Die österreichische Wirtschaft befand sich 2023 in einer Rezession. Für das Jahr 2024 erwartet die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) eine Stabilisierung der Entwicklung, wenngleich die Wirtschaft nur schwach wachsen wird. Die Banken konnten 2023 dessen ungeachtet ein Rekordergebnis einfahren und damit ihre Kapitalausstattung weiter ausbauen. Dadurch sind die vom Bankensektor ausgehenden Finanzstabilitätsrisken weiter gesunken. Aufgrund erhöhter geopolitischer Risiken und zunehmender Kreditrisiken, vor allem im Bereich der Gewerbeimmobilien, sowie aufgrund der eingeleiteten Zinswende befindet sich der heimische Bankensektor nun allerdings an einem Wendepunkt.
Sinkende Inflation ermöglicht Konjunkturerholung
Die österreichische Wirtschaft befand sich 2023 in einer Rezession. Gründe hierfür waren die anhaltend hohe Inflation, das sehr schwache außenwirtschaftliche Umfeld und die daraus resultierende allgemein schlechte Stimmungslage. Für das Jahr 2024 erwartet die OeNB eine Stabilisierung der Entwicklung, allerdings wird die Wirtschaft mit 0,3 % nur schwach wachsen. Der private Konsum wird sich aufgrund deutlich steigender Reallöhne erholen, und auch die Exporte werden positiv zum Wirtschaftswachstum beitragen. Die Bruttoanlageinvestitionen werden hingegen im Gesamtjahr nochmals schrumpfen. Hohe Finanzierungskosten und schlechte Gewinnerwartungen dämpfen insbesondere die zinssensitiven Investitionen im Wohnbau und die konjunkturabhängigen Ausrüstungsinvestitionen.
Bankensektor mit Rekordgewinn trotz zunehmender Kreditausfälle
In einem anhaltend schwachen makroökonomischen Umfeld erzielten die österreichischen Banken im Jahr 2023 einen Rekordgewinn von 14 Mrd EUR. Die Gewinnsteigerung erfolgte vor allem aufgrund einer weiter gestiegenen Nettozinsmarge, da Zinserhöhungen im Rahmen der strafferen Geldpolitik zu höheren Einnahmen führten. Dank des hohen Gewinns konnte der Bankensektor seine konsolidierte harte Kernkapitalquote deutlich auf 17,5 % erhöhen, und auch die österreichischen Großbanken haben ihre Kapitalisierung erstmals über den Durchschnitt ihrer europäischen Mitbewerber gehoben. „Die Banken haben ihre Gewinne genutzt, um die Widerstandsfähigkeit gegenüber künftigen Unsicherheiten zu stärken. Was für die Gesamtsystemebene gilt, muss aber nicht zwangsläufig für jede einzelne Bank gelten. Bankindividuelle Risiken müssen darüber hinaus daher zielgerichtet auf Einzelbankebene adressiert werden“, erläuterte OeNB-Vize-Gouverneur Gottfried Haber.
Nun befindet sich das Bankensystem allerdings an einem Wendepunkt: Neben den aus geopolitischen Risiken resultierenden Unsicherheiten führen mehrere Faktoren zu vermehrtem Druck auf die Profitabilität. Die zunehmende Zahl an Insolvenzen Ende 2023 zog bereits einen Anstieg der Kreditausfälle nach sich, und dieser Trend setzt sich auch Anfang 2024 fort. Auch die Kostenseite rückt in den Fokus: Einleger:innen haben ihre Ersparnisse von Sicht- auf Termineinlagen verlagert, was zu höheren Refinanzierungskosten für die Banken führt. Weiters erfordern die Lohnabschlüsse sowie inflationsbedingt gestiegene Sachkosten in Zukunft eine beständige Kostendisziplin, nicht zuletzt auch deshalb, um Raum für notwendige Investitionen in neue Informationstechnologien zu schaffen.
Zusätzlich haben die höheren Zinssätze die Nachfrage nach Krediten reduziert, vor allem bei Wohnbaufinanzierungen. Die systemischen Risiken aus Krediten im Wohnimmobilienbereich wurden durch kreditnehmer:innenbezogene Maßnahmen effektiv adressiert. Seit deren Einführung haben sich die Vergabestandards signifikant verbessert. Auch zukünftig ist eine nachhaltige Kreditvergabe bei Immobilienkrediten ein wesentliches Element eines stabilen Finanzmarktes. Die Tatsache, dass ein großer Teil der verfügbaren Ausnahmekontingente ungenutzt blieb, deutet zudem darauf hin, dass der Rückgang des Kreditvolumens primär von gestiegenen Zinsen, hohen Baukosten und allgemeiner Unsicherheit hinsichtlich der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen getrieben war.
Bedingt durch dieselben Faktoren erleben gewerbliche Immobilienkredite aktuell eine stärkere Kreditausfallsdynamik. Zudem spiegeln die Anpassungen bei den Immobilienbewertungen noch nicht großflächig das neue, herausfordernde Umfeld wider.
Empfehlungen der OeNB zur Stärkung der österreichischen Finanzstabilität
Das anhaltend schwache Wirtschaftswachstum in Österreich sowie lange andauernde geopolitische Konflikte stellen weiterhin große Herausforderungen dar. Durch die Anfang Juni eingeleitete Zinswende ist zu erwarten, dass die Zinsmarge des Bankensektors nicht weiter ansteigt. Auch die gestiegenen Kreditrisiken werden Druck auf die Profitabilität der Banken ausüben. Um für zukünftige Herausforderungen gewappnet zu sein, empfiehlt die OeNB den Banken
- die Absicherung bzw., wo notwendig, die weitere Stärkung der Kapitalbasis durch Zurückhaltung bei Gewinnausschüttungen (Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufen),
- die Sicherstellung nachhaltiger Vergabestandards bei Immobilienkrediten sowie die Vorbereitung auf höhere Risikogewichte für Gewerbeimmobilienkredite,
- die adäquate Steuerung von Kredit- und Zinsrisiken, einschließlich höherer Rückstellungen und konservativer Sicherheitenbewertung, sowie
- die Sicherung einer nachhaltigen Profitabilität durch Kostendisziplin und durch Investitionen sowohl in neue Informationstechnologien als auch zum Schutz vor Cyberrisiken und vor den Auswirkungen des Klimawandels.
Der halbjährlich in englischer Sprache erscheinende Financial Stability Report der OeNB analysiert finanzstabilitätsrelevante Entwicklungen in Österreich und im internationalen Umfeld sowie Spezialthemen im Zusammenhang mit der Finanzstabilität.
Auf der OeNB-Website findet sich der Financial Stability Report 47.
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