Parlament: TOP im Nationalrat am 3. Juli 2024

Wien (PK)- Über beinahe 60 Gesetzesvorhaben wird der Nationalrat in seiner letzten Plenarwoche vor dem Sommer beraten. Zum Auftakt am Mittwoch stehen insbesondere Gesetzesvorlagen aus den Bereichen Finanzen, Verfassung und Inneres auf der Tagesordnung. Zudem werden sich die Abgeordneten mit den Abschlussberichten des COFAG-Untersuchungsausschusses und des Rot-Blauen Machtmissbrauch-Untersuchungsausschusses befassen. Auch ein Digitalisierungspaket für den Schulbereich und das Hochwasserschutzprojekt Rhesi stehen zur Diskussion.

Konkret geht es etwa um ein 920 Mio. € schweres Gemeindepaket, die Auflösung der COFAG, mehr Geld für die Feuerwehren, die Befreiung von Lebensmittelspenden von der Umsatzsteuer und Maßnahmen zur Betrugsbekämpfung im Zusammenhang mit Scheinfirmen. Zudem soll für VfGH-Richter:innen eine Cooling-Off-Phase von drei Jahren eingeführt und in Umsetzung einer EU-Richtlinie die Cybersicherheit von systemrelevanten Unternehmen und Institutionen erhöht werden. Aufgrund eines VfGH-Urteils sind die gesetzlichen Grundlagen für die Rechtsberatung von Asylwerber:innen zu adaptieren. Im Schulbereich sind unter anderem die Einführung eines elektronischen Schüler:innenausweises und die digitale Bereitstellung von Abschlusszeugnissen geplant.

Aktuelle Stunde

Die Sitzung startet um 9.00 Uhr mit einer Aktuellen Stunde, in der die Grünen über das Thema „Hitze, Unwetter und Klimakrise gefährden unsere Gesundheit – aktiver Klimaschutz schützt die Bevölkerung“ diskutieren wollen.

Umsetzungsbericht zu den UN-Nachhaltigkeitszielen

Nach der Aktuellen Stunde wird sich das Plenum aller Voraussicht nach mit dem zweiten Nationalen Bericht zur Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) im Rahmen der „Agenda 2030“ und zwei Verfassungsnovellen befassen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Verfassungsausschuss seine Vorberatungen darüber zeitgerecht abschließt. Er wird am 2. Juli zusammentreten.

Gemäß dem von Verfassungsministerin Karoline Edtstadler vorgelegten Bericht belegt Österreich unter 166 bewerteten UNO-Mitgliedern den 5. Platz bei der Umsetzung der Agenda 2030. Durch die Einbindung der Wissenschaft seien 950 konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der SDGs in Österreich entwickelt worden. Vermehrte Anstrengungen brauche es aber bei der Nachhaltigkeit in Konsum und Produktion, beim Schutz von Ökosystemen sowie bei der Bekämpfung des Klimawandels und seinen Folgen. Bereits umgesetzt wurden in Österreich dem Bericht zufolge die SDG-Ziele „Keine Armut“ und „Bezahlbare und saubere Energie“.

Raumordnungsverträge

Um Ländern die Einhebung von Leerstands- und Zweitwohnsitzabgaben zu erleichtern, hat der Nationalrat vor kurzem eine Verfassungsnovelle beschlossen. Nun wollen ÖVP und Grüne in Bezug auf die Raumordnung an einer weiteren verfassungsrechtlichen Schraube drehen. Um Rechtssicherheit zu schaffen, sollen die Länder ausdrücklich dazu ermächtigt werden, in Angelegenheiten der Raumplanung landesgesetzliche Bestimmungen zu beschließen. Diese sollen eine Koppelung von Flächenwidmungen und ähnlichen hoheitlichen Handlungen mit privatrechtlichen Vereinbarungen vorsehen. Dabei geht es beispielsweise darum, eine Umwidmung in Bauland mit bestimmten Auflagen wie der Errichtung eines Radwegs zu verknüpfen.

