56. Wiener Gemeinderat: Rechnungsabschluss 2023 (20)

GR Stefan Berger (FPÖ) bedankte sich zunächst für die „professionelle Ausschussführung“, stellte jedoch fest, dass er mehr Transparenz begrüßen würde. Dies betreffe etwa die Bereiche Auslastung oder Dauerkarten von Kulturinstitutionen, so wie dies bereits jetzt in Ländern wie Deutschland der Fall sei. Erst wenn alle Zahlen und Fakten „auf dem Tisch“ lägen, könne man ohne „Manipulation“ erfahren, wie die Lage wirklich sei. Berger erinnerte auch an Kritik aus dem Kulturbetrieb, der die „Bevorzugung des Volkstheaters“ seitens der Stadträtin Kaup-Hasler betreffe. Anschließend thematisierte der FPÖ-Gemeinderat Wiens „ausgeprägtes und üppiges“ Förderwesen, in das über 90 Prozent des Kulturbudgets fließen würden, und forderte die Möglichkeit, Förderanträge auch in analoger Form einreichen zu können. Weiters legte er der Stadtregierung „rechtliche Schritte“ im Fall der missbräuchlichen Verwendung des Förderlogos der Stadt Wien im Rahmen eines Buchprojekts nahe und sprach sich schließlich für eine bessere Förderung des Wiener Liedguts aus.

GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS) unterstrich die „vielen Aspekte der Nachhaltigkeit“ des neuen Wien Museums – budgetär, sozial und ökologisch. Dieses Projekt zeige, dass Gebäude auch nachhaltig modernisiert werden könnten – etwa mittels Photovoltaik oder energieeffizienter Kühlung. Im Bereich der Wissenschaft entstand 2023 ein neues Boltzmann-Institut in Wien. Der Schwerpunkt hierbei liege auf Pandemieversorgung und Wissensvermittlung – dies sei in Zeiten von Fake-News „besonders wichtig“, so Gara. Das Wissenschaftsbudget sei zudem von 2020 bis 2023 um 60 Prozent gestiegen. Dieses Geld gebe in vielen Fällen erst einen Anstoß, der zu weiteren Investitionen in der Stadt führe. Wien habe sich in den letzten Jahren zu einem Zentrum des digitalen Humanismus entwickelt. Wesentlich hierfür sei die Etablierung eines Doktoratskollegs zum Thema „Digitaler Humanismus“ gewesen. Er sei froh, dass Wien auch in Zukunft als Wissenschaftsstandort „nach vorne gebracht“ wird, so Gara abschließend.

GRin Mag. Mag. Julia Malle (GRÜNE) lobte die Wissenschaftspolitik der Stadt Wien, erinnerte jedoch daran, dass in diesem Bereich weiterhin viel getan werden müsse – insbesondere im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI), welches ihr sehr wichtig sei. In Relation zum Gesamtbudget des Ressorts sei das Wissenschaftsbudget mit deutlich unter 10 Prozent eher gering. Malle verwies darauf, dass im Bildungsbereich Krisen und Belastungen verstärkt die Kinder und Jugendlichen treffen würden. Sie sei „speziell als Lehrerin“ der Meinung, dass die unterschiedlichen Herausforderungen nicht die Schulen allein lösen könnten. Auch hier sei die Wissenschaft gefordert, denn es bedürfe wissenschaftlicher Grundlagen – insbesondere zur Gewaltprävention. Dies sei wichtig, um „dieses Thema endlich faktenbasiert diskutieren zu können“. Daher fordere sie eine Studie zur Gewaltprävention bei Kindern und Jugendlichen durchzuführen und diese aus dem Wissenschaftsbudget zu finanzieren.

GRin Mag. Laura Sachslehner, BA (ÖVP) kritisierte den Umgang mit dem „Skandal bei den Wiener Festwochen“ und unterstrich, dass sie keine Veranstaltungen besuche, die „mit Vertretern der BDS-Bewegung („Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen“-Kampagne die sich gegen Israel richtet Anm.d.Red.) zusammenarbeiten oder sympathisieren“ würden. Sachslehner forderte diesbezüglich eine „vollständige Aufklärung“ und auch eine Debatte über die Förderungen für genannte Veranstaltung. Sachslehner kritisierte die Förderpolitik der Stadt hinsichtlich der Empfänger*innen und forderte mehr Augenmerk auf kleine Museen zu richten. Abschließend bekräftigte sie ihre Forderung nach einer Gedenktafel am Gebäude des ehemaligen Hauptquartiers der Hitlerjugend in Wien. 

