Zum Gedenken an die Novemberpogrome in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 und die Opfer der Verfolgung durch die Nationalsozialisten erinnern ORF 2, ORF III, 3sat, Ö1 und ORF ON im Rahmen eines multimedialen ORF-Programmschwerpunkts an die dramatischen Geschehnisse vor 86 Jahren. Auf dem TV-Programm stehen ab 6. November 2024 in ORF 2 und 3sat u. a. die Filme „Die Geliebte des Teufels“, „Das Schweigen der Alten“, „Martha Liebermann – Ein gestohlenes Leben“ und „Die Blumen von gestern“, die Dokumentationen „Ruth Maier – die Anne Frank von Österreich“ und „Exodus? Eine Geschichte der Juden in Europa“ sowie Magazinbeiträge in „Religionen der Welt“, „Orientierung“, „Heimat Fremde Heimat“ und „Was ich glaube“. Ein ORF-III-Themenabend zeigt eine Aufzeichnung des preisgekrönten Stücks „Leopoldstadt“ von Tom Stoppard aus dem Theater in der Josefstadt sowie die Dokumentationen „Novemberpogrom 1938 – Die Nacht, als die Synagogen brannten“ und „Lackenbach – Die ausgelöschte Gemeinde“. Ö1 berichtet u. a. über die Ausstellung „Die Dritte Generation. Der Holocaust im familiären Gedächtnis“ im Jüdischen Museum Wien.
Die ORF-2-Beiträge im Überblick:
„Die Geliebte des Teufels“, „Religionen der Welt“, „Orientierung“, „Heimat Fremde Heimat“ und „Was ich glaube“
Mit „Die Geliebte des Teufels“ zeigt ORF 2 am Donnerstag, dem 7. November, um 0.05 Uhr das Historien-Drama um die Lebensgeschichte von UFA-Star Lída Baarová mit Tatiana Pauhofová und Karl Markovics. In der Reihe „Religionen der Welt“ geht es am Samstag, dem 9. November, um „Die Wunden der Großeltern“ (16.55 Uhr): Die Schrecken der Schoah belasten nicht nur diejenigen, die den Terror selbst erlebt haben. Auch viele Angehörige der im Zweiten Weltkrieg verfolgten Jüdinnen und Juden leiden unter generationenübergreifenden Traumata. Enkelkinder von Holocaustüberlebenden erzählen darüber, wie sie die Erlebnisse der Großeltern beschäftigen und belasten – und wie sie damit umgehen. Die Traumata des Holocaust sind mit dem Tod der Opfer nicht vorbei, denn die Erfahrung von Verfolgung und Terror wirkt im Leben der Nachkommen fort. Unter dem Titel „Gebrandmarkt über Generationen – Das Erbe des Holocaust“ berichtet das ORF-Religionsmagazin „Orientierung“ am Sonntag, dem 10. November, um 12.30 Uhr über die Ausstellung „Die Dritte Generation. Der Holocaust im familiären Gedächtnis“ im Jüdischen Museum Wien, die zeigt, wie die Enkelgeneration von Holocaust-Überlebenden das ererbte Trauma aufarbeitet. Künstlerische und historische Objekte sowie persönliche Erinnerungen veranschaulichen die Auswirkungen der Schoah auf ihre Identität und Lebensrealität. „Heimat Fremde Heimat (10. November, 13.35 Uhr) bringt einen Nachruf auf die im Oktober 2024 verstorbene Zeitzeugin und Holocaust-Überlebende Helga Feldner-Busztin. Weiters befasst sich die Sendung mit dem Umgang mit historisch belasteten Straßennamen, fragt nach, wie das Holocaust-Überlebende sehen, und berichtet über die Initiative „Erinnern.at“ des Bildungsministeriums, durch die Schüler:innen mehr über den NS-Genozid an Roma und Sinti erfahren sollen. „Weil sich die Evangelische Kirche ihrer schuldhaften Vergangenheit stellt, sieht sie sich in der Pflicht, gegen jede Form des Antisemitismus aufzutreten und die Erinnerung an die Leidensgeschichte der Juden stets wachzuhalten“, sagt der evangelische Superintendent Olivier Dantine in einem Gespräch über „Erinnern und Verantwortung“ in „Was ich glaube“ (10. November, 16.55 Uhr).
