Finanzausschuss: OeNB geht heuer nur von einem leichten Wirtschaftswachstum von 0,3 % aus

Nach der Rezession im Jahr 2023 werde Österreich heuer mit 0,3 % nur ein leichtes Wirtschaftswachstum aufweisen, erklärte heute Nationalbank-Gouverneur Robert Holzmann im Finanzausschuss. Außerdem erwartet die OeNB ein Defizit von über 3 % sowie einen leichten Anstieg der Gesamtverschuldung bis 2026. Holzmann verteidigte auch einmal mehr sein Stimmverhalten im EZB-Rat und begründete dies damit, dass für ihn datenbasierte Entscheidungen im Vordergrund stünden. Da kurz vor der Sitzung neue Inflationsprognosen vorgelegen seien, wollte er bezüglich einer Senkung des Leitzinses zuwarten. Zur Debatte um die Besetzung der Spitzenposten in der Oesterreichischen Nationalbank, die schon ein Jahr vor Auslaufen der Verträge ausgeschrieben wurden, nahm er nicht Stellung.

Weiters stellten die Abgeordneten Fragen zur Bargeldversorgung in Österreich, der Einführung des digitalen Euro, den Richtlinien für die Kreditvergabe an Private (KIM-Verordnung) sowie die Entwicklung der Finanzierungen für Gewerbeimmobilien. An der traditionellen halbjährlichen Aussprache über die erfolgten geld- und währungspolitischen Maßnahmen nahm dieses Mal nur Holzmann teil, da sich Vize-Gouverneur Gottfried Haber aus Krankheitsgründen entschuldigen musste.

Höheres Wirtschaftswachstum erst in den nächsten beiden Jahren erwartet

Vor Eingang in die Diskussion berichtete Gouverneur Holzmann umfassend über aktuelle wirtschaftliche Entwicklungen auf den verschiedenen Ebenen, ging näher auf die europäische Geldpolitik sowie internationale Kooperationen ein und lieferte eine Analyse zur Situation der heimischen Banken.

Im Euroraum gehe die OeNB heuer von einem Wirtschaftswachstum in der Höhe von 0,9 % aus, in den beiden Folgejahren werde mit einem Anstieg auf 1,4 % und 1,6 % gerechnet. Die Kerninflation (ohne Energie und Nahrungsmittel), die sich stetig zurückbilde (von 2,8 % auf 2%), werde jedoch bis 2026 immer über der für den Euroraum entscheidenden HVPI-Inflationsrate (harmonisierter Verbraucherpreisindex) zu liegen kommen. Auf globaler Ebene gebe es gemischte wirtschaftliche Signale, wobei bei Prognosen auch immer die geopolitischen Herausforderungen sowie die volatilen Energiepreise miteinbezogen werden müssten.

Für Österreich hätten die Berechnungen der OeNB neben einem  – vor allem vom privaten Konsum getragenen – Wirtschaftswachstum von 0,3 %, eine HVPI-Inflationsrate von 3,4 %, einen Budgetsaldo von -3,1 % und einen Schuldenstand von 77,3 % ergeben. In den beiden nächsten Jahren sollte sich die Konjunkturdynamik wieder verbessern und um 1,8 % bzw. 1,5 % zulegen. Bei der Inflation bewege man sich mittelfristig auf die erforderlichen 2 % zu, urteilte Holzmann. Allerdings würde das Auslaufen der fiskalischen Maßnahmen den Rückgang der HVPI-Inflation bremsen.

Abgeordnete Michaela Schmidt (SPÖ) zeigte sich verwundert über die Wirtschaftsprognose der OeNB, zumal die Einschätzungen des WIFO und des IHS weit dramatischer ausgefallen seien. Im EU-Vergleich sei „Feuer auf dem Dach“, da auch das Defizit deutlich über der Maastricht-Grenze liege. Entscheidend dafür sei der starke Anstieg an notleidenden Krediten sowie die geringe Investitionsbereitschaft. Auch am Abstimmungsverhalten von Holzmann bei der EZB übte sie erneut Kritik, da gerade Österreich von einer Zinswende profitieren würde.

Holzmann bezeichnet KIM-Verordnung als notwendig und sinnvoll

Bei der Analyse der Situation der Banken wies Gouverneur Holzmann auf die erzielten Rekordgewinne hin, die aber auch für den Kapitalaufbau verwendet wurden. Dies habe dazu geführt, dass die heimischen Großbanken mit ihrer Kapitalquote nun über dem europäischen Durchschnitt liegen würden. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen führten aber zunehmend zu einem starken Anstieg der notleidenden Kredite, wobei eine Verschlechterung vor allem bei Unternehmenskrediten und weniger bei Haushaltskrediten feststellbar sei. Die OeNB habe daher bereits im Rahmen des „Financial Stability Report“ eine Reihe von Empfehlungen abgegeben, die von einer weiteren Stärkung der Kapitalbasis, einer Sicherstellung nachhaltiger Vergabestandards bei Immobilienkrediten bis hin zu einer Sicherung einer nachhaltigen Profitabilität reichen würden.

Die von Abgeordnetem Hermann Brückl (FPÖ) als eigentums- und leistungsfeindlich bezeichnete KIM-Verordnung (Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung) hielt Holzmann hingegen für „notwendig und sinnvoll“. Die durch die KIM-Verordnung auferlegten Beschränkungen bei der Kreditvergabe, wie etwa in Bezug auf den erforderlichen Eigenmittelanteil, würden dem Schutz des Finanzsystems dienen.

