loop ist essenziell, um mehr Gas von Westen nach Osten zu transportieren. Zusätzlich ist der Aufbau zuverlässiger Importstrategien für alternative Energieträger wie Wasserstoff unerlässlich. Generell kann eine erfolgreiche Energiewende nur gelingen, wenn wir unsere Netze rasch ausbauen und Schwankungen durch neue Technologien und Energieträger ausgleichen.

Wettbewerbsfähige Energiepreise als Grundlage für eine starke Industrie, Rahmenbedingungen für die langfristige Dekarbonisierung schaffen

Eine stabile und leistbare Energieversorgung ist essenziell, nicht nur für Haushalte, sondern vor allem auch für die Industrie. Diese wird durch die hohen Energiepreise im internationalen Wettbewerb zunehmend unter Druck gesetzt. „Die Strompreise in Österreich sind dreimal so hoch wie in den USA, die Gaspreise sogar fünfmal. Das ist eine massive Belastung, die unsere Wettbewerbsfähigkeit gefährdet“, warnt Knill. Um gegenzusteuern, braucht es klare Maßnahmen.

Die Energiepreise sind ein zentraler Faktor für sinkende Wettbewerbsfähigkeit und wurden durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und die europäische Sanktionspolitik massiv in die Höhe getrieben. Doch nicht nur geopolitische Entwicklungen haben die aktuelle Lage mitverursacht: „Auch hausgemachte Probleme, wie der unkoordinierte Ausbau von Photovoltaik ohne ausreichende Netzkapazitäten, haben die Preise in die Höhe getrieben“, so Knill weiter. Gleichzeitig fehlen wesentliche Investitionen, etwa in den Ausbau der Netzinfrastruktur, die dringend notwendig wären, um die Energiewende effizient und kostengünstig zu gestalten.

„Kurzfristig müssen wir die Strompreiskompensation nach deutschem Vorbild bis 2030 verlängern, um Unternehmen zu entlasten und Arbeitsplätze zu sichern“, fordert Knill abermals. Darüber hinaus wird die Rücknahme der EU-rechtswidrigen deutschen Gasspeicherumlage gefordert, um zusätzliche Belastungen zu vermeiden: „wir brauchen faire Rahmenbedingungen auf europäischer Ebene, um unsere Unternehmen nicht weiter zusätzlich zu benachteiligen,“ bekräftigt Knill.

Langfristig wird der Druck auf eine rasche Transformation hin zu erneuerbaren Energien erhöht. „Neben der Strompreiskompensation ist der Transformationsfonds ein zentrales Element, um energieintensive Sektoren in der Transformationsphase hin zu einer dekarbonisierten Produktion zu unterstützen“, erklärt Obermayr-Schreiber.

Klimaziele realistisch gestalten

Österreich ist bei der Energiewende bereits gut aufgestellt: Rund 80 % des Stroms stammen aus erneuerbaren Energien. Doch die ambitionierten europäischen Klimaziele bis 2050 können nur erreicht werden, wenn wirtschaftlicher Pragmatismus und technologische Innovation Hand in Hand gehen. Neben der Beibehaltung der freien Zuteilung im EU-Emissionshandel, um Carbon Leakage zu verhindern, ist auch eine Fortführung des Transformationsfonds entscheidend.

Gemeinsam für eine nachhaltige Zukunft

Die Herausforderungen sind groß, aber Österreich hat die Chance, eine Vorreiterrolle einzunehmen. „Versorgungssicherheit, wettbewerbsfähige Energiepreise und Klimaschutz dürfen kein Entweder-oder sein. Sie müssen gemeinsam gedacht und umgesetzt werden“, betont Knill. Schnellere Genehmigungsverfahren, strategische Investitionen und eine klare Unterstützung für die Industrie sind die Voraussetzungen, um Österreich zukunftsfähig zu machen.

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