59. Wiener Gemeinderat (4)

GR Peter Florianschütz, MA, MLS (SPÖ) konterte seinem direkten Vorredner und sagte, der vorliegende Wiener Public Corporate Governance sei von der Fortschrittskoalition selbst erarbeitet worden – zugegebenermaßen mit „Input“ von externen Expert*innen, aber vor allem auf Basis der eigenen Kompetenz, betonte Florianschütz. Der Kodex sei auch keine Reaktion auf die Untersuchungskommission rund um die Wien Energie, wie von der Opposition in den Raum gestellt, sondern sei schon im Koalitionsabkommen festgeschrieben gewesen. Ziel des Kodex sei es, das Beteiligungsmanagement der Stadt auf eine moderne Basis zu stellen sowie mehr Transparenz und eine funktionierende Management-Struktur zu schaffen. Die Unternehmungen der Stadt seien im Kodex schon abgedeckt, in der nächsten Phase solle der Kodex auch für die Fonds und anderen Organisationen der Stadt Wien wie dem Wigev, Wiener Wohnen oder Wien Kanal gelten. Der Kodex schaffe Transparenz, sei „state of the art“, modern in der Umsetzung, berücksichtige moderne Unternehmensführung-Techniken und trage zu einer modernen Verwaltung der Stadt bei, fasste Florianschütz die Vorzüge des Wiener Public Corporate Governance Kodex zusammen.

GR Markus Ornig, MBA (NEOS) strich das „commitment“ der Stadt in Sachen Transparenz und transparenter Beteiligungen hervor. Er betonte, dass der Wiener Public Corporate Governance Kodex „ein Gütesiegel“ von Expert*innen erhalten habe. Die Erstellung des Kodex hätte viel Zeit und Energie in Anspruch genommen; das Ergebnis lasse sich aber zeigen. Er bedankte sich bei allen Beteiligten – die Bandbreite reiche von Gemeinderät*innen über den Finanzdirektor und die Magistratsdirektion, über Referent*innen in den maßgeblichen Magistratsabteilungen bis hin zu den amtsführenden Stadträt*innen selbst, in deren Ressorts die Beteiligungen und Unternehmungen fallen. Jetzt gelte es, den Kodex auch umzusetzen. Ornig ging auf die Regelungen und Empfehlungen des Wiener Public Corporate Governance Kodex ein – wobei die erste Besonderheit sei, dass die darin enthaltenen Empfehlungen auch verpflichtend seien und Unternehmen erläutern müssten, warum sie Empfehlungen nicht folgen können, sagte Ornig. Der Kodex beinhalte außerdem eine jährliche Berichtspflicht an den Gemeinderat und auch die Bestellung der Aufsichtsräte inklusive Bezüge müssten laut Kodex-Vorgaben veröffentlicht werden, betonte Ornig. Durch das neue Regelwerk werde das Beteiligungsmanagement der Stadt neu aufgestellt und eine neue Abteilung bei der zuständigen MA 5 geschaffen, schloss Ornig.

GR Markus Gstöttner, MSc (ÖVP) sagte, die Beteiligungen der Stadt und ihr Bilanzvolumen seien über die Jahre gewachsen, die Bilanzsummen der Beteiligungen würden inzwischen dreistellige Millionenbeträge übersteigen. Er erinnerte an die Forderungen der ÖVP, die in der Vergangenheit beharrlich eine Professionalisierung des Beteiligungsmanagements der Stadt und mehr Transparenz durch Reporting verlangt habe. Der Wiener Public Corporate Governance Kodex sei ein erster Schritt in die geforderte Richtung, jetzt gelte es die Inhalte des Kodex auch umzusetzen, sagte Gstöttner. Er begrüßte die Verbesserungen bei den Kompetenzprofilen für neue Aufsichtsräte von städtischen Unternehmungen; ebenso, dass Unternehmen und Firmen mit Stadt-Beteiligung Risikomanagementsysteme implementieren müssten. Er hoffte, dass der vom Kodex vorgegebene Rahmen auch „unternehmerisch mit Leben gefüllt wird“.

GRin Mag. Dr. Ewa Samel (SPÖ) betonte, dass die Unternehmungen der Stadt entscheidend zur Lebensqualität beitrügen und Teil der Daseinsvorsorge darstellten. Wien hätte sich den Regeln der guten „Corporate Governance“ unterworfen, damit diese für die Stadt und ihre Bewohner*innen wichtige Unternehmen auch gut für die Zukunft aufgestellt seien. Der Wiener Public Corporate Governance Kodex würde einen einheitlichen Rahmen für die Leitung und Überwachung der städtischen Beteiligungen und Unternehmen bieten. Die Inhalte des Kodex würden für mehr als 120 Unternehmungen und Beteiligungen der Stadt gelten und stelle damit einheitliche Standards her. Die Vorgaben und Empfehlungen des Wiener Public Corporate Governance Kodex würden auch die Transparenz bei den Beteiligungen steigern und stelle eine nachvollziehbare und verantwortungsvolle Unternehmungsführung sicherstellen, betonte Samel. So gebe es unter anderem klare Voraussetzungen für die Besetzung und Zusammenstellung von Aufsichtsräten – inklusive regelmäßig überarbeitete Kompetenzprofilen für die Mitglieder. Der Kodex würde auch eine Berichtspflicht der Unternehmen mit sich bringen; die ersten Berichte würden 2026 erscheinen, kündigte Samel an. Nicht zuletzt könne der Wiener Kodex ein Vorbild für andere Städte mit Beteiligungen sein, schloss die SPÖ-Gemeinderätin, die auch an der Erarbeitung des Kodex beteiligt war.

