Forschungsförderung in Österreich

von Martin H. Gerzabek, Harald Kainz, Emil Brix mit Beiträgen von Barbara Abraham, Brigitte Ecker, Christof Gattringer, Kurt Koleznik, Andreas Kugi, Stefan Riegler, Freyja-Maria Smolle-Jüttner, Isabella Meran-Waldstein, Barbara Weitgruber 

Österreich als Teil des Europäischen Forschungsraumes stärken

Österreich befindet sich in der EU derzeit in der Gruppe der „Strong Innovators“. Das Ziel der Österreichischen „FTI-Strategie 2030“, dass Österreich in die Spitzengruppe der EU „Innovation Leader“ (Dänemark, Schweden, Finnland und Niederlande) aufsteigt, ist konsequent weiterzuverfolgen. Österreich muss seine Stärkefelder aktiv und verstärkt in EU-Aktivitäten einbringen und seine Beteiligungen an EU-Initiativen (z. B. IPCEIs, EU-Partnerschaften etc.) weiter forcieren. Österreich benötigt ein deutliches Bekenntnis zum Europäischen Forschungsraum, sowie eine budgetäre Aufstockung des 10. EU-Forschungsrahmenprogramms ab 2028, das den vollständigen Innovationszyklus von der Grundlagen- zur angewandten Forschung hin zur Marktumsetzung unterstützen muss. Die budgetäre Ausstattung auf EU-Ebene sollte bei mindestens 200 Milliarden Euro liegen und Österreich soll sich konsequent in den Europäischen FTI-Initiativen beteiligen.

Das Motto „Stärken stärken“ ist auch in der Forschungs- und Innovationspolitik für die Positionierung Österreichs in Europa und international ein wichtiges Anliegen. Die großen weltweiten Forschungs- und Innovationszentren (z.B. Silicon Valley/USA (IT), Cambridge/UK (Life Science), Perlflussdelta/China (Diverses)) sind alle rund um bestehende Stärken entstanden. Es gibt allerdings Ausnahmen zu dieser „Regel“: Wenn Technologien so bedeutend sind, dass sie für die gesamte Wirtschaft essenziell sind (Parade-Beispiel Halbleiter), dann müssen hier aus strategischen Gründen Kapazitäten aufgebaut werden (daher zum Beispiel EU Chips Act). 

Klare Budgetpfade und Planungssicherheit für die Forschung in Österreich

Exzellente Forschung und deren erfolgreiche Verwertung sind die Grundlage für wirtschaftliches Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit: In Zeiten der Krise ist eine langfristig stabile und finanziell abgesicherte Forschungsförderung von größter Bedeutung, um weiterhin die technologische Konkurrenzfähigkeit der Unternehmen sowohl kurz- als auch langfristig sicher zu stellen und den Wirtschaftsstandort Österreich weiterzuentwickeln. Ein wesentlicher Punkt ist die konsequente Umsetzung der Ziele der FTI-Strategie 2030 – vor allem durch den 3. FTI-Pakt (2027-2029) mit einem signifikanten budgetären Wachstum – wie bei den ersten beiden Pakten. Gleichzeitig ist die langfristige Planungssicherheit für die Forschung in Österreich auch in einer aktualisierten „Österreichischen Sicherheitsstrategie“ zu berücksichtigen. Unmittelbar stehen dabei auch die Verstetigung und Erhöhung des Fonds Zukunft Österreich, der derzeit 2025 ausläuft auf zumindest 200 Mio. € jährlich an, sowie eine Verstetigung der Transformationsoffensive, der Exzellenzinitiative sowie die Inflationsanpassung und weitere Steigerung der Budgets der Forschungsförderungsinstitutionen. Das Vorstoßen zu den Innovation Leaders in Europa ist mit großen Anstrengungen möglich. Eine Steigerung der Forschungsquote auf 4% des BIP und somit eine Steigerung der Forschungsförderung auf mehr als eine Milliarde Euro p.a. in den kommenden Jahren ist dafür unbedingt erforderlich.  

