Im frei:raum St. Pölten wurde am Vorabend zum Weltkindertag das Jubiläum „35 Jahre die Möwe“ gefeiert. Anstatt eines bunten Society-Events versammelten sich rund um Möwe-Gründerin Rotraud A. Perner und den Leiter des Möwe-Kinderschutzzentrums St. Pölten Rene Hübl-Fischer Kinderschutz-Expertinnen, die Strategien für die Zukunft diskutierten.
Moderatorin Charlotte Sengthaler konnte dazu auch Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig, die St. Pöltner Gemeinderätin und Sozialarbeiterin Mirsada Zupani, sowie die Kinderschutz-Präventionsexpertin des Landeskriminalamtes Wien, Manuela Müllner, begrüßen. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner würdigte in ihrer Videobotschaft die richtungsweisenden Leistungen der Möwe-Gründerinnen, vor allem Rotraud A. Perner und der fünf Möwe-Kinderschutz-Zentren in Niederösterreich, deren finanzielle Unterstützung das Land Niederösterreich soeben wieder gesichert habe. Der Dank galt Bürgermeister Matthias Stadler, der für die Veranstaltung den Freiraum samt Team zur Verfügung stellte.
Zeitgleich mit der Verabschiedung der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen 1989 wurde vor 35 Jahren in Wien von einer Hand voll engagierter KämpferInnen der Kinderschutzverein „Die Möwe“ gegründet. Politikerin Elfriede Abt, die damals ein Kinderschutz-Konzept aus den USA mit nach Österreich brachte, und Rotraud A. Perner verstärkten sich mit MitstreiterInnen und brachten das „Möwenbaby“ 1989 gegen viel Widerstand in Wien auf die Welt. Inzwischen ist „Die Möwe“ erwachsen geworden. Die unabhängig und sehr professionell agierende Organisation verfügt über sechs Kinderschutzzentren in Wien, St. Pölten, Neunkirchen, Mödling, Mistelbach und Gänserndorf und leistete 2023 rund 37.000 Beratungs- und Betreuungsstunden für Opfer von Missbrauch und Gewalt sowie ein umfassendes Engagement im Rahmen des Programms „Frühe Hilfen“ für Familien in Wien und Niederösterreich, der Möwe-Akademie etc. Angesichts der vielen Organisationen in Österreich, die sich um Kinder und Familien mit Gewalterfahrungen kümmerten, vermisse er ein verbindendes Netzwerk bzw. eine Vereinfachung der Situation für Familie mit einer zentralen Anlaufstelle, urgierte Rene Hübl-Fischer.
Manuela Müllner, die im Rahmen des kriminalistischen Dienstes mehr als 1000 Gespräche mit Kindern nach schweren Gewalterfahrungen führte, kritisierte die derzeitigen Präventionskonzepte. „Wir schicken unsere Kinder in Selbstverteidigungskurse und trichtern ihnen ein, „Nein“ zu sagen. Ganz abgesehen davon, dass sich ein Kind nie gegen einen Erwachsenen verteidigen kann, laden wir damit unseren Kindern auch noch einen großen Teil der Verantwortung dafür auf, wenn sie missbraucht werden oder Gewalt erfahren. Sie empfinden Scham, Versagen und können sich Bezugspersonen kaum anvertrauen. Es muss uns gelingen, in unserer Gesellschaft gewaltfreie Räume zu schaffen, in denen sich Kinder vertrauensvoll an Erwachsene wenden können.“
Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig regte angesichts der Dramatik der Situation und steigender Gewalt – auch Cybergewalt – ein eigenes Kinder- und Jugend-Staatssekretariat an. „Unsere Kinder und Jugendlichen sind nicht nur unsere Zukunft. Sie sind unsere Gegenwart, in der man Lebenschancen nicht wachsen lässt!“
Einig waren sich alle in der Forderung, dass wir alle – nicht nur Eltern und Pädagogen – viel mehr Informationen über die Neurologie der Gewalt brauchen, was sich dabei in Seele und Körper abspielt. „Protest allein ist zu wenig. Die Menschen nehmen Gewalt in ihrer unterschiedlichen Form nicht wahr. Man braucht viele Metholden je nach Gefahrensituation. Die derzeitigen Präventionskonzepte sind zwar ehrenhaft aber zu wenig,“ resümiert Rotraud A. Perner.
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