FPÖ: Statement von FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl

„Geschätzte Vertreterinnen und Vertreter der Medien, vor allem aber liebe Österreicherinnen und Österreicher!

Wie Sie alle wissen, hat es gestern ein Treffen zwischen Karl Nehammer und mir gegeben, ein persönliches Gespräch. Er selbst hat ja dann auch unmittelbar danach eine Stellungnahme abgegeben. Eigentlich ist das ein wenig seltsam, möchte ich sagen, weil zwischen dem Gespräch und der Stellungnahme keine Überlegungsphase, keine Zeit, in der man etwas in Ruhe Revue passieren lässt, keine Phase des Nachdenkens gelegen ist. Man hat den Eindruck: schnell, schnell, schnell, wahrscheinlich nicht einmal eine Rücksprache mit der eigenen Partei.

Ganz viele Beobachter fragen sich: Warum denn diese Eile? Warum denn diese Getriebenheit? Warum denn diese Hektik? Man hat irgendwie das Gefühl, als will da jemand den sprichwörtlichen Sack möglichst schnell zumachen. Es soll offenbar gar keine Gelegenheit ausgelassen werden für die Öffentlichkeit und vielleicht auch für die eigene Partei, um sich selbst ein umfassenderes Bild der Lage zu machen. Man hat irgendwie das Gefühl, das sagen mir auch viele Menschen, als würde da jemand um seine eigenen persönlichen Interessen laufen, aber nicht für die Interessen dieses Landes. 

Mein Eindruck von diesem Medienauftritt von Karl Nehammer war: Er ist immer noch im Wahlkampfmodus und in der Wahlkampfrhetorik hängen geblieben. Ich habe ihn gestern emotional beleidigt erlebt, ich habe einen etwas beleidigten, gekränkten Wahlverlierer gehört. Einen, der es immer noch nicht fassen kann, der beleidigt ist, dass die Menschen die katastrophale Politik, die ÖVP und Grüne in den letzten Jahren gemacht haben, nicht als Segnung für das Land und als Gewinn für sich selbst, sondern mehr als Desaster und Katastrophe einordnen.  

Es war in Wahrheit doch wieder nur die Ansammlung derselben Stehsätze, Behauptungen Verdrehungen und Phrasen, auf denen die ÖVP ihren ganzen Wahlkampf aufgebaut hat. Und das Ergebnis dieses Wahlkampfs ist ja bekannt: nämlich die größte Wahlschlappe der Volkspartei bei einer Nationalratswahl, ein größeres Minus hat man überhaupt noch nicht eingefahren. Ich denke, dass das jetzt eine vertane Chance für die ÖVP ist. Ganz einfach deshalb, weil eine Wahlniederlage von einer solchen Dimension die beste Gelegenheit wäre dazuzulernen, die beste Gelegenheit den Kurs anzupassen und zu korrigieren. Wenn man das macht, ist das keine Schwäche, ganz im Gegenteil, sondern ein Zeichen von Stärke und Größe, wenn man aus Fehlern lernt, sich entsprechend weiterentwickelt und das wäre dann auch verantwortungsbewusstes Handeln. Und das wäre aus meiner Sicht auch das, was man sich von einem echten Staatsmann erwarten würde und das wäre dann auch „Kanzler-like“ – aber Sie haben schon gemerkt: In den Sätzen, die ich jetzt formuliert habe, ist überall der Konjunktiv vorherrschend – also die Möglichkeitsform und leider nicht die Wirklichkeitsform. 

Was ich in diesem Statement von Nehammer auch nicht gehört habe und was ich vermisst habe, war auch nur irgendeine Zukunftsansage, irgendetwas Thematisches, das Österreich weiterbringt, das Hoffnung gibt, das Zuversicht gibt, das Optimismus gibt in den großen Themen. Fehlanzeige, kann ich dazu nur sagen. Ich weiß nicht, ob Sie jetzt überrascht sein werden von dem, was ich jetzt sage, aber ich bin mir jedenfalls sicher: Der Nehammer-Text für diese Pressekonferenz gestern war schon fix und fertig geschrieben, bevor ich mit ihm überhaupt das erste Wort gewechselt habe. Weil ich in diesem Gespräch, das ungefähr sechzig Minuten gedauert hat, nämlich genau die gleichen Bausteine gehört habe, genau das, was er später in seiner Pressekonferenz von sich gegeben hat. 