Laut Empfehlung des IWF sollte die KIM-Verordnung dauerhaft beibehalten werden, konstatierte Abgeordnete Nina Tomaselli (Grüne), da sonst negative Einflüsse auf die Finanzmarktstabilität und das Rating zu erwarten wären. Sie fragte, welche Auswirkung eine mögliche Abschaffung der Verordnung auf die Refinanzierungskosten der öffentlichen Hand hätte und erkundigte sich zudem nach Kreditvergabestandards für Gewerbeimmobilien.

Internationaler Währungsfonds stellt Österreich gutes Zeugnis aus

Im Zusammenhang mit internationalen Kooperationen merkte Holzmann an, dass der nach Abschluss der Konsultationen erschienene Bericht des IWF für Österreich ein sehr gutes Ergebnis ausgewiesen habe. Auch der Internationale Währungsfonds rechne mit steigendem Wachstum in den Jahren 2024 und 2025 und einer Annäherung der Inflation an den Zielwert von 2% bis Mitte 2025. Der Finanzsektor werde als stabil, liquide und profitabel eingestuft. Es werde Österreich empfohlen, die Anforderungen für die Wohnbaufinanzierung beizubehalten und die Risiken aus Gewerbeimmobilienfinanzierungen genau zu beobachten.

Digitaler Euro und Versorgung mit Bankomaten

Man befinde sich im ersten Teil der Vorbereitungsphase der Entwicklung des digitalen Euro, führte Holzmann weiter aus, der den konkreten Zeitplan skizzierte. Es handle sich dabei um ein komplexes Thema, das etwa viele Fragen der Datensicherheit umfasse, und für das es kein einfaches Rezept gebe. Aktuell bestehende Zahlungsmöglichkeiten werden aber auch nach der Einführung des digitalen Euro weiterhin zur Verfügung stehen. Man müsse zudem bedenken, dass derzeit ein Großteil aller elektronischen Zahlungen im Euroraum von nur wenigen privaten Zahlungsanbietern abgewickelt werde. Der digitale Euro, der neue Möglichkeiten für sichere und effiziente digitale Zahlungen mit Zentralbankgeld eröffne, sei nach Ansicht von Holzmann wahrscheinlich das beste Modell, aber nicht das einzige. Er habe etwa bei einer Reise nach Lateinamerika die brasilianische Zentralbank besucht, die in kürzester Zeit ein sehr gut funktionierendes digitales Zahlungsverfahren auf die Beine gestellt habe.

Bezüglich der Fragen von Angela Baumgartner (ÖVP) und Max Lercher (SPÖ) zur Bargeldversorgung in Österreich verwies Holzmann auf die Eckpunkte des OeNB-Modells, das Erreichbarkeitszielwerte festlege, um eine adäquate Zugänglichkeit zu Bankomaten sicherzustellen. Gleichzeitig sollten die Banken aber auch die Möglichkeit haben, ihr Netz zu optimieren, betonte der Gouverneur. Sehr positiv beurteilte er die gestern präsentierte Vereinbarung zwischen Banken und Gemeindebund, die dazu diene, die bestehenden Bankomaten auf einen Zeitraum von fünf Jahren abzusichern. Auch die OeNB werde einen Beitrag leisten, um vor allem die Kommunen in unterversorgten Regionen zu unterstützen.

Zu der von NEOS-Mandatar Karl-Arthur Arlamovsky angesprochenen Nutzung von – bei einigen Handelsunternehmen angebotenen – Cash-Back-Verfahren stünden ihm keine Daten zur Verfügung. Dieses Verfahren sei kein Ersatz für Bankomaten, würde aber gerade im ländlichen Raum eine sehr wertvolle Unterstützung darstellen. Wenn man davon ausgehe, dass mit einem Bankomat Kosten in der Höhe von rund 15.000 bis 20.000 € verbunden seien, dann würde davon wohl keine Existenzbedrohung für die Bankinstitute ausgehen, stellte er gegenüber Max Lercher (SPÖ) fest.

Personalfragen: NEOS fordern Cooling-off-Periode und neuen Bestellungsmodus für das Direktorium der OeNB

Nicht zuletzt ging es in der Debatte auch um Personalfragen, zumal die Posten für das Direktorium de OeNB frühzeitig ausgeschrieben wurden. Die Opposition vermutete Postenschacher, da schon einige prominente Namen in den Medien kolportiert wurden.

Abgeordnete Karin Doppelbauer (NEOS) bezeichnete die Vorgangsweise als unseriös, zumal die Funktionsperioden der amtierenden Direktoren erst in rund einem Jahr auslaufen würden. Erstaunlich sei auch, dass Bewerber:innen schon vor der Sitzung des Generalrates, bei der es um Personalthemen gegangen sein soll, Absagen erhielten. Generell würde sie sich eine sogenannte Cooling-off-Periode für Politiker:innen sowie einen faireren Bestellungsmodus wie etwa in Schweden wünschen, wo das Parlament bei der Auswahl eingebunden sei.

Solche Ernennungen seien immer in einen politischen Prozess eingebettet, erklärte Holzmann, der zum konkreten Verfahren aber keine Einschätzung abgab. Es sei aber legitim zu hinterfragen, wie man die besten Personen für diese Jobs finden könne. (Schluss) sue


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