Die Industriellenvereinigung Niederösterreich (IV NÖ) hat am Dienstag ihre Ordentliche Vollversammlung 2024 im Landtag in St. Pölten abgehalten. Im Zentrum der Veranstaltung standen die dringende Notwendigkeit struktureller Reformen in Österreich und die strategische Neuausrichtung der Europäischen Union angesichts globaler Herausforderungen, vor allem auch vor dem Hintergrund des Ausgangs der US-Wahl.
IV-NÖ-Präsident Kari Ochsner hob in seiner Rede die Bedeutung eines eigenständigen, selbstbewussten Europas hervor und zog einen Vergleich mit den USA. „Mit rund 447 Millionen Einwohnern ist die EU nach wie vor einer der größten Wirtschaftsräume der Welt und besonders stark in der Produktion hochwertiger, spezialisierter Produkten und innovativer Technologien,“ so Ochsner. „Wir haben Nischenplayer, die globale Maßstäbe setzen. In Bereichen wie der Luxusautomobilindustrie, der forschungsintensiven Pharmaindustrie und im Bereich nachhaltiger, CO2-armer Technologien sind wir global führend und können mit den USA nicht nur mithalten, sondern auch eigene Akzente setzen.“ Europa müsse auf diese Stärken aufbauen und seine langfristige Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen: „Das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahl ist der letzte Weckruf und Auftrag für Europa, seine Industrie-, Außen- und Verteidigungspolitik endlich eigenständig voranzutreiben.“
Dringende Reformen für Österreich als Produktionsstandort
Neben den europaweiten Themen forderte Ochsner eine klare Neuausrichtung der österreichischen Industriepolitik. „Es braucht keine weiteren Reförmchen zur Abwehr linker Träumereien, sondern eine echte Neu-Strukturierung der Bedingungen des Standorts“, unterstrich er. „Österreich ist derzeit das Schlusslicht in Europa – wir tragen die rote Laterne. Der Industriestandort muss endlich wieder zukunftsfähig gemacht werden. Dazu brauchen wir rasch eine handlungsfähige Regierung, die den Produktionsstandort Österreich ganz oben auf die Agenda setzt.“ Konkret geht es um die Senkung der Arbeits- und Energiekosten, die Schaffung von Anreizen zur Leistungsbereitschaft und eine gezielte Förderung von Investitionen. Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Pensionsreform: „Jeder, der rechnen kann, weiß, dass das aktuelle Pensionssystem nicht mehr finanzierbar ist. Ein Weitermachen wie bisher ist gegenüber unseren Kindern und nachfolgenden Generationen grob fahrlässig.“
Pragmatischer Weg für eine nachhaltige Zukunft
Klimaschutz bleibt für die IV NÖ ein zentrales Thema – mit einem realistischen Ansatz. „Europa braucht einen Green Deal, der auf Augenhöhe mit einem Industrial Deal gestaltet ist,“ so Ochsner. „Die bisherige US-Regierung hat gezeigt, wie es geht: Milliarden fließen in die Green-Tech-Industrie, Arbeitsplätze entstehen, und die Wirtschaft wächst. Wenn Europa und Österreich hier nicht mithalten, sind wir raus.“ Gleichzeitig betonte er, dass der Klimaschutz sozialverträglich sein muss: „Unser Planet braucht Schutz, und wir müssen unseren Beitrag leisten. Aber dieser Weg darf unsere soziale Sicherheit nicht bedrohen. Wenn Existenzen gefährdet sind, wird sich niemand auf den Klimaschutz konzentrieren.“ Ochsner verwies zudem auf die drohende Abkehr der USA vom Pariser Klimaabkommen: „Gerade deshalb liegt es jetzt an der EU, Verantwortung zu übernehmen und weiter in zukunftsfähige Technologien zu investieren.“
An der Industrie hängen 80.000 Arbeitsplätze und 1/3 der Wertschöpfung in NÖ
Jochen Danninger, VPNÖ-Klubobmann und in Vertretung von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, betonte: „Niederösterreich ist ein Industrieland und darauf sind wir stolz. Die Industrie ist von enorm wichtiger Bedeutung für uns, denn ist der Innovationstreiber und großer Investor im Land. Gemeinsam mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern leistet sie einen ganz wichtigen Beitrag für den Wohlstand in Niederösterreich. Ein Drittel unserer Wertschöpfung und 80.000 Arbeitsplätze im Land hängen direkt an den blau-gelben Industriebetrieben. Klar ist aber auch: Wir erleben zweifelsfrei die seit langem herausforderndsten Zeiten für unsere Wirtschaft. Deshalb braucht es jetzt die richtigen Antworten. Wir werden uns weiter mit ganzer Kraft gegen Ideen wehren, die uns im internationalen Vergleich noch mehr Wettbewerbsfähigkeit kosten. Ich bin überzeugt davon, dass es jetzt keine neuen Vermögenssteuern oder Träumereien bei der Arbeitszeit braucht. Stattdessen brauchen wir jetzt ausreichend Mut wieder für Wirtschaftswachstum zu sorgen – weg mit überbordenden Auflagen und Vorschriften.“
Neben den programmatischen Schwerpunkten und der Wahl des Vorstands der IV-NÖ für die kommenden vier Jahre bereicherte Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger mit seiner Keynote „Mit Lösungsbegabung die Zukunft gestalten“ die diesjährige Ordentliche Vollveranstaltung. In seinem Vortrag sprach er über die Bedeutung innovativer Denkansätze und Lösungsorientierung für die Gestaltung der Zukunft und motivierte das Publikum dazu, in Bewegung zu bleiben und aktiv an der Bewältigung komplexer Herausforderungen mitzuarbeiten.
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