Katzian: Soziale Themen und Beschäftigung brauchen mehr Gewicht in der EU

Weil die EU Gefahr läuft, im Vergleich zu China und den USA wirtschaftlich ins Hintertreffen zu geraten, fordert Mario Draghi in seinem neuen Wettbewerbsbericht immense Investitionen, um die Wirtschaft anzukurbeln. „Wir sehen natürlich auch die Notwendigkeit einer Investitionsoffensive und einer umfassenden Industriestrategie. Es fehlt aber der Schwerpunkt auf Beschäftigung und soziale Themen, ohne faire Bedingungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kann es keinen fairen Wettbewerb geben“, appelliert Wolfgang Katzian, Präsident von EGB und ÖGB, im Vorfeld des EU-Rats, bei dem auch der Draghi-Report auf der Tagesordnung steht.

 

Dass es jetzt erstmals seit 1970 keinen Kommissar für Beschäftigung und Soziales gibt, sei jedenfalls ein falsches Signal, so Katzian weiter. „Das ist eine inakzeptable Abkehr von der letzten Legislaturperiode, die mit Mindestlohn- und Lohntransparenz-Richtlinien starke soziale Fortschritte brachte. Gerade jetzt, wo Industriekrisen tausende Jobs bedrohen, darf die soziale Dimension der EU aber nicht vernachlässigt werden.“

 

Industriepolitik bedeute auch staatliche Unterstützung für Unternehmen, sie werde also aus Steuergeldern finanziert. „Gerade deswegen müssen die Bedingungen für alle fair sein. Das wird mit Maßnahmen unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus, die zur Verschlechterung wichtiger sozialer oder ökologischer Standards führen würden, nicht zu realisieren sein“, sagt der EGB-Präsident: „Nur gute Arbeitsbedingungen und attraktive Arbeitsplätze können die Produktivität erhöhen.“

 

Außerdem kritisiert Katzian das Festhalten an mehrfach kritisierten Aspekten der EU-Wirtschaftspolitik. „Die strengen Fiskalregeln werden im Draghi-Report leider nicht in Frage gestellt. Politische Entscheidungsträger auf nationaler und europäischer Ebene werden aber zu berücksichtigen haben, dass diese dringend notwendigen und unverzichtbaren nationalen Investitionen in Milliardenhöhe auch mit den neuen, erst unlängst beschlossenen EU-Fiskalregeln in Konflikt geraten können“. Um derartige Situationen zu vermeiden, schlagen europäische und nationale Gewerkschaften vor, die notwendige zusätzlichen Zukunftsinvestitionen nicht in die Ausgaben für die Fiskalregeln einzurechnen.

 

Soziale Themen und Beschäftigung brauchen mehr Gewicht in der EU, so Katzian: „Die Gewerkschaften werden dafür kämpfen, dass die Wettbewerbsfähigkeit nicht zu Lasten von Arbeitsrechten geht.“

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