„Menschen & Mächte: Ruth Maier – die Anne Frank von Österreich“ und „Das Schweigen der Alten“
Ihre Tagebücher sind Teil des UNESCO-Weltdokumentenerbes „Memory of the World“. In ihrer Heimat Österreich aber ist sie kaum bekannt: Ruth Maier, 1920 in eine jüdische Familie in Wien geboren, schrieb akribisch Tagebuch – über ihre private Situation, aber auch die politischen Entwicklungen in Österreich vor und nach dem Einmarsch deutscher Truppen. Ebenso über ihre Flucht 1939 nach Norwegen und ihre Zeit als Fremde und Flüchtling. Die Eintragungen enden erst kurz vor ihrer Deportation nach Auschwitz, wo sie am 1. Dezember 1942 vergast wurde. Es sind feinsinnige und analytische Beobachtungen einer außergewöhnlich sensiblen und begabten jungen Frau. Nicht von ungefähr hat Ruth Maier daher heute oft den Beinamen „Anne Frank von Österreich“.
Robert Gokl, Gestalter der „Menschen & Mächte“-Dokumentation „Ruth Maier – die Anne Frank von Österreich“, die ORF 2 am Dienstag, dem 12. November, um 23.20 Uhr zeigt, hat sich in Wien und in Norwegen auf Ruth Maiers Spuren begeben. Um 0.10 Uhr folgt „Das Schweigen der Alten“ – die TV-Fassung des im Rahmen des Film/Fernseh-Abkommens vom ORF kofinanzierten Kinofilms „Endphase“ von Hans Hochstöger. Der Filmemacher begibt sich darin auf eine Reise in die dunkle Vergangenheit der benachbarten niederösterreichischen Orte Hofamt Priel und Persenbeug, in denen er selbst aufwuchs, und damit auf die Suche nach den Hintergründen eines Massenmordes an 228 Jüdinnen und Juden wenige Tage vor Ende des Zweiten Weltkriegs.
ORF III zum Gedenken an die Novemberpogrome 1938
Mit einem dreiteiligen Themenabend erinnert ORF III am Sonntag, dem 10. November, an das Schicksal der jüdischen Bevölkerung in Wien im Zuge der Novemberpogrome 1938. Zum Auftakt zeigt ORF III erstmals eine Aufzeichnung des preisgekrönten Stücks „Leopoldstadt“ (20.15 Uhr) von Tom Stoppard aus dem Theater in der Josefstadt, das dort – ins Deutsche übersetzt von Daniel Kehlmann – in der Regie von Janusz Kica 2022 seine deutschsprachige Uraufführung feierte. „Leopoldstadt“, benannt nach Wiens ehemals jüdischem Viertel, erzählt die Geschichte der großbürgerlichen Familie Merz über vier Generationen. Stoppard verfolgt ihr Schicksal von 1899 bis 1955, wobei historische Umwälzungen die Familie immer wieder herausfordern. Das wechselhafte Leben der Textilfabrikanten-Dynastie – u. a. hochkarätig besetzt mit Marianne Nentwich, Herbert Föttinger, Maria Köstlinger, Ulrich Reinthaller, Martina Ebm u. v. a. – ist dabei eng mit der Geschichte Österreichs verknüpft. Danach rekonstruiert die ORF-III-Dokumentation „Novemberpogrom 1938 – Die Nacht, als die Synagogen brannten“ (23.00 Uhr) von Uli Jürgens die Geschehnisse rund um den 10. November 1938. Den Schwerpunktabend beschließt die von Robert Pöcksteiner gestaltete neue Produktion „Lackenbach – Die ausgelöschte Gemeinde“ (23.50 Uhr) über die einst größte jüdische Gemeinde im Burgenland, die bereits im Frühjahr 1938 zur Gänze Opfer der NS-Herrschaft wurde.
„Exodus? Eine Geschichte der Juden in Europa“, „Martha Liebermann – Ein gestohlenes Leben“ und „Die Blumen von gestern“ in 3sat
Mit „Exodus? Eine Geschichte der Juden in Europa“ erinnert 3sat am Mittwoch, dem 6. November, um 20.15 Uhr an den Jahrestag der Novemberpogrome vom 9. November 1938. In der Dokumentation begibt sich der Historiker Christopher Clark 2018 in Europa und im Nahen Osten auf die Suche nach Zeugnissen jüdischer Geschichte und antisemitischer Verfolgung. Es geht aber auch um eine Momentaufnahme des Antisemitismus in Europa und um die Darstellung seiner Traditionen. Am Freitag, dem 8. November, zeigt 3sat um 20.15 Uhr den Fernsehfilm „Martha Liebermann – Ein gestohlenes Leben“ von Marco Rossi über die Witwe des Malers Max Liebermann als jüdische Titelheldin (Thekla Carola Wied), die sich vom NS-Regime ihre Würde nicht nehmen lässt. Am Samstag, dem 9. November, folgt Chris Kraus‘ vom ORF im Rahmen des Film/Fernseh-Abkommens kofinanzierter Kinofilm „Die Blumen von gestern“ (23.10 Uhr) mit Lars Eidinger als Holocaust-Forscher und Nachfahre prominenter NS-Täter.