Abstimmung: Der Wiener Public Corporate Governance Kodex wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.

Förderangebot an den Verein Männerberatung

GR Mag. (FH) Jörg Konrad (NEOS) sagte, die Autonomen Frauenhäuser hätten im Jahr 2023 26 Femizide dokumentiert, im heurigen Jahr seien bereits 23 Frauen durch Partner-Gewalt getötet worden. Femizide seien nur die Spitze des Eisberges, wenn es um Gewalt an Frauen gehe, sagte Konrad. Statistisch gesehen sei jede dritte Frau in Österreich im Zuge ihres Lebens von Gewalt betroffen. Ausgangspunkt sei fast immer eine toxische Männlichkeit, die Frauen zu Objekten macht und degradiert: „Das dürfen wir als Gesellschaft nicht hinnehmen“, sagte Konrad. Es sei ein weiter Weg bis es eine faire Geschlechterdemokratie geben sei, Wien arbeite aber daran – auch mit der Aufstockung der Mittel für die Männerberatung.

GR David Ellensohn (GRÜNE) betonte, dass es sich um eine Verdoppelung der Mittel von 150.000 auf 300.000 Euro handle. Die Arbeit der Männerberatung sei „kolossal wichtig“. Es sei eine traurige Tatsache, dass Männerberatung hauptsächlich mit Gewalt zu tun habe – die fünf Frauenhäuser seien voll ausgelastet, 77.626 Nächtigungen im Jahr hätten die Frauenhäuser gezählt. Am männlichen Rollenbild müsse dingend gearbeitet werden, sagte Ellensohn. Femizide sind die Spitze des Eisbergs, Gewalt in der Familie sei ein wichtiges Thema und am Rollenbild von Männern müsse gearbeitet werden. 

GRin Silvia Janoch (ÖVP) forderte, dass das Wandbild von Helmut Kand in der Magdalenenstraße 33 in Mariahilf entfernt werden solle. Der Künstler sei ein verurteilter Sexualstraftäter, der mindestens zwei Frauen unter dem Vorwand der Kunst in sein Atelier gelockt und sie dort missbraucht habe. Die Opfer würden von der Stadt einfordern, dass das Bild entfernt wird. Das Übermalen des Bildes sei für die Stadt eine „kleine bürokratische Hürde, aber ein großes Stück Heilung für die Verwundeten Seelen der Opfer“, so Janoch. Sie brachte dazu einen Antrag ein.

GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ) meinte, Männerberatung würde präventiv wirken und Fälle von Gewalt verhindern. Deshalb sei die Unterstützung des Vereins Männerberatung besonders wichtig – dieser sei übrigens auch einer der ältesten seiner Art und begehe dieses Jahr sein 40. Jubiläum. Um gegen Gewalt an Frauen zu wirken, gelte es gegen patriarchale Strukturen aufzutreten und die Ursachen, die zu Gewalt an Frauen führen, bei der Wurzel zu packen, so Stürzenbecher. Damit das nicht nur ein Lippenbekenntnis bleibe, verdopple die Stadt die Mittel für den Verein Männerberatung. Mit den 300.000 Euro für den Verein würden die Beratungs- und Therapieangebote ausgebaut. Der Einsatz gegen Gewalt an Frauen hätte für die Stadt „oberste Priorität“.

GRin Martina Ludwig-Faymann (SPÖ) sagte, dass sich lange niemand für die Männerberatung zuständig gefühlt habe. Das Thema Täterarbeit sei lange Zeit vernachlässigt worden, das hätte sich in den letzten Jahrzehnten zum Glück geändert. Ludwig-Faymann freute sich nicht nur, dass das Budget für die Männerberatung verdoppelt würde, sondern auch, dass sich Männer beim Thema beteiligen würden. Gewalt sei kein Frauenproblem, sondern ein Problem der Gesellschaft.

Abstimmung: Die Mittel für die Männerberatung wurden einstimmig beschlossen. Der Antrag der ÖVP für die Beseitigung des Wandbilds in der Magdalenenstraße fand nicht die notwendige Mehrheit. (Forts.) ato

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