Der Tagliamento ist einer der letzten weitgehend ungezähmten und intakten Flüsse Europas. Nicht umsonst wird er als „König der Alpenflüsse“ bezeichnet: Sein Reich erstreckt sich von den Gipfeln der Dolomiten bis hin zu den beliebten Urlaubsorten an der Adriaküste rund um Lignano Sabbiadoro. Da wie dort gestaltet er die Landschaft maßgeblich mit. So gibt es auch den goldschimmernden Strand in Lignano nur, weil es den Tagliamento gibt. Am Dienstag, dem 12. November 2024, lädt „Universum“ um 20.15 Uhr in ORF 2 und auf ORF ON zu einer Expedition entlang eines Flusses, der in Europa seinesgleichen sucht. Die neue Dokumentation „Tagliamento – Wild und frei zwischen Adria und Alpen“ von Regisseur Giuseppe Bucciarelli ist eine Koproduktion von RANFILM, ORF und ZDF/ARTE in Zusammenarbeit mit ORF-Enterprise.
Anfangs gibt sich der Tagliamento bescheiden: Unscheinbar tritt aus dem Waldboden – hoch oben in den Alpen, im Grenzgebiet zwischen Italien und Österreich – ein kleines Rinnsal. Doch schon bald nimmt der Fluss an Fahrt auf und schlängelt sich durch eine mystisch anmutende Bergwelt. Im Herbst sind die Wälder, durch die das Gewässer fließt, Schauplatz eines Naturspektakels: die Brunft der Rothirsche. Nahe dem spektakulären Cascata del Sole, dem „Wasserfall der Sonne“, erreicht der Tagliamento das Revier der Braunbären. Sie waren in der Region beinahe verschwunden. Doch nun feiern sie ein beeindruckendes Comeback. Jetzt, kurz vor Einbruch der kalten Jahreszeit, besteht die letzte Chance, Energiereserven aufzustocken, um die Winterruhe zu überstehen. Schon bald fällt der erste Schnee, der Fluss setzt seine Reise unbeirrt fort. Wie Geister bewegen sich die seltensten Raubtiere des Alpenraums in den Wäldern: Es sind Eurasische Luchse. Die begabten Jäger sind meist Einzelgänger. Die Winterwälder entlang des Tagliamento bieten auch einem anderen gefürchteten Tier den perfekten Lebensraum: dem Wolf. Die Rudel sind bei der Jagd bestens organisiert, sehr zum Nachteil der Wildschweine, die sich die Wälder mit ihnen teilen.
Im Frühling setzt heftiger Regen ein. Niederschlag und Schmelzwasser machen den Tagliamento bei seinem Abstieg in die Täler zum reißenden Gewässer. Nach und nach erreicht er die Welt der Menschen – und doch fließt er unbehelligt weiter. Es gibt keine Dämme, die den Fluss unterbrechen, keine Betonmauern, die ihn in ein Korsett zwingen. Im Tal erreicht das Flussbett eine Breite von bis zu drei Kilometern. Nach Belieben kann sich der Tagliamento hier ausbreiten oder zusammenziehen, womit auch bei Hochwasser Schäden ausbleiben. Im Sommer erhitzt sich das Flussbett schnell, und das Wasser beginnt zu verdunsten. Jetzt vollzieht der Tagliamento erneut eine Wandlung. Auf einmal verschwindet er unter der Oberfläche und fließt über eine Länge von etwa zehn Kilometer unterirdisch weiter. Dann drängt er wieder nach oben und setzt die Reise Richtung Adria fort. Nun ist der Fluss von Landwirtschaftsflächen und Wäldern gesäumt. Sogar der mächtige „König der Alpenflüsse“ muss hier Tribut zollen und opfert einen Teil seiner Lebenskraft, um die umliegenden Felder zu bewässern. In den Wäldern haben sich Neuankömmlinge breit gemacht: Goldschakale, die in den vergangenen Jahrzehnten still und leise vom Balkan westwärts gewandert sind und jetzt auch hier ihr Zuhause gefunden haben.
Kurz bevor der Tagliamento seine Mündung in die Adria erreicht, streift er noch die Laguna di Marano, eine riesige Brackwasserzone, wo Schwäne und Flamingos sich niedergelassen haben. Dann erreicht der Fluss die Adria und verliert sich in den Tiefen des nördlichen Mittelmeers. Doch davor macht er den Menschen hier ein nachhaltiges Geschenk und hinterlässt entlang der Küste Sand sowie Sedimente, die er auf seiner langen Reise gesammelt hat.
Diese Sandstrände sind es, die jedes Jahr Abertausende Urlauberinnen und Urlauber anlocken – doch die wenigsten von ihnen wissen, dass sie dieses Paradies vor allem einem verdanken: dem Tagliamento, dem „König der Alpenflüsse“.
Für die Produzenten Stephanie und Matthias Ninaus war dieses Projekt eine Herzensangelegenheit: „Wir freuen uns, jenem Fluss ein filmisches Denkmal setzen zu können, der uns – wie so viele Menschen – bereits seit unserer Kindheit begleitet, als wir jeden Sommer unseren Urlaub an der Nordadria verbracht haben. Dieser wilde, ungezähmte Fluss hat bei uns einen tiefen Eindruck hinterlassen, den wir nun auch den Zuschauerinnen und Zuschauern weitergeben wollen.“
„Mich hat der Tagliamento immer schon fasziniert“, erzählt Regisseur Giuseppe Bucciarelli. „Es gibt nur mehr wenige solche Wildflüsse, vor allem in Europa, und dieser Strom ist wirklich einzigartig. Auch die Tiere, die hier leben, sind anderswo rar geworden. Ich möchte mit diesem Film die Magie des Flusses für Menschen greifbar machen.“
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