Es ist die Wiederkehr des immer Gleichen – mit einem einzigen Zweck: der kategorischen Verhinderung von Verhandlungen mit der FPÖ. „Nur ja keine Tür aufmachen, nicht einen Millimeter, die Tür keinen Millimeter aufmachen. Es könnte ja etwas Positives herauskommen und dann wäre er seinen geliebten Kanzlerposten los.“ 

Es stellt sich die Frage: War die Unterredung mit Karl Nehammer ganz umsonst? Nein, das war sie nicht, im Gegenteil. Sie war auf ihre Art und Weise durchaus erhellend. Für die Österreicherinnen und Österreicher nämlich. Und vor allem auch für die Wählerinnen und Wähler der ÖVP und ihre Funktionäre und Mitglieder. Jedenfalls möchte ich Ihnen die Inhalte, Argumente und Vorschläge, die ich von meiner Seite vorgebracht habe, auch präsentieren. Dann kann sich jeder selbst ein Bild der Situation machen.

Mein Zugang war und ist jedenfalls ein anderer als der, den Karl Nehammer gewählt hat. So, wie ich es am Wahlabend und schon zuvor und auch danach mehrfach angekündigt habe, habe ich meine Hand einmal mehr zur Zusammenarbeit ausgestreckt. Das ist auch für mich nicht leicht. Denn Sie dürfen nicht vergessen, dass ich jahrelang im Fadenkreuz und Visier der heftigsten Angriffe der ÖVP gestanden bin. Aber darum darf es nicht gehen. Diese persönlichen Befindlichkeiten dürfen keine Rolle spielen. Das ist meine feste Überzeugung. Und ich glaube, das ist auch die berechtigte Erwartungshaltung der großen Mehrheit der österreichischen Bevölkerung.

Ich habe also in diesem Gespräch versucht, eine gemeinsame Ebene zu finden, zu definieren. Und zwar auf Basis von Fakten, von objektiven Tatsachen, um einen gemeinsamen Bezugspunkt herzustellen, im Interesse der Zukunft unserer Heimat, im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher.

Solche Fakten sind zum Beispiel:

Das eindeutige Wahlergebnis. Die FPÖ hat gewonnen, die ÖVP hat verloren und ich habe mehr Vorzugsstimmen als Karl Nehammer. Das ist etwas, was offenbar in manche Köpfe nicht hineinwill, aber das wird schon werden. 

Ein weiteres Faktum ist, dass sich Österreich in einer wirtschaftlich schwierigen, fast schon gefährlichen Lage befindet und dass wir rasch handeln und rasch gegensteuern müssen, um Unternehmen, um Arbeitsplätze und um den Wohlstand und damit natürlich auch das gesamte System unserer sozialen Sicherung aufrechterhalten zu können.  Ein weiteres Faktum ist, dass unser Sozialsystem eine ganz katastrophale Magnetwirkung auf die ‚neuen Völkerwanderer‘ hat, denken Sie an die riesige Problematik mit der Mindestsicherung in Wien.

Eine weitere solche Tatsache ist, dass zwischen den Programmen von FPÖ und ÖVP nicht – wie ÖVP-Generalsekretär Stocker gesagt hat – Welten liegen, sondern dass es da natürlich sehr viele Überschneidungen und Naheverhältnisse gibt.Eine weitere Tatsache ist, dass die Stabilität und Stoßkraft einer Regierung umso größer ist, je größer die inhaltliche Schnittmenge in den wesentlichen politischen Feldern ist. 

Und noch eine Tatsache ist, dass die zahlenmäßig ca. 55 Prozent, die die FPÖ und ÖVP arithmetisch zusammen erreicht haben, zugleich inhaltlich der Ausdruck eines Wunsches dieser Mehrheit nach einer Mitte-Rechts-Regierung und einem Mitte-Rechts-Kurs sind und sicherlich nicht der Auftrag für die Etablierung einer Austro-Verlierer-Ampel.

