Petitionsausschuss startete mit Hearing von Bürger:innen

Im Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen fand ein Hearing statt. Die Vertreter:innen von Initiativen rund um ein Kindertherapiezentrum, Pflege, Luftqualität an Schulen und Gebrauchshundesport argumentierten ihre Anliegen vor den Abgeordneten. Die Parteien konnten im Vorhinein je eine Petition oder Bürgerinitiative dafür auswählen.

Unterstützung für Kindertherapiezentrum in Bad Radkersburg

Die Koalitionsparteien Grüne und ÖVP wählten die Bürgerinitiative „Gemeinsam denken – Kindern helfen!“ (67/BI) aus. Die Initiator:innen setzen sich für eine Förderung des Kindertherapiezentrums Kids Chance im steirischen Bad Radkersburg ein. Es ist eine Einrichtung für Kinder mit Entwicklungs- und Mobilitätsstörungen. Seit 2019 werden die Kosten einer Therapie in diesem Kindertherapiezentrum nicht mehr von der Krankenversicherung und den Bundesländern übernommen. Nur das Land Steiermark zahlt die Therapie für steirische Kinder fast zur Gänze weiterhin. Hintergrund für die Neuregelung sei die Einführung der Kinder-Rehabilitationseinrichtungen in Österreich 2019.

Das Anliegen brachte Angelika Krachler, Mutter eines 9-jährigen Kindes mit Entwicklungsstörungen durch eine Herzerkrankung, den Ausschussmitgliedern nahe. „Kids Chance bietet ein Therapiekonzept an, das Kindern hilft, den Alltag selbstständig zu meistern“, betonte Krachler. Es gehe darum, dass Kinder neue Fähigkeiten erlernen und nicht alte wiederherstellen. Weil wissenschaftliche Daten zeigen würden, dass Entwicklungsstörungen und Erbkrankheiten überall auf der Welt zunehmen, sei es wichtig, betroffene Kinder statt einer Rehabilitation einer Habilitation zuzuführen, damit neue Fähigkeiten erlernt werden könnten, zeigte sie sich überzeugt.

Kids Chance würde eine stationäre Intensiv-Behandlung bieten. Die Kinder hätten dort für zwei Wochen täglich sechs bis sieben Stunden Behandlung, bei einer Reha seien es zwei bis drei pro Tag für vier Wochen, führte Krachler auf Nachfrage von ÖVP-Abgeordneten Nikolaus Prinz aus. Auch auf die Kosten ging sie ein: 316 € pro Tag würden bei Kids Chance anfallen, 400 € seien es bei der Reha. Sie führte außerdem ins Treffen, dass das Gesundheitsministerium „viel sparen“ könnte, wenn früh und so therapiert werde, wie es bei Kids Chance möglich sei. „Mein Sohn hatte vor fünf Jahren Pflegestufe 5, jetzt hat er Pflegestufe 3“, argumentierte die Mutter. FPÖ-Mandatar Walter Rauch, der auch als Stadtrat in Bad Radkersburg aktiv ist, kritisierte die Regierung, weil sie es versäumt hätte, ein einheitliches Sozialversicherungsgesetz zu generieren, um festzustellen, wer bei Kids Chance in Therapie gehen dürfe und wer nicht. Kinder aus anderen Bundesländern seien ausgeschlossen, das müsse geändert werden. Katharina Werner (NEOS) betonte, dass es wichtig sei hier eine „offensichtliche Gesetzeslücke“ zu schließen und stellte daraufhin die Frage an Krachler, wie hoch sie die Wahrscheinlichkeit einschätze, das Kids-Chance-Konzept auch in anderen Therapieeinrichtungen umzusetzen. Auf Grund des Zeitmangels konnte Krachler hierzu nicht mehr antworten, ebenso wenig wie auf die Frage der Grüne-Abgeordneten nach einer Therapie für Menschen ab 18 Jahren.

Die Mandatar:innen nahmen einen ÖVP-Antrag auf Stellungnahme dazu vom Gesundheitsministerium einstimmig an.

Attraktivere Bedingungen für Pflegeberuf sollen geschaffen werden

Fehlende Pflegekräfte und steigender Druck auf das Pflegepersonal veranlassten die SPÖ zum Einbringen einer Petition (145/PET), die auch zum Hearing von ihnen ausgewählt wurde.