Ob und inwieweit das Vorhaben in der vorgeschlagenen Form umgesetzt wird, ist angesichts der noch ausstehenden Beratungen des Verfassungsausschusses allerdings offen. Der Gesetzesantrag wurde einer mehrwöchigen Begutachtung unterzogen und könnte noch abgeändert werden. Außerdem bedarf er im Nationalrat einer Zweidrittelmehrheit und damit der Zustimmung entweder der SPÖ oder der FPÖ, wobei sich die FPÖ bei einer ersten Ausschussdebatte im April „schockiert“ über das Vorhaben geäußert hatte. Sie sprach von einem „Einfallstor für politische Willkür“ und befürchtet ein Abwälzen von Infrastrukturkosten auf die Mieter:innen.

Cooling-off-Phase für VfGH-Richter:innen

Gleichfalls nur mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden könnte ein weiterer von den Koalitionsparteien vorgeschlagener Gesetzentwurf, der unter anderem eine Ausweitung der Unvereinbarkeitsbestimmungen für VfGH-Richter:innen vorsieht. Demnach soll künftig auch für einfache Verfassungsrichter:innen eine „Cooling-off-Phase“ eingeführt werden. Das bedeutet, dass zwischen der Ausübung bestimmter Ämter und Funktionen und einer Ernennung zum VfGH-Mitglied eine Zeitspanne von mindestens drei Jahren liegen muss. Das betrifft etwa Regierungsmitglieder, Abgeordnete und Funktionäre einer politischen Partei. Eine ähnliche Regelung – diesfalls für fünf Jahre – gibt es bereits für die VfGH-Spitze, also Präsident:in und Vizepräsident:in.

Außerdem soll mit dem Gesetzespaket dem Umstand Rechnung getragen werden, dass im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) mittlerweile weit mehr als Gesetze und Verordnungen sowie amtliche Verlautbarungen des Bundes veröffentlicht werden. Konkret geht es um eine klare Zuordnung von sonstigen Rechtsvorschriften zu den einzelnen Teilen des Bundesgesetzblattes und diverse Präzisierungen. Aufgrund der ausstehenden Ausschussberatungen ist noch offen, wie die Opposition zum Gesetzesvorhaben steht.

Wohl nicht auf die Tagesordnung kommen werden zwei SPÖ-Anträge, die ebenfalls am 2. Juli im Verfassungsausschuss beraten werden. Sie haben eine Änderung des Bundesarchivgesetzes und die Schaffung von sozialen Grundrechten zum Ziel.

Anpassungen im Bundes-Personalvertretungsgesetz

Angesichts der im Herbst bevorstehenden Personalvertretungswahlen im Bundesdienst stimmte der Verfassungsausschuss einhellig für eine Änderung des Bundes-Personalvertretungsgesetzes. Damit soll es etwa Wahlberechtigten künftig möglich sein, ihre Stimme per Briefwahl abzugeben, wenn sie am Wahltag Telearbeit verrichten. Außerdem werden die Einsehbarkeit in die Wählerliste und die Bestellung von Ersatzmitgliedern für die Wahlausschüsse erleichtert. Mittels Abänderungsantrag wurden im Ausschuss noch Anpassungen aufgrund erfolgter Reorganisationen in einzelnen Ressorts vorgenommen.

Abschlussberichte beider Untersuchungsausschüsse

Sowohl vom COFAG-Untersuchungsausschuss als auch vom Rot-Blauen-Machtmissbrauch-U-Ausschuss liegen die Abschlussberichte vor. Sie bestehen aus dem auf Basis eines Entwurfs von Verfahrensrichterin Christa Edwards erstellten Ausschussbericht, den jeweiligen Fraktionsberichten und Stellungnahmen betroffener Personen und umfassen jeweils einige hundert Seiten. Die Parteien ziehen zum Teil sehr unterschiedliche Schlüsse aus der Befragung von insgesamt 28 Auskunftspersonen und dem ihnen vorliegenden umfangreichen Aktenmaterial. Die Verfahrensrichterin selbst sieht die frühere Kritik des Rechnungshofs an der COFAG-Gründung bestätigt, während ihrer Einschätzung nach eine Bevorzugung von ÖVP-nahen Milliardären nicht direkt festgestellt werden konnte. Im Bericht zum Rot-Blauen Machtmissbrauch-Untersuchungsausschuss wird unter anderem die Einsetzung eines „Russland-Untersuchungsausschusses“ zu den im Raum stehenden Spionagevorwürfen empfohlen. Mit dem Aufruf des Abschlussberichts im Nationalrat ist die Tätigkeit des jeweiligen U-Ausschusses automatisch beendet.