Sie sehen, ich habe also versucht, das Gemeinsame über das Trennende zu stellen, um genau damit eine tragfähige Basis zu entwickeln, damit wir einen Schritt weiterkommen, das ist ja der entscheidende Punkt. Dazu habe ich auch einen Versuch unternommen, auf emotionaler Ebene, oder, wenn Sie so wollen, abseits von der Inhaltsebene dann auch auf der Beziehungsebene eine gewisse Entkrampfung herbeizuführen. Ich habe zum Beispiel vorgeschlagen, nicht mehr dauernd in den Rückspiegel zu blicken, sondern unsere Arbeit und Energie auf die Zukunft zu fokussieren.

Des Weiteren, dass wir uns darauf einigen, dass eine Zusammenarbeit nicht nur unter Freunden möglich sein kann und muss, sondern dass Professionalität jetzt der entscheidende Faktor ist und die Frage nach Sympathie und Antipathie keinen Platz hat, wenn es um die Zukunft unseres Landes geht.Mein Beispiel in diesem Zusammenhang war eine Expedition auf einen hohen Berg. Dabei ist es ganz oft so, dass ganz unterschiedliche Charaktere und Persönlichkeiten, die manchmal sogar Konkurrenten sind, sich für ein großes Ziel zu einem Team zusammenfinden und als Profis ihre Unterschiede hintanstellen. Diese Professionalität führt zum Erfolg für alle, den ein Einzelner nie erreichen könnte.

Warum soll das in der Politik nicht funktionieren? Und manchmal wird im Lauf der Zeit aus der Zweckgemeinschaft dann Kameradschaft oder sogar in manchen Fällen eine Freundschaft. Es ist nicht so, dass Karl Nehammer mir hier nicht auch Recht gegeben hätte. Punkt für Punkt, da hats viel Übereinstimmung gegeben. Aber der entscheidende Punkt, wo wir uns unterscheiden, ist der Wille. Der Wille, das Wollen, aus diesen gemeinsamen Erkenntnissen und Übereinstimmungen heraus, auf deren Basis, dann in einen Prozess des Verhandelns zu kommen, und dabei Schritt für Schritt über Gemeinsamkeiten bei Inhalten ein Programm und auch ein Vertrauen für eine Zusammenarbeit und damit eine künftige Koalition aufzubauen.

Ich will das und auch die Freiheitliche Partei will das. Ich denke, wir sind das Österreich schuldig, das ist meine feste Überzeugung und habe das auch so gesagt – er will es um keinen Preis. Ich habe die positive Dynamik eines solchen Prozesses 2017 selbst erlebt in Verhandlungen damals mit unserem Team mit Sebastian Kurz und seinem Team. Das war eine wertvolle Erfahrung. Natürlich hat es damals nach einem harten Wahlkampf ein anfängliches Misstrauen gegeben. Das ist ja das Normalste auf der Welt, es hat den Zustand gegeben, wo man sich gegenseitig ein wenig belagert und austestet. Aber das ist mit jeder Runde der Zusammenkunft mehr und mehr zu einem Aufeinander-Zugehen und Einander-Verstehen geworden. Und durch die Vielzahl von Personen, die miteinander ins Gespräch gekommen sind, hat sich so etwas wie ein Vertrauensgeflecht entwickelt, das eine stabile Basis für eine hervorragende Regierungsarbeit gewesen ist. 

Das dauert ein wenig. Das geht nicht von heute auf morgen. Aber es geht. Und es geht nur dann gar nicht, wenn man es von vornherein unterbindet oder im Keim ersticken will und ich habe den Eindruck, dass genau das die Nehammer-Strategie ist. Um einen inhaltlichen Verhandlungsprozess einzuleiten, habe ich Karl Nehammer daher gestern thematische Punkte in genau einer solchen Mappe präsentiert, wie Sie dies als Medienvertreter jetzt vor sich haben. Alle diese Papiere sind auch auf unserer Homepage, für jeden Interessierten zum Nachlesen. Das ist ganz wichtig zu sagen: Ich bin nicht mit leeren Händen in das Gespräch gekommen. Ganz im Gegenteil. 

