Studierende können künftig neben ihrem Studium mehr Geld verdienen. Die jährliche Zuverdienstgrenze wurde angehoben und wird künftig jährlich an die Inflation angepasst. Dies wurde in der heutigen Nationalratssitzung einstimmig beschlossen.
Aus Homeoffice wird Telearbeit: Künftig ist es außerdem möglich ortsungebunden – also auch außerhalb der Wohnung – zu arbeiten, wenn sich Arbeitgeber:in und Arbeitnehmer:in darüber einig sind. Die Abgeordneten stimmten der neuen Regelung unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrages mehrheitlich zu.
Außerdem wurden eine Ausweitung der Anwendbarkeit der Urlaubsregelung des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes (BUAG) unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrages sowie eine Klarstellungen im Zusammenhang mit Gastverträgen an Theatern mehrheitlich angenommen. Ein von der SPÖ eingebrachter Entschließungsantrag hinsichtlich einer Verbesserung der rechtlichen Ansprüche von Einsatzkräften und Betroffenen nach Unwetterkatastrophen fand keine Mehrheit.
Einstimmig fiel die Abstimmung über die Ratifikation des Übereinkommens 190 der International Labour Organization (ILO) zur Beseitigung von Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz aus.
Erhöhung der Zuverdienstgrenze bei Familien- und Studienbeihilfe
Nach den bisher geltenden gesetzlichen Bestimmungen verlieren Studierende nach Erreichen des 20. Lebensjahrs den Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie mehr als 15.000 € jährlich dazuverdienen. Gleichzeitig wird eine etwaige Studienbeihilfe gekürzt. Student:innen, deren Einkommen knapp an der Einkommensgrenze liegt, sind daher gezwungen, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, wenn ihr Gehalt steigt. Um das zu vermeiden, wurde heute einstimmig beschlossen die Zuverdienstgrenze sowohl im Familienlastenausgleichsgesetz als auch im Studienförderungsgesetz ab 2025 jährlich an die Inflation anzupassen. Gleichzeitig soll die Grenze für das heurige Jahr – rückwirkend mit 1. Jänner 2024 – von 15.000 € auf 16.455 € angehoben werden. Das entspricht einem Plus von 9,7 %.
Leistung müsse sich lohnen, daher sollten arbeitende Studierende nicht mit dem Entzug der Studienbeihilfe „bestraft“ werden, betonte Bettina Zopf (ÖVP).
Die jährliche automatische Anpassung der Zuverdienstgrenze an die Inflation sei wichtig, da das Leben von Studierenden oft nicht unbeschwert sei. Für viele gebe es einen täglichen Kampf, um finanziell über die Runden kommen zu können, sagte Barbara Neßler (Grüne).
Die Regelung sei „sehr sinnvoll“, doch es bräuchte mehr, meinte Andrea Kuntzl (SPÖ) und forderte höhere und längere Unterstützung für Studierende sowie mehr Toleranzsemester.
Seine Fraktion unterstütze die automatische Anpassung der Zuverdienstgrenze ebenfalls, die Regelung hätte aber schon viel früher kommen können, meinte Michael Bernhard (NEOS). Die Regierung bringe hier eine „einfache Maßnahme“ erst am „letzten Drücker“ auf den Boden, kritisiert er.
Ortsungebunden arbeiten: Homeoffice wird Telearbeit
Das Arbeiten im Homeoffice wurde während der Corona-Pandemie gesetzlich geregelt. Eine Evaluierung hat gezeigt, dass eine Ausweitung notwendig ist – und zwar auf ortsungebundene Telearbeit auch außerhalb der Wohnung. Mehrheitlich angenommen – ohne die Stimmen der SPÖ – unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrages wurde dazu heute ein Gesetz zur Schaffung der arbeits- und sozialrechtlichen Rahmenbedingungen für Telearbeit.
Laut Definition im Gesetz liegt Telearbeit dann vor, wenn Arbeitnehmer:innen regelmäßig Arbeitsleistungen unter Einsatz von Kommunikationstechnologie entweder in ihrer Wohnung oder an einem anderen, selbst gewählten Ort außerhalb des Unternehmens erbringen. Möglich wird damit also auch das Arbeiten in der Wohnung von Angehörigen, in Coworking-Spaces oder an anderen Orten wie Cafés. Telearbeit sowie die jeweiligen Orte müssen in einer Telearbeitsvereinbarung schriftlich vereinbart werden. Es braucht das Einvernehmen zwischen Arbeitnehmer:in und Arbeitgeber:in.