Hilfspaket für die Gemeinden

Um die Liquidität der 2.093 österreichischen Kommunen zu verbessern und weitere Investitionen zu ermöglichen, haben die Regierungsparteien ein neues Gemeinde-Hilfspaket im Gesamtausmaß von 920 Mio. € geschnürt, das im Finanzausschuss auch die Zustimmung von SPÖ und FPÖ erhielt. Demnach will der Bund den Gemeinden im Jänner 2025 eine Liquiditätshilfe von 300 Mio. € überwiesen. Zudem sollen 500 Mio. € für ein neues kommunales Investitionsprogramm (KIP 2025) zur Verfügung gestellt werden, wobei der von den Gemeinden zu erbringende Kofinanzierungsanteil von 50 % auf 20 % gesenkt werden soll. Die Hälfte der Mittel ist dabei für Projekte im Bereich Klimaschutz und Klimawandelanpassung reserviert. Gleichzeitig wollen ÖVP und Grüne die Antragsfrist für das laufende Investitionsprogramm um zwei Jahre bis Dezember 2026 verlängern. Weitere 120 Mio. € fließen in den nächsten Jahren in die Förderung des digitalen Übergangs, wobei die Gemeinden im Gegenzug Bürger:innen bei Behörden- und Amtswegen und digitalen Förderanträgen unterstützen sollen. Die NEOS sprachen sich im Ausschuss für strategische Änderungen anstelle von Hilfspaketen aus und stimmten daher gegen das Vorhaben.

Mitverhandelt mit dem Gesetzesantrag wird eine Novelle zum Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz, die vorerst allerdings nur redaktionelle Änderungen enthält.

Umsetzung zweier EU-Verordnungen für den Finanzsektor

Ebenfalls gemeinsam werden die Abgeordneten über zwei weitere Initiativanträge der Koalitionsparteien verhandeln, mit denen zwei den Finanzsektor betreffende EU-Verordnungen im österreichischen Recht implementiert werden sollen. Zum einen geht es dabei um den sogenannten Digital Operational Resilience Act (DORA), der darauf abzielt, ein einheitliches Cybersicherheitsniveau für den Finanzsektor in der EU sicherzustellen. Mit dem DORA-Vollzugsgesetz und begleitenden Gesetzesänderungen soll dafür Sorge getragen werden, dass die EU-Vorgaben in Österreich anwendbar sind.Gleiches gilt für die Umsetzung der EU-Verordnung über Märkte für Kryptowerte (MiCA), bei der es um die Regulierung von Krypto-Märkten geht. In beiden Fällen wird die Finanzmarktaufsicht (FMA) als zuständige Aufsichtsbehörde festgelegt und mit den erforderlichen Aufsichts- und Sanktionsbefugnissen ausgestattet. Wertpapiere und Kryptowerte sollen gleich behandelt werden, daher sei das MiCA vergleichbar mit dem Wertpapieraufsichtsgesetz ausgestaltet, hieß es dazu im Finanzausschuss. Das MiCA-Vollzugsgesetz erhielt im Finanzausschuss einhellige Zustimmung, für das DORA-Vollzugsgesetz stimmten alle Fraktionen mit Ausnahme der FPÖ.