Sie finden in dieser Mappe auf einer Seite eine Formulierung eines gemeinsamen, grundsätzlichen Verständnisses. Eine Art Definition einer gemeinsamen Basis, die für beide Seiten inhaltlich akzeptabel sein sollte. Vor allem aber finden Sie darin eine Reihe von inhaltlichen Positionierungen, die wir als „Außerstreitstellung von Sofortmaßnahmen zur Stabilisierung des Standorts Österreich“ bezeichnet haben:

 

1)ZUSAMMENARBEIT – Vertrauen stärken & offen diskutieren 

  • Regierungsarbeit VP/FP bis zur MEDIENCAUSA IBIZA war gut für Österreich!
  • CAUSA IBIZA FINITA – Kurz ist weg und Strache ist weg – die Wähler haben gesprochen
  • GEMEINSAME LAGEBEURTEILUNG – Kassasturz und Transparenz bei Prognosen
  • Außerstreitstellung des EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTSRAUMS 

2) Erste Außerstreitstellung von Sofortmaßnahmen zur STABILISIERUNG DES STANDORTS ÖSTERREICH 

a. BUDGETSITUATION – Schuldenanstieg bremsen & Spielräume schaffen 

  •  AUSGEGLICHENES BUDGET bis zum Ende der Regierungsperiode 
  • ZERO BASED BUDGETING für die Ministerien (Ziel: fünf Prozent Einsparungen bis 2026, Aufgabencheck und Prozess- bzw. Strukturoptimierung der Administration) 
  • ÖFFENTLICHE AUSGABEN auf Konjunkturwirkung überprüfen 
  • FÖRDERDSCHUNGEL mit EURO-Zielvorgaben gemeinsam durchforsten (TASK FORCE)
  • Kostensenkende Maßnahmen gegen ZUWANDERUNG ins SOZIALSYSTEM 
  • Evaluierung BILDUNGSKARENZ bezüglich Treffsicherheit 

b. IMPULSE – WIRTSCHAFTSSTANDORT und LEISTUNGSBEREITSCHAFT stärken 

  • KEINE NEUEN STEUERN – Planungssicherheit, keine Angriffe auf Leistung und Eigentum
  • ENTBÜROKRATISIERUNGSOFFENSIVE zur Beschleunigung von administrativen Prozessen (Deregulierungspaket)
  • STARTPAKET zur Incentivierung der Leistungsbereitschaft schnüren (Zielrichtung: freiwillig länger arbeiten, Hebung des Pensionsantrittsalters durch Entlastungen – Stichwort „Altersbonus“ – sowie Überstunden von Abgaben befreien – mehr Netto vom Brutto, …)
  • Schwerpunktsetzung beim Thema LEISTBARER WOHNRAUM (Zielrichtung: Wohnbauoffensive, Abschaffung der Grunderwerbssteuer)
  • Umsetzung eines neuen STANDORTFÖRDERUNGSGESETZES (Zielrichtung: Betriebsansiedelungen und Standortsicherung) 
  • INVESTITIONSFREIBETRAG für die Dauer von drei Jahren auf 20 Prozent erhöhen (Zielrichtung: Umwegrentabilität durch Investitionen in den Standort)
  • Im ersten Schritt KÖST-SENKUNG für Kleinstkapitalgesellschaften (UGB) auf 15 Prozent zur regionalen Stärkung der kleineren Unternehmen (bis zehn Arbeitnehmer)

Wir Freiheitliche sind von der Notwendigkeit dieser Maßnahmen zutiefst überzeugt und wir sind von der Machbarkeit dieser Maßnahmen überzeugt – und zwar mit der Österreichischen Volkspartei. Ich glaube, da gibt es sehr Vieles drinnen, wo jeder in der ÖVP, der volkswirtschaftlich einigermaßen fit ist, sofort ja dazu sagen kann. 