Beim Unfallversicherungsschutz werden unterschiedliche Regelungen je nach Örtlichkeit gelten. So soll bei „Telearbeit im engeren Sinn“ – also in der eigenen Wohnung, bei Angehörigen oder in Coworking-Spaces – auch der Arbeitsweg unfallversicherungsrechtlich geschützt werden. Voraussetzung ist aber, dass der Wohnort der Angehörigen oder der Coworking-Space „in der Nähe“ der eigenen Wohnung oder der Arbeitsstätte liegt bzw. die Entfernung dem üblichen Arbeitsweg entspricht. Bei „Telearbeit im weiteren Sinn“ – also an allen anderen Orten – soll es keinen Wegeschutz geben. Zwar sind die Personen dann während der Verrichtung der Arbeit vor Ort im Falle eines Arbeitsunfalls versicherungsrechtlich geschützt. Am Weg etwa zum Park, ins Café oder auch in ein Hotel besteht aber kein Schutz der Unfallversicherung.
Der von Laurenz Pöttinger (ÖVP) eingebrachte Abänderungsantrag enthält eine weitere Klarstellung, wann Telearbeit vorliegt. Diese darf nicht in einer zum Unternehmen des Arbeitgebers gehörenden Örtlichkeit stattfinden. Damit soll jedenfalls nicht möglich sein, ein Tätigwerden in einer anderen Filiale oder Zweigstelle der Arbeitgeber:in als Telearbeit zu qualifizieren.
Ihre Fraktion stimme dieser Änderung zu, da sie Verbesserungen für die Arbeitnehmer:innen bringen, sagte Dagmar Belakowitsch (FPÖ) und kritisierte, dass Arbeitsminister Martin Kocher nicht bei der Debatte in der Nationalratssitzung anwesend war, obwohl unter anderem im Hinblick auf die hohe Arbeitslosenquote „viel zu tun wäre in dieser Republik“.
Gerald Loacker (NEOS) begrüßte das Gesetz, kritisierte aber, dass es wenig verständlich geschrieben sei und in der Praxis hundert Fragen zur Definition von Telearbeit im „engeren und weiteren Sinn“ aufwerfen werde.
Aus drei Gründen stimme ihre Fraktion dem Gesetz nicht zu, legte Verena Nussbaum (SPÖ) dar. Denn erstens gebe es immer noch keinen Rechtsanspruch auf Telearbeit und zweitens werde erstmals der Unfallversicherungsschutz geteilt – durch die unterschiedlichen Bestimmungen für Telearbeit im engeren und weiteren Sinne. Drittens seien bei Telearbeit im weiteren Sinne auch Wege zum Arzt, zum Lebensmittelgeschäft oder bei Lokalbesuchen in der Mittagspause nicht unter dem Versicherungsschutz gestellt. Das sei aus Sicht der SPÖ klar abzulehnen, da dies eine klare Verschlechterung für Arbeitnehmer:innen sei.
Novelle zum Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz
Ohne die Stimmen der NEOS mehrheitlich angenommen unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrages wurde eine Novellierung des Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetzes. Ziel dieser Novellierung sei es, einen Gleichklang zwischen Stammbelegschaft und überlassenen Arbeitskräften zu gewährleisten. Bestimmungen des Gesetzes sollen künftig dann auf überlassene Arbeitskräfte Anwendung finden, wenn auch der Betrieb, dem sie überlassen wurden, in den Geltungsbereich des Gesetzes fällt. Bisher wurde auf die Anwendbarkeit der Urlaubsregelung des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes (BUAG) für die betreffenden Beschäftigten abgestellt. Die Regierung reagierte damit auf ein Urteil des Verfassungsgerichtshofs. Die geltende Rechtslage hat dazu geführt, dass überlassene Arbeitnehmer:innen in einem Stuckateur- oder einem Trockenausbaubetrieb vom Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz umfasst sind, Stammkräfte dieser Betriebe allerdings nicht.
Mit dem von Josef Muchitsch (SPÖ) eingebrachten Abänderungsantrag wurden auch Spenglerbetriebe mit Ausnahme der Lüftungs- und Galanteriespenglerbetriebe in den Geltungsbereich des BUAG aufgenommen. Zudem brachte Muchitsch mit Verweis auf die zunehmende Zahl an Unwetterkatastrophen einen Entschließungsantrag ein. Mit diesem forderte er die Schaffung eines Rechtsanspruchs auf Freistellung und Entgeltfortzahlung für im Katastrophenschutzeinsatz stehende Einsatzkräfte. Eine pauschale Abgeltung etwaiger Verdienstausfälle aus selbständiger Tätigkeit für im Einsatz befindliche ehrenamtliche Einsatzkräfte sowie einen Schadensbeseitigungs-Urlaubsanspruch für Menschen, die von Katastrophen betroffen sind. Der Entschließungsantrag blieb mit den Stimmen von SPÖ und FPÖ in der Minderheit und wurde damit abgelehnt.