GRin Mag. Dr. Ewa Samel (SPÖ) erinnerte an die erneute Ernennung Wiens zur lebenswertesten Stadt der Welt im Lebensqualitäts-Index des Magazins Economist. Dies sei der Verdienst aller Wiener*innen. Samel hob hervor, dass viele wissenschaftliche Institutionen mehr Gelder erhalten hätten, wodurch ihre Arbeit auch in Zukunft gesichert sei. Besonders hob sie hierbei das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) hervor. Unter anderem erhalte das DÖW auch einen neuen und modernen Standort. Es freue sie, dass der „weltweit anerkannte und renommierte“ Professor Florian Kramer im Rahmen der Gründung des neuen Boltzmann-Instituts „zurück nach Wien“ geholt werden konnte. Anschließend nannte Samel eine Reihe an Projekten und Institutionen, die im vergangenen Jahr gefördert oder ins Leben gerufen worden seien, darunter etwa das Doktoratskolleg mit dem Schwerpunkt „Digitaler Humanismus“ oder das „mittlerweile international anerkannte Vernetzungstreffen“, welches der Ball der Wissenschaften in Wien darstelle. Die Stadt Wien setze „alles daran“, die Innovationskraft der Stadt und Wien als Wissenschaftsmetropole zu sichern, so Samel abschließend.

GR Nikolaus Kunrath (GRÜNE) drückte zu Beginn sein „ausdrückliches“ Lob bezüglich des Projekts des neuen Wien Museums aus. Auch das Jüdische Museum Wien hob Kunrath lobend hervor. Er wünsche sich von der Stadt, angesichts des 80. Jahrestags des Endes des Zweiten Weltkriegs, eine verstärkte Auseinandersetzung mit der Geschichte. Dies betreffe unter anderem Umbenennungen von Gassen, Straßen und Plätzen. Die Erinnerungsarbeit müsse weitergeführt werden, auch wenn „biologisch bedingt“ die Zeitzeug*innen immer weniger würden. Bezüglich des Lueger-Denkmals sprach sich Kunrath dafür aus, das Denkmal gänzlich abzubauen und in einen eigens eingerichteten Bereich – nach Beispiel Italiens – zu verfrachten. Abschließend wünschte sich Kunrath, auch in der Migrationspolitik „weiterhin gute Arbeit“ zu leisten.

GRin Mag. Bernadette Arnoldner (ÖVP) bezeichnete Kunst und Kultur als „unverzichtbaren Kitt“ für die Gesellschaft gesamt, aber auch als wesentlich für die individuelle Entfaltung der Menschen. Es sei neben der künstlichen Intelligenz wichtig, auch die menschliche Intelligenz etwa mit dem Zugang zu Kunst und Kultur – insbesondere für Kinder und Jugendliche – zu fördern, so Arnoldner. Sie legte nahe, ähnlich der Stadt Paris, ein „Kinder- und Jugendticket“ für den vergünstigten oder kostenlosen Zugang zu Museen einzuführen. Auch als „international anerkannte Musikmetropole“ habe Wien den Auftrag, Kindern und Jugendlichen einen Besuch von Musikschulen zu ermöglichen. Es brauche daher einen „Zentralplan“ der Stadtregierung, um dies umzusetzen, forderte Arnoldner.

GR Jörg Neumayer, MA (SPÖ) erinnerte an die Dringlichkeit von Maßnahmen, mit denen Kinder und Jugendliche auf die Herausforderungen bezüglich künstlicher Intelligenz und möglicher negativer Folgen des digitalen Wandels vorzubereiten. Neumayer hob das Doktorratskolleg „Digitaler Humanismus“ hervor, das sich „auf intellektueller Ebene“ mit all den Aspekten und Problematiken rund um die Digitalisierung befasse. Er glaube daran, dass Wien der Ausgangspunkt einer Bewegung sein könne, die eine „humanistische Welt“ – im Gegensatz zu einer „technokratischen“ – in den Vordergrund stellen könne. Die Wiener Festwochen schätze er insbesondere dafür, diverse Diskurse anzustoßen. Kunst und Kultur müsse nicht jedermann gefallen, so Neumayer. Abschließend hob Neumayer hervor, dass 170.000 Besucher*innen das Wien Museum im vergangenen Jahr besucht hätten. Diese Zahl stelle die bisherigen Besucher*innen-Rekorde der bestbesuchten Ausstellungen des Hauses am Karlsplatz zu Otto Wagner und zu Sex in Wien in den Schatten. Es sei diese Vielfalt an Themen, die einen starken Kulturstandort wie Wien ausmachen würden, schloss Neumayer.  (Forts.) jaz

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