Der Nationalrat hat in seiner heutigen Sitzung auch verschiedene Verbesserungen für Menschen mit Behinderung beschlossen. So werden etwa die Behindertenanwaltschaft und der Bundesbehindertenbeirat gestärkt und der Österreichische Behindertenrat mit jährlich 870.000 € abgesichert. Unternehmen mit mehr als 400 Mitarbeiter:innen müssen künftig einen bzw. eine Barrierefreiheitsbeauftragte einrichten. Bei der Beantragung eines Behindertenpasses wird es in Bezug auf die Beibringung eines Fotos bürokratische Erleichterungen geben. Der Beschluss fiel – unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrags – einstimmig, auch eine Änderung des Verbrechensopfergesetz erhielt die Zustimmung aller Fraktionen.
Keine Mehrheit fand hingegen ein Abänderungsantrag der NEOS zum Bundesbehindertengesetz. Abgeordnete Fiona Fiedler hatte sich dafür ausgesprochen, Menschen mit Behinderung bereits ab einem Behinderungsgrad von 50 Prozent Vergünstigungen für öffentliche Verkehrsmittel zu gewähren. Derzeit liegt die Schwelle bei 70 Prozent.
Verbesserungen für Menschen mit Behinderung
Die Abgeordneten nutzten die Novelle zum Bundesbehindertengesetz und zum Behinderteneinstellungsgesetz auch dazu, um eine Bilanz der Behindertenpolitik in der vergangenen Legislaturperiode zu ziehen. So zeigte sich etwa Bedrana Ribo (Grüne) darüber erfreut, dass der Bund 50 Mio. € für Pilotprojekte zur Verfügung stelle, damit Menschen von Behindertenwerkstätten in den ersten Arbeitsmarkt wechseln können. Zudem wies sie auf erreichte Verbesserungen in Bezug auf die Feststellung der Arbeitsfähigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit von Menschen mit Behinderung und deutliche Verbesserungen bei der Barrierefreiheit von Wahllokalen hin.
Was die vorliegende Gesetzesnovelle betrifft, hob Ribo unter anderem die Stärkung des Behindertenrates als Interessenvertretung von Menschen mit Behinderung hervor. Dieser werde gesetzlich verankert und erhalte ein fixes Budget. Auch dass die Behindertenanwaltschaft künftig in den Ländern Regionalstellen einrichten könne, bewerteten sie und Kira Grünberg (ÖVP) positiv. Laut Grünberg sind derartige Regionalstellen in Salzburg und Graz geplant.
Mit dem von Ribo eingebrachten und bei der Abstimmung mitberücksichtigten Abänderungsantrag werden unter anderem technische Änderungen vorgenommen. Außerdem wird laut Ribo dafür Sorge getragen, dass integrative Betriebe leichter zu Förderungen kommen.
Mehr Befugnisse für die Behindertenanwaltschaft
Grünberg und SPÖ-Abgeordnete Verena Nussbaum begrüßten darüber hinaus ausdrücklich die zusätzlichen Befugnisse für die Behindertenanwältin bzw. den Behindertenanwalt. Diese:r könne künftig im Zuge von Verfahren Arbeitgeber auffordern, Stellungnahmen abzugeben und Unterlagen vorzulegen, betonte Nussbaum. Auch dass in Hinkunft alle Ressorts im Bundesbehindertenbeirat vertreten sein werden und dieser die gesamte Regierung beraten wird, werteten Grünberg und Nussbaum als positiv. In dieser Legislaturperiode habe man viele Meilensteine für Menschen mit Behinderung gesetzt, hob Grünberg hervor.
Die Opposition sieht allerdings noch einige Lücken. So vermisst Nussbaum die Einrichtung eines Inklusionsfonds sowie die volle sozialversicherungsrechtliche Absicherung von Menschen in Behindertenwerkstätten samt fairer Bezahlung. „Lohn statt Taschengeld“ sei noch längst nicht umgesetzt, kritisierten auch Christian Ragger (FPÖ) und Fiona Fiedler (NEOS). Zwar würden verstärkt Maßnahmen gesetzt, um Menschen mit Behinderung in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen, Menschen die in Behindertenwerkstätten bleiben, würden aber weiterhin nur Taschengeld erhalten, bemängelte Fiedler.
Erfreut zeigte sich Fiedler darüber, dass in das vorliegende Paket auch einige alte Forderungen der NEOS aufgenommen wurden, etwa was den Zugriff auf in anderen Datenbanken vorhandene Fotos bei der Ausstellung des Behindertenpasses, die Einrichtung von Regionalbüros der Behindertenanwaltschaft und sprachliche Anpassungen der Gesetze betrifft. Mit dem von ihr eingebrachten Abänderungsantrag betreffend Vergünstigungen für öffentliche Verkehrsmittel konnte sie sich jedoch nicht durchsetzen.
Mit dem Beschluss gelten auch eine gemeinsame Gesetzesinitiative der drei Oppositionsparteien zur Stärkung der Behindertenanwaltschaft und ein Entschließungsantrag der NEOS betreffend die sprachliche Anpassung von Sozialgesetzen als miterledigt.
Leistungen für Verbrechensopfer
Mit einer weiteren einstimmig beschlossenen Gesetzesnovelle werden die Staatsanwaltschaften und Gerichte verpflichtet, dem Sozialministeriumservice auf dessen Ersuchen bestimmte Daten über Verbrechensopfer sowie weitere Informationen zur mutmaßlichen Straftat zu übermitteln, die für eine Beurteilung geltend gemachter Ansprüche nach dem Verbrechensopfergesetz benötigt werden. Ziel ist eine Verfahrensbeschleunigung, um allenfalls bereits vor Abschluss des Strafverfahrens eine Entscheidung treffen zu können. Außerdem werden im Kriegsopferversorgungsgesetz und im Impfschadengesetz Klarstellungen in Bezug auf die Übernahme der Kosten von nichtamtlichen Sachverständigen getroffen. Das wurde ausdrücklich auch von SPÖ-Abgeordnetem Alois Stöger begrüßt. (Fortsetzung Nationalrat) gs
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