Gerald Loacker (NEOS) kritisierte die Komplexität der in der Novelle enthaltenen Regelungen und die Aufnahme neuer Berufsgruppen in das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG). Dies werde zusätzliche Kosten verursachen, welche die Betriebe an ihre Kund:innen weitergeben würden, meinte er.
Klarstellungen und Neuregelungen für Gastverträge an Theatern
Mit einer mehrheitlich angenommenen Änderung des Theaterarbeitsgesetz werden Klarstellungen im Zusammenhang mit Gastverträgen an Theatern getroffen. Keine Zustimmung dazu gab es von der SPÖ.
Der Begriff des Gastes am Theater wird durch die Gesetzesänderung präziser definiert. Damit ein Gastvertrag vorliegt, muss die betroffene Person als Grundvoraussetzung bei konkreten Aufführungen mitwirken, wird textlich klargestellt. Dabei wird unterschieden zwischen einem Gast vom Typ I und einem Gast vom Typ II. Ersterer wirkt bei nicht mehr als fünf Aufführungen pro Spieljahr mit. Ein Gast vom Typ II ist zur Mitwirkung an mehr als fünf, aber maximal 60 Aufführungen verpflichtet, und verdient dafür mehr als den Durchschnittsbezug der Ensemblemitglieder. Die Berechnung dieses Durchschnittsbezugs wird mit der Novelle geregelt. Außerdem soll auch für Bühnenunternehmen, die kein fixes Ensemble haben, eine Entgeltgrenze für den Begriff des Gastes geschaffen werden.
Soziale Absicherung von Künstler:innen komme mit dieser Novelle leider zu kurz und sei immer noch nicht gewährleistet, daher stimme ihre Fraktion dieser Änderung nicht zu, sagte Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ).
Die Frage, was als Theaterunternehmen zu definieren sei, sei komplex und spezifisch, betonte Eva Blimlinger (Grüne). Im Hinblick auf eine zunehmende Zahl an Sommerfestspielen und Events mit Theatercharakter unterschiede man daher nun mit dieser Gesetzesnovelle Gastverträge von Typ I und Typ II.
Gerald Loacker (NEOS) kritisierte, dass man mit derartigen Regelungen erkläre „wer Angestellter zu sein habe“. Doch wer selbstständig sein möchte, sollte dies auch sein dürfen, meinte er.
Beseitigung von Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz
Nachdem der Nationalrat es im vergangenen Plenum einstimmig gefordert hatte, wurde heute ein internationales Übereinkommen über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz sowie eine zugehörige Empfehlung der Internationalen Arbeitsorganisation ratifiziert. Das Übereinkommen 190 der International Labour Organization (ILO) verlangt ein gesetzliches Verbot von Gewalt und Belästigung, eine Strategie zur Verhinderung, Sanktionen sowie Mechanismen zur Durchsetzung und Überwachung. Eine Gegenüberstellung mit der österreichischen Rechtslage habe gezeigt, dass es auf nationaler Ebene keine Anpassungen braucht, heißt es in den Erläuterungen. Gewalt und Belästigung sind in Österreich durch zahlreiche Bestimmungen im Strafgesetzbuch verboten.
Jeder Übergriff am Arbeitsplatz sei einer zu viel. Ziel sei es Übergriffe zu vermeiden, man lege daher einen Fokus auf Prävention, sagte Bettina Zopf (ÖVP).
Österreich habe die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ratifizierung des Übereinkommens längst erfüllt, daher sei der heutige Beschluss ein „wichtiger symbolischer Akt“, sagte Petra Bayr (SPÖ). Zudem wären weitere Schritte insbesondere für Frauen in systemrelevanten Berufen noch wichtig, im Hinblick auf Bezahlung, Wertschätzung und Zeitautonomie.
Ihre Fraktion stimme der Ratifizierung zu, doch die Bedeutung dieses Antrags sei äußert bescheiden, da sich durch diesen Beschluss „rein gar nichts“ ändern werde, meinte Rosa Ecker (FPÖ).
Jede Form von Gewalt, Belästigung und Druckausübung müsse verunmöglicht werden. Dies sei frauenpolitisch wichtig, sagte Meri Disoski (Grüne). (Fortsetzung Nationalrat) bea
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