Baustellen-Chaos gefährdet Österreichs Versorgungssicherheit

Das in diesen Tagen gestartete Sanierungsprogramm der Deutschen Bahn mit einer geplanten Totalsperre – auch auf der Strecke über das Deutsche Eck – und die damit verbundene öffentliche Kritik von Seiten der Wirtschaft sind erste Vorzeichen eines Baustellenchaos, das die Versorgungssicherheit Österreichs gefährdet. Durch die fehlende Koordinierung von Straßen- und Bahnsanierungen ohne geeignete Ausweichrouten wird die Versorgungssicherheit unnötig und massiv gefährdet. Die bevorstehende Generalsanierung der Brennerautobahn und die zeitlich überlappend geplanten Sanierungen und Sperren entlang der A8 München-Salzburg sowie der Tauernautobahn drohen zu enormen Verkehrs- und Versorgungsproblemen zu führen. Die wichtigsten Verkehrs- und Handelsrouten werden damit massiv beeinträchtigt. Der Schienengüterverkehr, der schon in den letzten Jahren Kapazitäten verloren hat, wird durch die geplante Totalsperre der Deutschen Bahn, aber auch durch vielen neuen Baustellen in Österreich, keine Alternative zur Straße bieten. Der Zentralverband Spedition & Logistik zeigt grundsätzlich Verständnis für notwendige Sanierungsarbeiten, kritisiert aber in aller Schärfe die fehlende Koordination und fordert das Verkehrsministerium auf, seine Koordinationsfunktion wahrzunehmen und sich mit den zuständigen Ländern und den dort verantwortlichen Autobahn- und Schienenbetreibern abzustimmen, um chaotische Zustände zu vermeiden. 

Alexander Friesz, Präsident des Zentralverbands Spedition & Logistik, warnt vor unnötigem Schaden durch fehlende Abstimmung: „Die heimische Logistik-Branche löst täglich hochkomplexe Herausforderungen, um die Versorgung von Österreichs Bevölkerung und Wirtschaft sicherzustellen. Dass wir das können, haben wir für alle gut erinnerlich in der Covid-Pandemie bewiesen. Völlig unkoordiniert geplante, gleichzeitige Großbaustellen auf Straße und Schiene konfrontieren aber selbst die besten Systeme mit unüberwindbaren Barrieren und drohen im Versorgungskollaps zu enden. Wir appellieren daher nochmals an alle Verantwortlichen im Verkehrsministerium sowie den Straßen- und Schienenbetreibern, sich innerhalb Österreichs als auch mit Deutschland und Italien zu koordinieren.“ 

Neben einer professionellen Koordinierung der Baustellen und Ermöglichung von Ausweichrouten soll auch das LKW-Nachtfahrverbot für den Zeitraum der Bauarbeiten aufgehoben werden, um Staus und Verkehrschaos zu minimieren.

Als eine der im Straßengüterverkehr meistbefahrenen Alpenrouten ist der Brennerkorridor von entscheidender Bedeutung für die Güterversorgung vieler europäischer Regionen. Nun drohen zeitgleiche bzw. einander überlappende Sperren und Einschränkungen des Verkehrs:

* Ab 2025 wird die dringende Sanierung bzw. der komplette Neubau der Luegbrücke bei Gries am Brenner für massive Verkehrsbehinderungen von bis zu 3 Jahren führen.

* Ab 2027 werden Sanierungsarbeiten am Tauerntunnel die zweite Hauptachse in Richtung Nord-Süd stark beeinträchtigen.

* Im gleichen Zeitraum werden 23 Brückensanierungen entlang der A8 München-Salzburg sowie der Ausbau von 6 auf 8 Spuren (inkl. Standspuren) zwischen Rosenheim und Staatsgrenze zu weiteren Belastungen führen. 

Keine Straße, keine Schiene

Eine Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene ist aufgrund fehlender Kapazitäten, sowie vielfach auch dort geplanter und bereits laufender Bauarbeiten, der Totalsperren der Deutschen Bahn und des noch im Bau befindlichen Brennertunnels, keine Alternative. Auf die fehlenden Potenziale im aktuellen und künftigen Modal-Split und steigenden Warenmengen im Straßengüterverkehr hat der Zentralverband, durch Studien untermauert, schon mehrfach hingewiesen. 

Umfassende Maßnahmen erforderlich

Um die negativen Auswirkungen der Sanierungsarbeiten zu minimieren, müssen Bund, Bundesländer, Nachbarländer wie Deutschland und Italien, Straßenerhalter und Bahnbetreiber rechtzeitig und koordiniert handeln. Die vorübergehende Aufhebung des LKW-Nachtfahrverbots während der Bau- und Sanierungsphasen würde durch die bessere Verteilung des Güterverkehrs dazu beitragen, Staus zu reduzieren und den Verkehrsfluss zu stabilisieren. 

Friesz: „Wir fordern hier – im Sinne der Versorgungssicherheit – zu koordiniertem und faktenbasiertem Handeln auf. Als Entscheidungsgrundlage sollten dringend auch Potenzialanalysen und Simulationen berücksichtigt werden, die die richtige Staffelung von Projekten und die Sicherstellung von Ausweichrouten gewährleisten. Und das auch unter Miteinbeziehung einer Aufhebung des LKW-Nachtfahrverbots sowie eines Aussetzens der jetzigen Dosierungsmaßnahmen, die ohne Alternativen und Ausweichrouten zu noch mehr Staus führen werden.

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