Michael Leiblfinger verdeutlichte dabei, dass es notwendig sei, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und eine Ausbildungsoffensive zu starten. Die Arbeitszufriedenheit sei schlechter als in anderen Branchen, viele würden regelmäßig ans Aufhören denken. Personal im Ausland anzuwerben sieht er kritisch: „Jede Person die kommt ist positiv, aber wir stehen in Konkurrenz mit anderen Ländern. Die deutsche Sprache mit all unseren Dialekten ist schwer zu erlernen und wir sind ein Land, wo Fremdenfeindlichkeit und Rassismus umgehen.“ Vielmehr sollte man sich um jene kümmern, die den Beruf verlassen haben.

Einer Studie aus Deutschland zu folge, würden viele wieder zurückkommen, wenn es bessere Arbeitsbedingungen gäbe. SPÖ-Mandatarin Petra Wimmer bekräftigte die Forderung ihrer Partei nach 2.300 € brutto pro Monat während der Pflegeausbildung. Am derzeitigen „Taschengeld“ von 600 € kritisierte Leiblfinger, dass es nicht sozialversicherungspflichtig sei, außerdem übte er Kritik an der Pflegelehre. FPÖ-Mandatar Christian Ries hingegen hält sie für eine gute Idee. „Wir müssen jede Möglichkeit ausschöpfen, um Pflegepersonal zu generieren“, betonte er. Leiblfinger schlug stattdessen vor, die Ausbildung in Höheren berufsbildenden Schulen weiter zu forcieren.

Hinsichtlich der besseren Entlohnung und der geforderten sechsten Urlaubswoche betonte NEOS-Mandatar und Ausschussvorsitzender Michael Bernhard, dass es grundsätzlich nicht Regierungsaufgabe sei, Kollektivverträge zu verhandeln, sondern sich die Sozialpartner einigen müssten. In einigen Kollektivverträgen habe es Verbesserungen gegeben, entgegnete Leiblfinger, doch könnte der Staat auch selbst in seinen Pflegeeinrichtungen tätig werden. Grünen-Abgeordnete Ulrike Fischer zählte einige Maßnahmen der Regierung auf, um Pflegekräfte zu rekrutieren, etwa den Ausbildungsbonus für Neueinsteiger:innen oder das Pflegestipendium für Umsteiger:innen. Als „positive Schritte“ bezeichnete diese auch Leiblfinger, sie als Problemlöser für alles anzupreisen, führe aber auch zu Unmut in der Branche.

Die Abgeordneten beschlossen einstimmig die Einholung von Stellungnahmen von Gesundheitsministerium, Bildungsministerium, Caritas, Arbeiterkammer, ÖGB und weiteren Institutionen.

Erhaltung des Internationalen Gebrauchshundesports

Der Österreichische Kynologenverband (ÖKV) kritisiert Pläne von Minister Johannes Rauch hinsichtlich eines Verbots von Teilen des Gebrauchshundesports und fordert mit einer Petition dessen Erhaltung in allen Facetten (137/PET). Auslöser für die diskutierten Verbote bei privaten Hunden seien zwei tödliche Hundeattacken gewesen.

Im Ausschuss führte auf Einladung der FPÖ Experte Georg Sticha aus, dass beim Gebrauchshundesport keine Angriffe gegen Menschen oder aggressionsförderndes Verhalten trainiert werde. Der Vorwurf, dass der Sport aggressionsfördernd sei, sei wissenschaftlich widerlegt worden. „30.000 Prüfungen wurden seit dem Jahr 2000 abgelegt und bei all jenen, die sie abgelegt haben, hat es keinen einzigen Beißunfall gegeben“, bekräftigte Sticha zudem. Man brauche den Gebrauchshundesport, um Hunde für das Bundesheer, Rettung oder Polizei „wesensmäßig“ auszubilden, damit sie „ihrer Berufung standhalten können“.

SPÖ und ÖVP signalisierten, dass sie für den Erhalt des Gebrauchshundesportes seien. ÖVP-Mandatar Josef Hechenberger betonte, dass man „Leitplanken“ aufstellen und gemeinsam mit Expert:innen „hinschauen“ wolle. Keinesfalls solle illegal in Hinterhöfen ausgebildet werden oder Österreichs Sportler ins Ausland abwandern. Grüne-Mandatar Hermann Weratschnig stärkte Minister Rauch den Rücken und wollte von Sticha wissen, wie er zum Verbot von privater Ausbildung in Wien stünde. Sticha entgegnete, dass es in der Bundeshauptstadt ein Verbot für zivilen Schutzhundesport gebe – „zum Beispiel in Hinterhöfen, das hat nichts mit Gebrauchshundesport zu tun.“ Die NEOS-Tierschutzbeauftragte Katharina Werner hält es für wichtig, die Ausbildung für den privaten Bereich zu verbieten. Sie wollte wissen, wie derzeit sichergestellt werde, dass die Hunde „nicht scharf gemacht“ werden. Vor der Prüfung müssten die Hunde zur Wesensüberprüfung. Zeige sich Aggressionspotenzial, würden die Hunde disqualifiziert und die Prüfung könne nicht abgelegt werden.