Betriebliche Vorsorgekassen

Mit einer von ÖVP und Grünen initiierten Novelle des Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetzes soll unter anderem ein Risikomanagement für betriebliche Vorsorgekassen eingeführt werden. Zudem sollen im Gesetz klare Vorgaben für die Gewährung von Zinsgarantien sowie für Werbung verankert werden. Nach Meinung der Koalitionsparteien haben die BV-Kassen bei Zinsgarantien derzeit einen relativ weiten Gestaltungsspielraum bei gleichzeitig mangelhafter Transparenz. Neu ist zudem, dass die jährliche Kontonachricht zur Betrieblichen Mitarbeitervorsorge künftig standardmäßig elektronisch übermittelt werden soll, wobei Berechtigte auf Informationen auf Papier beharren können.

Maßnahmen gegen Scheinfirmen und Abgabenbetrug

Zwei Gesetzespakete der Regierung haben die Bekämpfung von Scheinfirmen, Scheinrechnungen und andere Formen von Abgabenbetrug zum Ziel. So ist etwa geplant, die Auftraggeberhaftung auszuweiten, Strafen zu verschärfen und die Sozialbetrugsdatenbank zu erweitern. Zudem sollen Finanzstrafverfahren beschleunigt und die Finanzstrafbehörden – etwa durch die Ausstellung vereinfachter Strafverfügungen und die Möglichkeit der Strafaufhebung – entlastet werden. Für verwendete oder erstellte Schein- und Deckungsrechnungen wird eine Geldstrafe in der Höhe von bis zu 100.000 € eingeführt. Insgesamt erwartet sich die Regierung durch das Betrugsbekämpfungsgesetz rund 60 Mio. € an zusätzlichen Abgaben. Zudem würden legal operierende Unternehmen profitieren, indem sie Aufträge erhielten, die ursprünglich kostengünstigere Scheinunternehmen bekommen hätten, wird in den Erläuterungen festgehalten. Auch von Seiten der Fraktionen wurde das Paket im Finanzausschuss einhellig begrüßt.

Mehr Geld für die Feuerwehren

Ebenfalls parteiübergreifendes Lob im Finanzausschuss erhielt eine von der Regierung vorgeschlagenen Änderung des Katastrophenfondsgesetzes. Mit der Gesetzesnovelle soll zum einen der „Garantiebetrag“, den Feuerwehren aus dem Katastrophenfonds erhalten, von 95 Mio. € auf 140 Mio. € pro Jahr erhöht werden. Andererseits sollen Betroffene von Erdsenkungen und sonstigen vertikalen Bodenbewegungen künftig ebenfalls Unterstützung aus dem Fonds bekommen. Damit erhielten Feuerwehren mehr Planungssicherheit, zeigte sich etwa die ÖVP im Ausschuss erfreut.

Internationale Hilfe

Das von der Regierung vorgelegte IFI-Beitragsgesetz sieht die Bereitstellung zusätzlicher Mittel an internationale Entwicklungsbanken vor.So ist zur weiteren Unterstützung der Ukraine geplant, das Kapital der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) um 4 Mrd. € zu erhöhen, wobei der österreichische Anteil an der Kapitalerhöhung bei knapp 92 Mio. € liegt. Auch an der Wiederauffüllung des Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung und der Kapitalerhöhung der Inter-Amerikanischen Investitionsgesellschaft (IIC) will sich Österreich – einerseits mit 18,5 Mio. €, andererseits mit 17 Mio. USD – beteiligen. Zum einen geht es dabei um die globale Bekämpfung von Hunger und Armut im ländlichen Raum und zum anderen um die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Lateinamerika und der Karibik.

Im Ausschuss stimmte nur die FPÖ gegen das Gesetz. Sie sprach sich dafür aus, das gesamte System der staatlichen Entwicklungshilfe zu überarbeiten.