Des Weiteren habe ich Karl Nehammer einen detailliert ausgearbeiteten Verhandlungsfahrplan für Regierungssondierungen in sechs Bereichen vorgeschlagen. Diese Bereiche sind: Wirtschaft und Standort, Arbeit und Leistung, Asyl und Zuwanderung, Gesundheit und Pflege, Sicherheit und Neutralität, Demokratie und Medien. 

Unser Verhandlungsteam steht bereit.

Ich habe einen ganz konkreten Terminfahrplan vorgelegt, mit dem wir bis Mitte November diese wesentlichen Bereiche alle durchgearbeitet haben sollten – das ist ambitioniert, aber realistisch. Das war mein Angebot gestern. Ich habe Karl Nehammer und der ÖVP also ganz klar, sogar schriftlich, verdeutlicht: Die FPÖ ist bereit, Verantwortung für Österreich zu übernehmen. Ich bin dazu bereit. Und das alles auf Basis inhaltlicher Gemeinsamkeiten. Wir wollen arbeiten, zuerst in diesen Sondierungen und wenn diese erfolgreich ausgehen, dann auch in einer Regierung. 

Und ich habe daher Karl Nehammer im Interesse Österreichs und im Interesse der Wählerinnen und Wähler unserer beiden Parteien vorgeschlagen, einen Folgetermin als gemeinsamen Startschuss für die Umsetzung dieses grundvernünftigen Sondierungspakets zu definieren. Ich habe ihn ersucht, in aller Ruhe darüber nachzudenken, er hat das beiseitegeschoben. Er hat das ganz offenkundig nicht gewollt. Seine Antwort waren die üblichen Wahlkampfaussagen, die Sie dann ja eine Stunde später selber in der Pressekonferenz auch gehört haben. Ergänzt um die haltlose Behauptung, ich wäre nicht bereit Verantwortung zu übernehmen.

Ich sage es noch einmal ganz offen: Ich werde den Eindruck nicht los, dass diese Verhandlungen deshalb verweigert werden, weil er selber in einer gewissen Form Angst davor hat, dass sie zu einer inhaltlichen Einigung führen könnten, die dann das Beste für Österreich bedeutet, aber für ihn den Verlust des Kanzlerpostens zur Folge hat. Und er weiß ganz genau, dass – wenn Teams einmal miteinander arbeiten und sich auf Inhalte verständigen – nicht einhergehen kann und sagen, da sei kein Vertrauen gegeben, sondern die Teams merken ja, dass das in Wirklichkeit ganz anders ist. 

Mich wundert es daher auch nicht, dass er Ihnen allen und der Öffentlichkeit und seiner eigenen Partei gestern kein Wort über diese Vorschläge zu Inhalten und Fahrplan gesagt hat. Das wäre ja eigentlich eine neue Information gewesen. Er hat es nicht getan. Aber auch ein Verschweigen kann bekanntlich sehr vielsagend sein. Für mich bestätigt sich damit auch immer mehr, dass an all diesen Berichten zu schon länger geplanten Verhandlungen in Richtung einer Verliererkoalition vielleicht doch etwas dran ist und es möglicherweise dafür doch eine reale Grundlage gibt.  

Ganz ehrlich, ich frage Sie jetzt: Wer ist hier nicht bereit für Verantwortung? Wer bewegt sich hier nicht? Wer verweigert hier staatspolitische Verantwortung? Es ist Karl Nehammer, nicht ich. Und ich denke, dass er auch mit seinem Verhalten auch seiner Verantwortung gegenüber seinen eigenen Wählern nicht gerecht wird. 

Ich habe ihm gestern gesagt, dass wir nicht weiterkommen, wenn wir permanent festgefahrene Positionen austauschen, sondern dass wir nur weiterkommen, wenn wir uns bewegen. Wenn ich mich bewege und wenn er sich bewegt, anders wird das Ganze nicht funktionieren. Wir werden uns beide bewegen müssen, weil wenn sich niemand bewegt, wird es nie eine stabile Regierung geben, außer irgendjemand meint, wir sollten so lange neu wählen, bis irgendjemand eine absolute Mehrheit hat. In jedem anderen Fall wird es irgendeine Form der Bewegung geben müssen. Und ich habe ihm gesagt, dass diese Bewegung auch kein Verrat an den Wählern ist, sondern ganz im Gegenteil, dass ich überzeugt bin, dass die Menschen ganz genau wissen, dass das notwendig ist, dass sie das verstehen und es auch erwarten. 