Ö1 berichtet u. a. über die Ausstellung „Die Dritte Generation. Der Holocaust im familiären Gedächtnis“ im Jüdischen Museum Wien
Schnitzler, Hofmannsthal, Zweig, Altenberg, Mahler, Freud, Wittgenstein und Zuckerkandl: Sie alle und noch andere jüdische Gäste zog es nicht nur im Sommer auf den Semmering, die „Bergvorstadt Wiens“. Sie kamen zur Sommerfrische und für den Wintersport, bauten und bewohnten Häuser und Hotels und verbrachten unbeschwerte Ferientage – bis zur Vertreibung, Enteignung und Ermordung in der Zeit des Nationalsozialismus. Danielle Spera hat sich auf eine Spurensuche zurück bis zu den jüdischen Kaufleuten im Mittelalter begeben und in Gesprächen mit jüdischen Gästen auf dem Semmering nicht nur die Geschichte, sondern auch sehr lebendige persönliche Erinnerungen festgehalten – zu hören in der Ö1-Reihe „Lebenskunst – Begegnungen am Sonntagmorgen“ (3. November, 7.05 Uhr; nachzuhören unter https://oe1.orf.at/).
Am 10. November berichtet „Lebenskunst“ ab 7.05 Uhr über die Ausstellung „Die Dritte Generation. Der Holocaust im familiären Gedächtnis“ im Jüdischen Museum Wien, die ausgehend von einer Annäherung an die Dimension des Traumas in der Familiengeschichte verschiedene Strategien der Bewältigung und Auseinandersetzung mit dem Erbe des Holocaust erkundet. In der losen Reihe „Pionierinnen“ widmet sich „Im Fokus – Religion und Ethik“ (16.05 Uhr) den immer noch weitgehend unbekannten Biografien von „ersten Frauen“ – am Mittwoch, dem 6. November, steht die erste Rabbinerin Regina Jonas im Mittelpunkt. Sie ist eine der großen – und über lange Zeit vergessenen – Frauengestalten des 20. Jahrhunderts: Regina Jonas. Als man nach der Öffnung der DDR-Archive auf die Unterlagen stieß, die zu ihrer Person gesammelt worden waren, war die Überraschung groß: Die Berlinerin war die weltweit erste Frau, der offiziell das Amt einer jüdischen Geistlichen, einer Rabbinerin, übertragen wurde – und das im Jahr 1935. 33 Jahre alt war sie damals, und man sagte, sie sei eine „denkende und gewandte“ Predigerin gewesen. Am 6. November 1942 wurde sie mit ihrer Mutter in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Sie arbeitete dort in dem von Viktor Frankl gegründeten „Referat für psychische Hygiene“, das vor allem den Neuangekommenen über den ersten Schock hinweg zu helfen versuchte. Anders als Viktor Frankl hat Regina Jonas die Schoah nicht überlebt. Am 12. Oktober 1944 wurde sie ins KZ Auschwitz-Birkenau gebracht und wenig später ermordet. Der 12. Dezember 1944 gilt als ihr Todestag.
Am Mittwoch, dem 13. November, steht ab 16.05 Uhr eine Reportage über „Stolpersteine in Deutschland“ auf dem Programm von „Im Fokus – Religion und Ethik“. In Deutschland gibt es seit 7. Oktober 2023 einen massiven Zuwachs an antisemitischen Übergriffen. In Berlin werden nach wie vor viele sogenannte „Stolpersteine“ im Gedenken an ermordete oder vertriebene Jüdinnen und Juden zu Zeiten des Nationalsozialismus verlegt. Stadtbeauftragte berichten, dass sie bei ihrer Arbeit nun auch mit neuen Anfeindungen konfrontiert sind.
Berichterstattung im ORF.at-Netzwerk, auf ORF ON und im ORF TELETEXT
Das ORF.at-Netzwerk erinnert im Rahmen der aktuellen Berichterstattung an die Novemberpogrome und informiert über Gedenkveranstaltungen. Auf ORF ON werden die Sendungen des TV-Schwerpunkts – vorbehaltlich vorhandener Online-Lizenzrechte – als Live-Stream sowie in einer Video-Kollektion on Demand bereitgestellt. Historische Aufnahmen, Dokumentationen und persönliche Erinnerungen sind darüber hinaus in den Video-Archiven „Das Schicksalsjahr 1938“ und „Österreichs Zeitzeuginnen und Zeitzeugen“ verfügbar. Der ORF TELETEXT widmet sich im Rahmen seiner aktuellen Berichterstattung ebenfalls den Geschehnissen im November 1938 und berichtet über Gedenkveranstaltungen.
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