Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen und Schuldenberatung des FSW warnen vor Risiko bei Sportwetten

„Sportwetten weisen im Vergleich zu anderen Glücksspielen ein erhöhtes Suchtpotential auf.“, warnt der Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien, Ewald Lochner. Das liege an der Kontrollillusion und der damit einhergehenden Selbstüberschätzung in Bezug auf das eigene Wissen, d.h. dass Spielende der Illusion erliegen, mit dem eigenen Wissen den Ausgang der Wette beeinflussen zu können.  Weiters spielen der Versuch, verlorenes Geld wieder zurückzugewinnen und die hohe Spielfrequenz, wie sie vor allem bei online Sportwetten möglich ist, eine wichtige Rolle.

Während in anderen Ländern Sportwetten, die durch Ereignisse wie die Fußball Europameisterschaft ein zusätzliches Hoch erleben, als Glücksspiel gelten, sind sie in Österreich als Geschicklichkeitsspiel eingestuft. Damit verbunden sind geringere Steuerzahlpflichten für Betreibende, keine Werbeverbote und eine Verharmlosung der Risiken. Laut Berechnungen von Forschungsinstituten entgingen dem Staat so etwa allein im Jahr 2023 fast 100 Millionen Euro.

 

„Durch die Digitalisierung ist das Wetten zeit- und ortsunabhängig möglich und besonders im Rahmen von Sportereignissen überall sichtbar. Die Anreize zu wetten sind oft groß, z.B. durch Goodies oder leichte Anfangsgewinne. Ein Einstieg in das Wetten geschieht also oft sehr schnell und wird nicht immer hinterfragt.“, beschreibt Gudrun Steinmann, Leiterin der Finanzbildung in der Schuldenberatung des Fonds Soziales Wien (FSW), die Risiken des Sportwettens. Und weiter: „In der Schuldenberatung sehen wir, dass vor allem Online-Bezahlungen rasch getätigt werden, weil der 'Trennungsschmerz', anders als bei Bargeld, nicht gegeben ist.“ 

Es gehe nicht darum, Sportwetten zu verbieten, vielmehr ist es wichtig, in der Gesellschaft für die Risiken zu sensibilisieren. „Die Entwicklung von Risikokompetenz, also ein Gefühl dafür zu haben, wann das eigene Verhalten oder das der Familienmitglieder oder Freunde bedenklich ist, ist eine gute Grundlage. Ebenso wie die Sensibilität für die versteckten Gefahren und möglichen finanziellen und psychosozialen Auswirkungen des Wettens.“, betonen Lochner und Steinmann. Immerhin fast 25 Prozent sportwettender Menschen haben ein problematisches Spielverhalten. Besonders gefährdet sind junge, männliche Personen und Menschen, die selbst in Sportvereinen aktiv sind. Letzteres liegt vor allem an der Themenaffinität und der Gruppendynamik.

„Wenn man die Kontrolle über das eigene Spielverhalten verliert, keine längeren Wettpausen mehr einlegen kann oder negative Konsequenzen für sich oder das Umfeld zu befürchten sind, sollte man dringend Unterstützung aufsuchen. Neben spezialisierten ambulanten und stationären Einrichtungen besteht die Möglichkeit, niederschwellig das online Tool genuggespielt.at zu nutzen, um das eigene Verhalten zu hinterfragen und wenn notwendig Maßnahmen zu setzen.“, so Lochner. „Denn Verhaltenssüchte sind mit stoffgebundenen Süchten durchaus vergleichbar. In der Therapie gehe es darum, sein eigenes Verhalten zu hinterfragen, den Trigger zu finden und Verhaltensveränderungen anzustreben.“, ergänzt Lochner.

Auch die FSW Schuldenberatung sieht gerade bei jungen Menschen eine steigende Tendenz zu Sportwetten und damit einhergehend finanzielle Risiken. „Werbung spielt in diesem Zusammenhang eine große Rolle, aber auch der Gruppendruck.“, so Steinmann. Als Alarmsignale sieht sie die Überziehung des Kontos an oder wenn Geld im Bekanntenkreis ausgeborgt werden muss, um Wetten zu platzieren oder Schulden zurückzuzahlen oder sogar Kredite dafür aufgenommen werden. „Prävention bereits im jungen Alter ist hier entscheidend. Außerdem plädieren wir auch zu einer verstärkten Sensibilität im Familien- und Freundeskreis. Denn Wettschulden können einen Teufelskreis auslösen, der zur individuellen Katastrophe führen kann. Wetter*innen empfinden oft eine große Scham, wenn die Schulden steigen. Man sollte aber nicht erst Hilfe holen, wenn nichts mehr geht. Denn je früher jemand Hilfe sucht, desto besser kann geholfen werden.“, sagt Steinmann.

Die Deklaration von Sportwetten als Glücksspiel, wie es in allen anderen EU-Staaten der Fall ist, halten Lochner und Steinmann für dringend geboten. „Einerseits könnten dadurch zusätzliche Steuereinnahmen lukriert und sinnvoll eingesetzt werden, andererseits wäre damit ein Werbeverbot verknüpft, was auch den Spieler*innenschutz erhöht. Auf EU Ebene sollte es auch rasch zu einer Regelung in Bezug auf online Sportwetten kommen.“, fordert Lochner.

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