Und es ist jetzt ganz einfach: Wenn er sich nicht in unsere Richtung bewegt, dann bewegt er sich mit der gesamten ÖVP in Richtung der Babler-SPÖ. Das ist die andere Variante. Und offenbar lautet nach jetzigem Stand der offizielle Befehl an die ÖVP von ihrem aktuellen Parteiobmann: „Das Ganze: Links um!“

Also ein Linksschwenk in einer noch viel größeren Dimension, als es die Zusammenarbeit mit den Grünen gewesen ist. Was das dem Land an Schaden gebracht hat, das sehen wir alle jeden Tag, wenn wir die Zeitung aufschlagen. Ich frage mich, was sagen da eigentlich die vernünftigen Kräfte in der ÖVP dazu? Was sagen dazu zum Beispiel die Vertreter der Wirtschaft, der Industrie, der Bauern? Was sagen sie zum Kommando: „Links um?“

Was sagen sie alle dazu, dass der aktuelle ÖVP-Parteiobmann seiner eigenen Partei jetzt jede Option und jeden Spielraum nehmen will und sich der Babler-SPÖ regelrecht ausliefert und unterwirft? Nur so kann er nämlich Kanzler bleiben. Karl Nehammer hat Andreas Babler jetzt unglaublich stark gemacht – und zwar ohne jede Not. Und wenn die SPÖ einen Funken politischen Restinstinkt hat, wird sie die ÖVP sehr schnell spüren lassen, dass sie von ihr abhängig ist. Das ist das realpolitische Ergebnis. Sich ohne Not hier einem Kleinen auszuliefern heißt, inhaltliche Verhandlungserfolge für die Kleinen in Kauf zu nehmen und damit einen überproportionalen Preis zu zahlen. Und für die SPÖ bedeutet das, dass diese ganze Thematik der 32-Stunden-Woche, der neuen Steuern, der Vermögenssteuern, der Angriff aufs Eigentum und so weiter wieder in greifbare Nähe gerückt ist und alles das ist Gift für den Standort Österreich. 

Also für mich ist das jetzt nicht das Endergebnis, sondern für mich ist das ein Zwischenergebnis. Für mich ist das, was wir gestern gehört haben, eine Zwischenbestandsaufnahme, weil die Frage ist ganz einfach eine Doppelte: Wie sieht die ÖVP, abseits ihres aktuellen Obmanns, diese interessante Prioritätensetzung von Karl Nehammer? Ich bin schon gespannt. Und dann ist die zweite Frage, die zu beantworten ist: Was sagen eigentlich die Wählerinnen und Wähler dazu? Ich denke, da wirds eine Antwort auf diese Frage schon bei den steirischen Landtagswahlen geben. 

Ich bin trotz alledem Optimist und ich sage: Unsere Hand bleibt ausgestreckt, so wie ich das vorher gesagt habe, im Interesse einer guten Zukunft Österreichs. Weil wir wissen, dass unsere Heimat eigentlich keine Zeit zu verlieren hat angesichts der dramatischen Situation in ganz vielen Bereichen und weil wir davon überzeugt sind, dass die besten Antworten auf die Probleme, die unser Land hat, dieses mögliche gemeinsame Paket aus Inhalten der Freiheitlichen Partei mit denen der Österreichischen Volkspartei ist. Diese ausgestreckte Hand ist neben dem, was ich gestern auch schriftlich übergeben habe, auch ein Beweis mehr für unser Verantwortungsbewusstsein. Wie schon gesagt: Eine inhaltliche Basis liegt jetzt am Tisch, ein möglicher Fahrplan liegt auch am Tisch und seit heute kennt diese inhaltliche Basis und diesen Fahrplan ganz Österreich – an uns liegts nicht.“

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender. FPÖ Bundesparteileitung

Comments (0)
Add Comment