Ein SPÖ-Antrag auf Zuweisung der von fast 50.000 Personen unterstützten Petition zum Gesundheitsausschuss fand trotz Unterstützung von FPÖ und NEOS keine Mehrheit. Angenommen wurde hingegen von den Koalitionsparteien der ÖVP-Antrag auf „Kenntnisnahme“.

Luftqualität an Schulen durch Lüftungsanlagen verbessern

Die von den NEOS für das Hearing ausgewählte Bürgerinitiative rückt die Luftqualität in Schulen und Kindergärten ins Zentrum (70/BI), die es zu verbessern gelte. Wolfgang Hucek, Sprecher der Initiative erläuterte, dass viele Schulen hinter den lufthygienischen Standards zurückblieben. Der CO2-Gehalt in der Luft werde mit „ppm“ ausgewiesen, bei einem Anteil von über 1.000 ppm, komme es zu einem erhöhten Ausstoß von Aerosolen. Viren, darunter auch Masern, würden bekanntlich über die Luft übertragen. „Wenn der Wert zu hoch ist, können wir natürlich das Fenster aufmachen“, sagte Hucek, das sei aber aus sicherheitstechnischen Gründen in manchen Volkschulen nicht möglich, an anderen Standorten würden Belastungen durch Baustellen, Feinstaub oder Pollen hinzukommen.

Eine gesetzliche Verankerung eines maximalen CO2-Grenzwerts von 1.000 ppm ist das Ziel der Initiative. Studien würden zeigen, dass sich dadurch etwa die Leistungen bei Schularbeiten erhöhen würden und das Risiko von Infektionen reduziert würde – was auch beim Lehrpersonal in Zeiten von Lehrermangel nicht unbedeutend sei, betonte Hucek. Erreicht werden soll das über Lüftungsanlagen. Positiv wertete er, dass der Bildungsminister bekannt gegeben habe, dass diese bei allen Neubauten der BIG kommen würden. Grünen-Mandatarin Ulrike Böker konkretisierte, dass es hier um die Überlegung ginge, ein Rahmengesetz zu erlassen. Sie führte dabei „das Problem mit den geteilten Zuständigkeiten der Ministerien, Länder und Gemeinde“ an. Böker fragte, ob als „kostengünstige Übergangslösung“ CO2-Messer in allen Klassen geeignet seien, um an das Lüften zu erinnern. Hucek: „Die Qualität der Geräte ist schlecht. Das Geld könnte man sparen und gleich in einen guten Plan investieren“. Auf NEOS-Nachfrage zu Kosten eines Umbauplans führte der Initiativensprecher aus, dass man für mechanische Lüftungsanlagen von 50 € pro Schüler im Jahr ausgehe. Gleichzeitig könnte dieser Betrag aber über Energieeinsparungen ausgeglichen werden, da der Luft, die hinauskomme, die Wärme entzogen werde und dann wieder zugeführt werde.

Ein Antrag auf Stellungnahmen vom Bildungsministerium, dem Arbeitsministerium und der Gesellschaft für Neurologie wurde von den Abgeordneten im Anschluss einstimmig angenommen.

Breites Themenspektrum an Bürgeranliegen nach dem Hearing

Nach dem Hearing stand mit über 40 Tagesordnungspunkten ein breites Themenspektrum an Bürgeranliegen auf dem Programm.

Zur Kenntnis genommen wurde eine Petition für eine flächendeckende Sicherung der Versorgung durch Notärztinnen und Notärzte. Eine rasche medizinische Versorgung sei insbesondere in den ländlichen Regionen Österreichs derzeit nicht mehr uneingeschränkt gegeben, wird in der Petition „Sicherheit im Notfall – in allen Regionen Österreichs. Gemeinsam die Notarzt-Krise bekämpfen!“ (100/PET) kritisiert. SPÖ und FPÖ standen für weitere Beratungen im Gesundheitsausschuss ein. „Es wird ein großes Problem auf uns zukommen“, sagte etwa Christian Ries (FPÖ). Nicht so drastisch sah Hermann Weratschnig (Grüne) die Situation der heimischen Notfallversorgung. Er verwies auf Stellungnahmen des Bundesverbands Rettungsdienst (BVRD) und dem Wiener Gesundheitsverband, wonach der Handlungsbedarf weniger in neuen Stützpunkten, als in einer Ausbildungsreform liege. Bei den Hubschrauberstützpunkten gebe es eine hohe und breite Dichte. Rudolf Silvan (SPÖ) betonte, dass die Petition auch die Notarztausbildung adressiere.