Förderung der Forschung in der ganzen Innovationskette

Themenoffene Grundlagenforschung ist essenziell für Innovation – nur dort werden die grundlegend neuen Ideen geboren, wie auch die Beispiele der beiden vom FWF umfangreich geförderten Nobelpreisträger Anton Zeilinger und Ferenc Krausz zeigen. Erfreulicherweise wächst der Grundlagenforschungssektor auch in Österreich. Die Daten der OECD zeigen, dass Österreich 2021 hinter Schweiz und Südkorea auf Platz 3 liegt hinsichtlich des Anteils der Grundlagenforschungsfinanzierung gemessen am BIP. Innovation Leaders wie etwa die Schweiz investieren dennoch einen deutlich höheren Anteil der Forschungsmittel in den Grundlagenbereich. Zuletzt ist noch zu betonen, dass für ein relativ kleines Land wie Österreich die internationale Kooperation absolut essenziell für erfolgreiche Spitzenforschung ist. Gestärkt werden muss dabei nicht nur die Grundlagenforschung, die langfristige positive Auswirkungen auf die Innovationskraft in Österreich hat, sondern auch die anwendungsorientierte Grundlagenforschung und angewandte Forschung und Entwicklung, deren Ergebnisse rascher in Produkte und Verfahren umgesetzt werden können. Um die innovativsten Unternehmen in Österreich zu unterstützen, braucht es neben thematisch orientierten Programmen und strategischen Schwerpunkten vor allem ausreichend Mittel für thematisch völlig frei bottom-up definierte Forschungsprojekte, wie sie der FWF, die FFG und die CDG fördern. Eine enge Verschränkung von Unternehmen und Wissenschaft im Forschungsprozess ist für die Innovationskraft des Wirtschaftsstandortes Österreich von größter Bedeutung. Um Ergebnisse der Grundlagenforschung industriell umsetzen bzw. gesellschaftlich nutzen zu können, braucht man einen sehr langen Atem und umfangreiche weitere Forschungsaktivitäten im Bereich der angewandten Forschung. Deshalb ist es sehr wichtig, dass sämtliche Aspekte entlang der Innovationskette sowie die Förderung von Spin-offs – von der wissenschaftlichen Idee, der Spitzenpublikation bzw. dem ersten funktionierenden Prototyp bis hin zu industriellen Großdemonstratoren und zur kommerziellen Innovation – abgedeckt und ausreichend finanziell unterstützt werden. Innovationen bedeuten auch Neuland zu betreten und Risiko einzugehen und das in allen Bereichen der Innovationskette, insbesondere auch bei der zeit- und kostenintensiven Erhöhung des TRL (Technology Readiness Level). Dies wiederum erfordert langfristige stabile Budgets und die Bereitschaft von erhöhten Investitionen in Stärkefelder und Schlüsseltechnologien. Unternehmen müssen besser darin unterstützt werden, mehr im Hochtechnologiesektor agieren zu können wie auch F&E-Erkenntnisse besser in den Markt überzuführen. Dabei braucht es in Österreich beides – die direkte und die indirekte Forschungsförderung. Die Forschungsprämie sollte als wesentlicher Beitrag zur industriellen Standortqualität unbedingt aufrechterhalten bleiben. Forschungsergebnisse sollen einer optimalen Verwertung durch Stärkung des Wissenstransfers, insbesondere Steigerung der Anzahl von Spin-offs durch entsprechende Förderprogramme und Rahmenbedingungen zugeführt werden. 

Stärkung der Synergien auf nationaler und EU-Ebene

Die strikte Trennung zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung verhindert eine bessere Durchlässigkeit und hemmt somit das Innovationspotenzial. Diese Trennung ist nicht sinnvoll und widerspricht den tatsächlichen Gegebenheiten in der Forschung, da wissenschaftliche Erkenntnisse und Innovationen oft aus einer Wechselwirkung beider Forschungsbereiche entstehen. Dieses Problem besteht sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene. 

Daneben könnte ein Modell zur Ko-Finanzierung, wie beispielsweise die nationale Förderung von ERC-Projekten oder Projekte der industriellen Wettbewerbsfähigkeit, die als förderwürdig eingestuft wurden, aber aus budgetären Gründen keine EU-Förderung erhalten, ein Instrument zum effektiveren Mitteleinsatz sein. Dadurch würden exzellente Forschungsprojekte ermöglicht und gleichzeitig deutliche Ressourceneinsparungen erzielt – sowohl bei den Antragstellenden als auch bei den Reviewern und Förderorganisationen. 

Wettbewerb um die besten Köpfe

International herrscht ein starker Wettbewerb um die besten Köpfe – daher muss man in Österreich die besten Rahmenbedingungen dafür bieten. Dies umfasst einerseits eine gezielte Talenteförderung, insbesondere im MINT-Bereich, und andererseits das Anziehen internationaler Talente. Dafür sind eine stärkere Internationalisierung sowie eine offene Kultur erforderlich. Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses hat höchste Priorität. Attraktive Karrieremöglichkeiten sind eine Grundvoraussetzung, um die besten Köpfe im Land zu halten, bzw. viele begabte Köpfe aus aller Welt nach Österreich zu ziehen. Eine fast track Rot-Weiss-Rot-Karte für Wissenschaft und Forschung ist dabei umzusetzen. Zusätzlich spielt die Willkommenskultur eine entscheidende Rolle im Wettbewerb um die besten Köpfe. Um Spitzenforscher aus aller Welt anzuziehen und zu halten, sind attraktive Rahmenbedingungen für die Forschung unerlässlich. Dies umfasst nicht nur finanzielle Anreize und hervorragende Infrastrukturen, sondern auch ein unterstützendes Umfeld, das die berufliche und persönliche Integration der Forscher und ihrer Familien fördert (englischsprachige Schulen, Angebot von Gratis-Deutschkursen). Für die Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen bedeutet dies, sich laufend strukturell anzupassen, um im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe Stand zu halten.  

Gesellschaftliche Grundlagen für das Gelingen einer forschungsbasierten Wissensgesellschaft

Für das Gelingen einer forschungsbasierten Wissensgesellschaft sind auch Beiträge der Geistes- und Sozialwissenschaften unverzichtbar. In einer geopolitischen Zeitenwende können sie zur Stärkung des Vertrauens in Wissenschaft und Demokratie entscheidend beitragen. Politisch muss dies durch ein weiterführendes Maßnahmenpaket für Forschung in diesem Bereich sowie ein fundiertes Bekenntnis zur Freiheit der Wissenschaft und Forschung unterstützt werden.

(Das Positionspapier der ÖFG zum Download finden Sie hier.)


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