Auflösung der COFAG

In Umsetzung eines Urteils des Verfassungsgerichtshofs vom Oktober 2023 ist beabsichtigt, die COVID-19-Finanzierungsagentur (COFAG) aufzulösen und die Aufgaben der Gesellschaft auf das Finanzministerium zu übertragen. In diesem Zusammenhang soll Finanzminister Magnus Brunner auch ermächtigt werden, die von der COFAG ausgestellten Garantien zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und zur Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen bis zu einer Höhe von 300 Mio. € zu übernehmen. Auch erhält er die Möglichkeit, von der Einbringung von Rückforderungen unter 1.000 € abzusehen, wenn im Einzelfall der Ressourceneinsatz und die Aufwendungen in einem Missverhältnis zu den dadurch voraussichtlich zu erlangenden Beträgen stehen. Im Ausschuss erhielten das COFAG-Neuordnungs- und Abwicklungsgesetz und die begleitenden Gesetzesänderungen die Zustimmung von ÖVP und Grünen, wobei die Grünen die Hoffnung äußerten, dass es der COFAG bis Ende Juli gelingt, möglichst alle noch offenen COVID-19-Förderanträge abzuschließen.

Abgabenänderungsgesetz 2024

Mit dem im Finanzausschuss gegen die Stimmen der SPÖ angenommenen Abgabenänderungsgesetz 2024 sollen insbesondere kleine und mittlere Unternehmen entlastet werden. So soll etwa ab 2025 eine grenzüberschreitende Steuerbefreiung für Kleinstunternehmen eingeführt werden. Zudem wird Kleinunternehmen eine vereinfachte Rechnungsausstellung unabhängig vom ausgewiesenen Rechnungsbetrag ermöglicht. Auch von der Möglichkeit, virtuelle Firmenanteile (sogenannte „phantom shares“) in Mitarbeiterbeteiligungen umzuwandeln, werden Kleinunternehmen und Start-Ups profitieren. Überdies ist vorgesehen, die antragslose Arbeitnehmerveranlagung auszuweiten, den Veranlagungsfreibetrag auch Grenzgänger:innen zu gewähren und Lebensmittelspenden ab August 2024 von der Umsatzsteuer zu befreien. Davon sollen etwa Projekte wie die „Tafel“ profitieren. Auch Verwaltungsvereinfachungen und weitere Maßnahmen gehören zum Paket.

Neubewertung landwirtschaftlicher Einheitswerte

Gemeinsam mit dem Abgabenänderungsgesetz 2024 wird ein Koalitionsantrag in Verhandlung stehen, der vorsieht, das Überprüfungsintervall der klimatischen Verhältnisse im Bereich der Bodenschätzung von 30 Jahren auf 15 Jahre zu verkürzen. Zudem soll das Verfahren zur Aktualisierung der Einheitswerte des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens für Stichtage ab 1. Jänner 2032 präzisiert werden. Hierzu werden die jeweiligen Parameter (Indizes) genauer definiert. Liegen die Durchschnittswerte sowohl beim Primär- als auch beim Sekundärindex mehr als 20 % über oder unter den bisherigen Wertverhältnissen, sollen diese angepasst werden. Die Opposition lehnte die Novelle im Finanzausschuss geschlossen ab.

70 Mio. € Förderung für Gasleitung WAG Teil-Loop

Einstimmig sprach sich der Finanzausschuss dafür aus, das Gasleitungsinfrastrukturprojekt „WAG Teil-Loop“ mit bis zu 70 Mio. € zu fördern. Durch den von der Gas Connect Austria in die Wege geleiteten Ausbau der West-Austria-Gasleitung (WAG) soll die Sicherheit der Gasversorgung in Österreich erhöht und die Abhängigkeit von russischem Gas verringert werden. Konkret ist vorgesehen, den Abschnitt zwischen Oberkappel und Bad Leonfelden um einen 40 km langen parallelen Leitungsstrang zu erweitern.