Außerdem zur Kenntnis genommen wurde unter anderem auch die Petition zur Psychotherapie auf Krankenschein (123/PET), eine Bürgerinitiative für ein Verkaufsverbot pyrotechnischer Artikel (50/BI), eine Petition zur Erlassung eines Bundesgesetzes zum Schutz vor „Lichtverschmutzung“ (108/PET) und eine Petition zum Erhalt des Neusiedler Sees als Weltkulturerbe (119/PET). Angesichts des niedrigen Wasserstandes des Neusiedler Sees wendet sich die Petition zum Schutz des Kultur- und Welterbes an die Bundesregierung. Sie möge demnach (in Zusammenarbeit mit Ungarn) rechtliche, wissenschaftliche und technische Verwaltungs- und Finanzmaßnahmen für den erforderlichen Erhalt sowie für die Revitalisierung des Sees treffen. „Was wir für eine natürliche Erscheinungsform halten, ist Natur aus zweiter Hand“, sagte FPÖ-Abgeordneter Christian Ries im Ausschuss und plädierte dafür, das Thema weiter im Umweltausschuss zu behandeln.

Ulrike Böker (Grüne) verwies auf die bestehende Zusammenarbeit mit Ungarn sowie Arbeiten in einer Taskforce zu diesem Thema, das aus ihrer Sicht auch im Rahmen des Renaturierungsgesetzes behandelt werde. NEOS-Ausschussobmann Michael Bernhard entgegnete, dass diese Argumente dem Gebiet nicht helfen würden. Es seien noch keine Maßnahmen gesetzt worden, die den Erhalt des Neusiedler Sees sichern würden.  

Güterbahnlärm, Anti-Rassismus, Künstler:innen: Fachausschüsse sollen befasst werden

Insgesamt neun Kärntner Nationalratsabgeordnete von ÖVP, SPÖ und FPÖ unterstützen die Petition „Kärntner*innen vor Güterbahnlärm schützen!“ (78/PET). Der Petitionsausschuss stimmte für eine Zuweisung in den Verkehrsausschuss. Forderungen aus dem Black-Voices-Volksbegehren wurden in der Petition „Black Voices. Anti-Rassismus in Österreich zur Praxis machen“ (102/PET) übernommen. Gefordert wird beispielsweise Aufklärungsarbeit und Sensibilisierung im Hinblick auf Rassismus sowie die Reflexion über ethnisch bedingte Privilegien in den Schulen. Die Petition wurde dem Menschenrechtsausschuss zugewiesen. Eine weitere Petition, mit der sich gemäß Ausschussvotum der Sozialausschuss weiter beschäftigen soll, regt angesichts der hohen Anzahl an atypisch Beschäftigten im Kunst- und Kulturbereich Anpassungen im Sozialversicherungssystem an, um die soziale Absicherung von Künstler:innen und Kulturarbeiter:innen zu garantieren und sie vor Altersarmut zu schützen (124/PET).

Einlaufbesprechungen von 16 Initiativen

Vertagt wurden etwa die Petitionen zur Legalisierung von medizinischem Cannabis (127/PET) sowie für ein „Bargeldversorgungsgesetz“ (135/PET), in der ein Bankomat in jeder Gemeinde gefordert wird. Weitere Stellungnahmen sollen etwa für die Petition für ein Verbot von Konversionstherapien (110/PET) eingeholt werden.

Im Rahmen der Einlaufbesprechung befassten sich die Ausschussmitglieder mit neu eingelangten Anliegen aus der Bevölkerung. Sie reichten von Barrierefreiheit am Tiroler Bahnhof Zirl (143/PET) über eine Absicherung der Pflege zu Hause (141/PET), die Rettung von Freiräumen am Innufer (142/PET), die Eigenrechtsfähigkeit der Natur (144/PET), den Erhalt der HNO-Station im LK Mistelbach (147/PET) bis zum gratis Klimaticket (72/BI) oder Lärmschutz an der A22 (68/BI).

Nähere Informationen zum aktuellen Stand des parlamentarischen Verfahrens bezüglich all jener Bürgerinitiativen und Petitionen, die heute auf der Tagesordnung standen, sind auf der Website des Parlaments  einsehbar. (Schluss) map/keg


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