Bundesrat besiegelt zur kalten Progression Entlastungen von rund 650 Mio. €

Seit der Abschaffung der sogenannten kalten Progression im Herbst 2022 werden die einzelnen Steuertarifstufen jedes Jahr automatisch zu zwei Dritteln an die Inflation angepasst. Auch das dritte Drittel ist zwingend für Entlastungsmaßnahmen zu verwenden. Welche genau das im kommenden Jahr sind, hat der Bundesrat in seiner heutigen Sitzung mit dem Progressionsabgeltungsgesetz 2025 besiegelt. Neben ÖVP und Grünen stimmte auch die FPÖ für den Gesetzentwurf. Das Paket umfasst ein Entlastungsvolumen von rund 650 Mio. Ꞓ. Insgesamt werden die Steuerzahler:innen von der Abschaffung der kalten Progression im kommenden Jahr mit knapp 2 Mrd. Ꞓ profitieren, wie Finanzminister Magnus Brunner erörterte.

In Reaktion auf die Hochwasserkatastrophe hat der Nationalrat zuvor außerdem kurzfristig eine Aufstockung des sogenannten Wohnschirms um 40 Mio. Ꞓ in das Paket aufgenommen. Die Mittel werden in den Jahren 2024 bis 2026 zur Verfügung stehen, um in besonderen Härtefällen jenen Menschen zu helfen, die ihr Haus oder ihre Wohnung unwetterbedingt nicht nutzen können, und daher – vorübergehend oder dauerhaft – eine Ersatzunterkunft brauchen. Voraussetzung für eine finanzielle Unterstützung ist etwa, dass nicht ohnehin die Versicherung, die Gemeinde oder der Katastrophenfonds einspringen.

Debatte um Mittel nach Hochwasserschäden

Ein in der Sitzung eingebrachter Antrag der SPÖ zu den Mitteln für Hochwasserschäden führte auch zu einer Debatte über die Situation der betroffenen Gemeinden, blieb aber schließlich in der Minderheit. Die Sozialdemokrat:innen fordern zum einen, dass die Mittel des Kommunalinvestitionspakets auch für die Beseitigung von Katastrophenschäden eingesetzt werden und vom Bund ersetzt werden sollen. Zum anderen sollte aus ihrer Sicht ein Investitionspaket zur Behebung der Katastrophenschäden geschaffen werden, dessen Mittel direkt den Gemeinden zugänglich sind.

Die vom Hochwasser betroffenen Gemeinden hätten bis dato keine Gewissheit, wieviel der Schäden über den Katastrophenfonds gedeckt seien, bemängelte etwa Christian Fischer (SPÖ/N). Demgegenüber könnten derzeit aber die Mittel des Kommunalinvestitionspakets nicht abgeholt werden, untermauerte er den SPÖ-Antrag. Dass damit den Gemeinden verunmöglich werde, Geld abzuholen, fasste Christoph Steiner (FPÖ/T) als „verantwortungslose Politik“ zusammen. Seitens der FPÖ werde etwa auch eine Versicherung für einen klaren Rechtsanspruch bei Katastrophenschäden gefordert. Darüber hinaus stellten die Freiheitlichen in den Raum, dass Gemeinden bzw. einzelne davon „schlecht“ wirtschaften würden, was seitens der SPÖ als „deplatzierter“ Vorwurf zurückgewiesen wurde. Demgegenüber hielt Elisabeth Kittl (Grüne/W) fest, dass die Bundesregierung Soforthilfe leiste, indem sie den Katastrophenfonds auf 1 Mrd. Ꞓ aufgestockt habe. Zudem hätte die EU sofort Hilfsgelder von 500 Mio. Ꞓ freigegeben. Finanzminister Brunner sprach sich dafür aus, in der Diskussion zwischen Investitionen aus dem Kommunalinvestitionspaket und Mitteln für Hochwasserschäden zu unterscheiden. Klar sei jedenfalls, dass die Gemeinden „sicher nicht im Stich gelassen“ würden.

