Rund 1,8 Millionen Österreicher essen täglich in Kantinen, davon ca. 450.000 in öffentlichen Kantinen. Weil Kritik an der Umsetzung des Aktionsplans für nachhaltige Beschaffung (naBe-Plan) und dessen Qualitätskriterien laut geworden war, führten der Verein „Wirtschaften am Land“ und die Geflügelwirtschaft Österreich eine umfassende Online-Umfrage in Spitälern und Pflegeeinrichtungen in der Steiermark, Wien, Nieder- und Oberösterreich durch. Die Befragung von rund 500 Personen ergab: Preisdifferenzen sind zu hoch, das Einkaufsbudget zu knapp und das Angebot an regionalen Produkten, aber auch die Informationen zu Herkunft und Qualität unzureichend. Mag. Robert Pichler, Obmann von Wirtschaften am Land und Markus Lukas, Obmann der Geflügelwirtschaft Österreich (GWÖ), betonen: „Für die heimische Landwirtschaft und den Klimaschutz ist es wichtig, dass der naBe-Plan erfolgreich umgesetzt wird. Die öffentliche Beschaffung ist entscheidend für die Zukunft unserer bäuerlichen Familienbetriebe und des ländlichen Raumes.“
Online-Umfrage: Heimische Lebensmittel haben höheren Preis
„Wir brauchen praxisnahe Lösungen für die Herausforderungen in der öffentlichen Beschaffung. Diese gezielte Umfrage hat uns wertvolle Einblicke gegeben, warum die Ziele des naBe-Plans noch nicht erreicht werden können“, betont Pichler. Online befragt wurden rund 500 Köche und Geschäftsführer von Großküchen in Spitälern und Pflegeeinrichtungen. Ihre Einrichtungen unterliegen den Kriterien der nachhaltigen Beschaffung beim Einkauf heimischer, tierwohlgerechter und biologischer Lebensmittel. Die Ergebnisse zeigen: Über 40% der Befragten geben an, dass heimische Lebensmittel im Vergleich zu ausländischen Produkten deutlich teurer sind. Ebenso viele nennen das zu niedrige Einkaufsbudget in ihren Küchen als Problem. 15% beklagen ein unzureichendes Angebot an regionalen, biologischen oder tierwohlgerechten Produkten, 5% sprechen von fehlenden Informationen zum nachhaltigen Einkauf.
Pute und Huhn bei heimischem Einkauf an letzter Stelle
Neben den Herausforderungen in der Beschaffung wurde auch die Herkunft der eingekauften Waren erfasst. 50% der befragten Einrichtungen achten zumindest auf österreichische Herkunft oder heimische Gütesiegel. Milch und Milchprodukte kommen demnach zu 100% aus Österreich. Dahinter liegen Eier und Eiprodukte (94%) sowie Rindfleisch (88%). Heimisches Hühnerfleisch liegt mit lediglich 47% an letzter Stelle, hinter Putenfleisch mit 56%. Lukas zeigt sich schockiert über die Ergebnisse, fühlt sich jedoch zugleich bestätigt: „Die Ergebnisse spiegeln unsere niedrigen Absatzzahlen im Großhandel wider. Sie bestätigen, dass heimisches Geflügel mit hohen Tierwohlstandards im Großhandel gegen günstiges Importgeflügel kaum bestehen kann.“ Das gelte im Besonderen für Putenfleisch, so Lukas: „Die tiergerechte Putenhaltung in Österreich und unsere Familienbetriebe stehen seit Jahren stark unter Druck, da heimische Tierwohlprodukte teurer sind und im Großhandel nur 9% des gesamten Angebots ausmachen. Durch die öffentliche Beschaffung und einen entsprechenden ‚Kantinen-Euro‘ hätten wir die Chance, künftig mehr heimische Qualität zu fairen Preisen anzubieten.“
Zuständiges Klimaministerium muss mehr in nachhaltige Ernährung investieren
Pichler sieht das Klimaministerium, das den naBe-Plan entwickelt hat, in der Pflicht: „Um den Absatz heimischer Lebensmittel im Großkücheneinkauf zu steigern, benötigen Küchenchefs und Einkäufer finanzielle Anreize, die sie zur Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien bei Herkunft, Tierwohl und Bio motivieren.“, so Pichler und rechnet vor: „Bereits ein Euro mehr pro Essensportion würde ausreichen, um die täglichen 450.000 Mahlzeiten in öffentlichen Kantinen nachhaltig zu gestalten. Dieser ‚Kantinen-Euro‘ soll nur dann ausgezahlt werden, wenn der nachhaltige Einkauf durch Rechnungsbelege nachgewiesen wird.“
„Kantinen-Euro“ soll Österreich-Anteil erhöhen
Pichler kritisiert, dass die nachhaltige und regionale Versorgung im naBe-Plan trotz einer Steigerung des Fördervolumens des Klimaministeriums um nahezu 2,5 Milliarden Euro kaum Beachtung findet: „Es geht um weit mehr als nachhaltige Ernährung. Es geht um die Sicherung heimischer Arbeitsplätze, den Erhalt wichtiger Wertschöpfungsketten und letztlich um Klimaschutz.“ Er fügt hinzu: „Durch den ‚Kantinen-Euro‘ wollen wir den Anteil österreichischer Lebensmittel erhöhen“ und rechnet vor: „Würden wir etwa den Anteil heimischer Lebensmittel in Kantinen um 10% erhöhen, könnten wir 500 landwirtschaftliche Familienbetriebe absichern.“
„Kantinen-Euro“ soll ins zukünftige Regierungsprogramm
Wirtschaften am Land und die Geflügelwirtschaft Österreich fordern, den „Kantinen-Euro“ in den Regierungsverhandlungen zu verankern, um die Umsetzung des naBe-Plans in öffentlichen Kantinen zu sichern. „Der ‚Kantinen-Euro‘ bringt mehr Qualität auf den Teller und hilft, landwirtschaftliche Betriebe und Arbeitsplätze im ländlichen Raum zu sichern“, betonen Pichler und Lukas abschließend.
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