Verbesserung des Hochwasserschutzes am Rhein

Der Hochwasserschutz am Rhein soll weiter verbessert und für ein 300-jährliches Hochwasser gerüstet werden. Ziel ist eine Erhöhung des Abflusskapazität auf 4.300 m³/s durch flussbautechnische Maßnahmen. Auch die Verbesserung des ökologischen Potenzials des Rheins in der Grenzstrecke von Vorarlberg und der Schweiz soll dadurch erreicht werden. Der entsprechende Staatsvertrag zwischen Österreich und der Schweiz erhielt im Landwirtschaftsausschuss einhellige Zustimmung. Gestartet wird mit dem Bau voraussichtlich am 1. Juli 2027, die Bauzeit beträgt 20 Jahre. Die kalkulierten Gesamtkosten liegen bei ca. 2,1 Mrd. €. Die Nettokosten sollen von der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zu gleichen Teilen getragen werden.

Eine Beteiligung des Landes Vorarlberg an den für den Bund anfallenden Kosten wird in einer entsprechenden Bund-Länder-Vereinbarung geregelt, die den Ausschuss ebenfalls einstimmig passierte. Bis zum Jahr 2052 wird für den Bund von Gesamtkosten von rund 1,1 Mrd. € ausgegangen. Das Land Vorarlberg soll davon etwa ein Viertel tragen – maximal jedoch 273,7 Mio. €. Die Vereinbarung sieht vor, dass die Kostenbeteiligung des Landes in 25 gleich hohen jährlichen Teilzahlungen von rund 10,9 Mio. € geleistet wird.

Änderung des Bundesämtergesetzes

Nachgeordneten Dienststellen des Land- und Forstwirtschaftsministeriums soll es ermöglicht werden, im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit zu eröffnen. Dies soll einer stärken internationalen Vernetzung und dem Ausbau eines breiteren Kompetenzbereiches dieser Dienststellen dienen. In einem ersten Schritt sollen beim Bundesamt für Wasserwirtschaft und bei der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen solche Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit eingerichtet werden. Der Koalitionsantrag erhielt im Ausschuss die Stimmen von ÖVP und Grünen.

Umsetzung einer EU-Richtlinie zu Cybersicherheit

Die EU-Richtlinie NIS-2 (Network an Information Security Directive) soll die Cyber- und Informationssicherheit von systemrelevanten Unternehmen und Institutionen unionsweit regeln und enthält Bestimmungen, wie sich diese auf potenzielle Cyberattacken vorzubereiten bzw. mit erfolgten Cybercrime-Vorfällen umzugehen haben.

Zur Umsetzung in Österreich hat der Innenausschuss einen Koalitionsantrag auf den Weg gebracht. Eine zentrale Rolle bei der Umsetzung des Gesetzes soll eine Cybersicherheitsbehörde spielen, die im Innenministerium eingerichtet wird. Sie soll unter anderem die Meldung sowie Behandlung von Sicherheitsvorfällen übernehmen und sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene für den Informationsaustausch zuständig sein. Unter der Aufsicht des Innenministeriums sollen außerdem ein oder mehrere Computer-Notfallteams bzw. CSIRTs (Cybersecurity Incident Response Teams) eingerichtet werden. Ihre Aufgaben sollen die Erkennung und Analyse von Cyberbedrohungen, die Koordination von Maßnahmen zur Schadensbegrenzung sowie die Unterstützung der betroffenen Einrichtungen bei der Wiederherstellung ihrer Systeme umfassen.

Ob das Gesetzespaket im Nationalrat beschlossen werden kann, ist noch offen. Da es sich um eine Verfassungsänderung handelt, ist nämlich eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Im Innenausschuss stimmten aber nur ÖVP und Grüne für das Gesetz. Die Opposition zeigte sich kritisch.

Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes

Eine von ÖVP und Grünen vorgeschlagene Novellierung des Sicherheitspolizeigesetztes sieht unter anderem die Wiedereinführung des Einsatzes von Kennzeichenerkennungsgeräten vor – mit angepassten datenschutzrechtlichen Bestimmungen. Außerdem sollen die Befugnisse der Sicherheitsbehörden im Zusammenhang mit der besonderen Durchsuchungsanordnung erweitert werden. Diese soll künftig nicht mehr nur im Rahmen bestimmter Großveranstaltungen erlassen werden können, sondern auch bei „besonders gefahrengeneigten“ Einrichtungen. Weiters ist eine von den Sicherheitsbehörden gemeinsam geführte Datenverarbeitung („Aktenindex“) geplant sowie die Schaffung einer Rechtsgrundlage für die sichere elektronische Kommunikation zwischen den Sicherheitsbehörden und unter anderem Gerichten, Staatsanwaltschaften und Vollzugsbehörden. Bei Geiselnahmen, Katastrophenfällen oder Staatsbesuchen soll es außerdem möglich werden, Bild- und Tondaten in Echtzeit an die Landesleitzentralen und an das Lagezentrum des Innenministeriums zu übermitteln. Im Innenausschuss erhielt der Antrag eine Mehrheit von ÖVP und Grünen.

Reparatur der Rechtsberatung von Asylwerber:innen

Um die Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der Rechtsberatung für Asylwerber:innen durch die Bundesbetreuungsagentur (BBU) zu gewährleisten, schickte der Innenausschuss einen weiteren Koalitionsantrag ins Plenum. Der Verfassungsgerichtshof hatte moniert, dass die Unabhängigkeit nicht hinreichend gesetzlich abgesichert sei und das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf verletzt werde. Mit der Gesetzesänderung soll nun in der BBU ein eigener Geschäftsbereich Rechtsberatung eingerichtet werden. Zudem sind besondere Regelungen zum Kündigungs- und Entlassungsschutz von Rechtsberater:innen vorgesehen. Auch ein Qualitätsbeirat soll gesetzlich bindend werden. Im Ausschuss gab es breite Zustimmung für die Änderungen. Nur die FPÖ stimmte dagegen.

Katastrophenhilfeabkommen mit Serbien und Georgien

Zwei Staatsverträge mit Serbien und Georgien zur Katastrophenhilfe passierten den Innenausschuss einstimmig. Österreich hat bereits mit mehreren Staaten Katastrophenhilfeabkommen geschlossen, um eine Rechtsgrundlage für Hilfe bei Natur- oder technischen Katastrophen sicherzustellen. Nun soll ein solches Abkommen auch mit Serbien und Georgien abgeschlossen werden.

„Truthfluencing“ gegen Radikalisierung

Maßnahmen gegen die Radikalisierung von Kindern und Jugendlichen auf TikTok und anderen Social-Media-Plattformen fordern die Abgeordneten mit einem Entschließungsantrag. Er wurde im Innenausschuss von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS befürwortet. Eine „Truthfluencing“-Offensive – als „Gegenbewegung zu Desinformation“ – solle Formate in jugendgerechter Sprache beinhalten und Medienbildung stärken. Konkret wird Innenminister Gerhard Karner aufgefordert, ein Expert:innengremium unter der Koordinierung durch das „Bundesweite Netzwerk Extremismusprävention und Deradikalisierung (BNED)“ einzurichten und zu finanzieren. Dieses solle eine multidimensionale Awarenessoffensive „Truthfluencing“ zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Radikalisierung auf TikTok ins Leben rufen. Bis Ende September 2024 wird ein Zwischenbericht über die ersten Maßnahmen eingefordert.

Digitale Zeugnisse und Schulausweise

Aufgrund einer Fristsetzung steht ein von der Koalition vorgelegtes Digitalisierungspaket für Schulen ohne vorherige Beratung im Unterrichtsausschuss auf der Tagesordnung. Damit sollen etwa Schulzeugnisse künftig digitalisiert und auch über das Ende der Schulzeit hinaus den Bürger:innen digital zur Verfügung stehen. Zudem ist die gesetzliche Verankerung des digitalen Schülerausweises vorgesehen. Die edu.digicard kann von Schüler:innen bzw. bei unter 14-Jährigen durch deren Erziehungsberechtigte kostenlos beantragt werden. Im Paket enthalten sind außerdem eine Ausdehnung der Befristung von Schulversuchen auf die doppelte Dauer des Bildungsganges sowie eine einfachere Datenerfassung zu Sommerschulen. (Fortsetzung TOP im Nationalrat) mbu/gs/kar

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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