Verlängerung des Kinderzuschlags für einkommensschwache Familien

Den größten Teil des Progressionsabgeltungsgesetzes 2025 stellt die dauerhafte Fortführung des Kinderzuschlags für einkommensschwache Familien dar. Erwerbstätige Alleinerzieher:innen und Alleinverdiener:innen, die heuer weniger als 25.725 Ꞓ verdienen, werden demnach über das Jahr 2024 hinaus einen monatlichen Zuschuss von 60 Ꞓ für jedes Kind unter 18 bekommen. Außerdem werden sämtliche Steuertarifstufen mit Ausnahme der Höchststufe um 3,83 % statt um 3,33 % angehoben sowie alle klassischen Absetzbeträge und damit zusammenhängende Beträge wie Alleinverdienerabsetzbetrag, Pensionistenabsetzbetrag und Sozialversicherungs-Rückerstattung zur Gänze an die Jahresinflation von 5 % angepasst. Damit wird die jährliche Steuerfreigrenze gemäß Einkommensteuergesetz 2025 bei 13.308 Ꞓ liegen. Weiters gehören eine Erhöhung des amtlichen Kilometergelds auf 50 Cent, die Anhebung der für die Umsatzsteuerbefreiung maßgeblichen Kleinunternehmergrenze auf 55.000 Ꞓ sowie höhere Tages- und Nächtigungsgelder gemäß Reisegebührenvorschrift zum Entlastungspaket.

Es gebe zwar Maßnahmen in dem Paket, die zu befürworten seien, dennoch spreche sich die SPÖ dagegen aus, sagte Sascha Obrecht (SPÖ/W). Zentraler Kritikpunkt sei nämlich, dass die hohen Einkommen überdurchschnittlich profitieren würden. Es brauche vielmehr Schritte, jenen zu helfen, die nicht so viel haben, hielt Obrecht fest.

Mit der Abschaffung der kalten Progression sei eine große und gerechte Steuerumstellung gegen den „schleichenden Lohnfraß“ gelungen, meinte Harald Himmer (ÖVP/W). Bei den heute zu beschließenden Maßnahmen würden sehr wohl auch einkommensschwache Familien und 250.000 Kinder profitieren. Auch Kleinstunternehmer:innen würden durch die Senkungen der betreffenden Grenze unterstützt. Insgesamt sei die Absicht aber, jenen den Steueranteil zurückzugeben, die Arbeit leisten, und diese Leistung damit auch zu „incentivieren“. Zu den Ergebnissen der Nationalratswahl meinte Himmer am Rande, dass die ÖVP die Usance beibehalten wolle, dass die stärkste Fraktion den Nationalratspräsidenten stellen soll.

Wenn 250.000 Kinder betroffen seien, habe die Bundesregierung die wirklichen Probleme wie hohe Inflation und Energiekosten nie bekämpft, ortet Klemens Kofler (FPÖ/N) in den Maßnahmen eine weitere „Notlösung“. Elisabeth Kittl (Grüne/W) sieht wiederum in den heutigen Maßnahmen den Fokus auf Entlastung der geringeren Einkommen, zumal die oberste Tarifstufe von der Indexierung ausgenommen sei. Darüber hinaus komme das Konzept der ökologischen Mobilität zugute, etwa indem das KM-Geld für Fahrradnutzung und Fußwege an jene für Autos angeglichen werde. Der Kinderzuschlag von 60 Ꞓ sei vor allem für Alleinerziehende wichtig, so Kittl, die darin auch einen Schritt in Richtung Kindergrundsicherung sieht.

In der Debatte wurde auch thematisiert, dass Finanzminister Brunner als EU-Kommissar nominiert wurde. Brunner nahm dies zum Anlass, dem Bundesrat für die Zusammenarbeit in seinen unterschiedlichen Rollen zu danken, falls das die letzte Bundesratssitzung für ihn sei. Die Abschaffung der kalten Progression bezeichnete der Finanzminister als Meilenstein, der alle Steuerzahler:innnen entlaste, und als die größte Steuerreform der letzte Jahrzehnte. Einen Akt der Fairness stelle dar, dass den Arbeitenden bzw. jenen, die Steuern zahlen, wesentlich mehr netto vom Brutto bleibe. Für nicht Steuerzahlende verwies Brunner auf andere Maßnahmen. Relativ gesehen würden die unteren Einkommen dennoch am meisten von den Maßnahmen zur kalten Progression profitieren. Mit Ausnahme der höchsten Steuerstufe würden aber alle Menschen entlastet, was auch ein wichtiges Signal an den Mittelstand darstelle. Das heute zu beschließende Drittel der Abgeltungen würde er daher als „Leistungsdrittel“ bezeichnen, so der Minister. (Fortsetzung Bundesrat) mbu

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