Lange Zeit war die Traditionelle Europäische Medizin (TEM) in der Öffentlichkeit fast unbekannt. Inzwischen wird aber das Potential des regional verwurzelten Heilwissens neuentdeckt. Das TEM-Forum – der Dachverband im Werden – trifft sich gerade in Wien und sieht große Chancen: In der WHO bildet die Traditionelle Medizin eine feste Größe, und von der UNESCO wurden Verfahren der TEM bereits als Immaterielles Kulturerbe gelistet.
Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) und die indische Heilkunde Ayurveda haben ihren fixen Platz im Gesundheitsbewusstsein der Österreicher:innen und werden weithin anerkannt. „Jahrhundertealtes heimisches Heilwissen, das unter dem Begriff Traditionelle europäische Medizin (TEM) angewendet wird, ist hingegen bei vielen noch unbekannt“, sagt PD Dr. habil. Karl-Heinz Steinmetz, Healthcare Manager und Medizinhistoriker. „Dabei gibt es auch in Europa seit jeher ein ganzheitliches Medizinsystem mit Tradition. Wir brauchen also nicht in die Ferne schweifen, wenn wir nach einer bewährten Heilkunst als Ergänzung zur modernen Spitzenmedizin suchen.“
Europäischer Dachverband TEM-Forum vor kurzem initiiert
Um die Traditionelle Europäische Medizin, die seit ca. 500 v. Chr. schriftlich bezeugt ist, international zu etablieren, trifft sich das TEM-Forum als europäischer Dachverband im Werden von
14.–16. Juni in Wien. Das Forum vereint Gruppen und Personen aus Österreich, Schweiz, Deutschland, Italien, Tschechien, Frankreich, Griechenland und Liechtenstein. Als Ziele formuliert Präsident Karl-Heinz Steinmetz, „gesamteuropäische Anerkennung für die traditionelle Heilkunst Europas zu erlangen und TEM als wirksame Ressource der Gesundheitssorge und Medizin zu positionieren“.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO beschäftigt sich intensiv mit der Traditionellen Medizin (unter dem Begriff der TCIM = Traditional, Complementary and Integrative Medicine). „Derzeit dominieren da aber noch TCM und Ayurveda. Wir wollen dazu beitragen, dass die TEM eine anerkannte Terminologie und Benchmarks bekommt, die es für die asiatischen Medizinsysteme längst gibt“, so Steinmetz. „Die so genannte ‚Gujarat Deklaration‘ zur Traditionellen Medizin, die bei einem WHO-Weltgipfel im August 2023 verabschiedet wurde, ist eine wichtige Wegetappe, und wir rüsten uns gerade für die bald anlaufende neue Projektphase 2025–2034.“
„Die moderne westliche Medizin ist auf Medikamente und Chirurgie fokussiert, was etwa in der Unfall- und Akut-Medizin sowie bei gravierenden Erkrankungen eine große Stärke darstellt. Sie bedient sich neuester Medizintechnik, die innovative Behandlungsansätze möglich macht“, rückt auch die ehemalige Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat, MBA, die Bedeutung europäischen Heilwissens ins rechte Licht. „Die TEM ist hingegen ganzheitlich aufgestellt. Sie setzt etwa auf die Breitbandwirkung von Heilpflanzen, manuellen Verfahren und Anwendungen etc. Sie liefert Bausteine, welche die heutige konventionelle Medizin perfekt ergänzen können – ganz besonders im Bereich der Vorbeugung und der Behandlung von chronischen oder degenerativen Erkrankungen.“
Das werde, meint Rauch-Kallat, glücklicherweise in Expert:innenkreisen zunehmend erkannt.
TEM zunehmend durch Studien belegt und in Pub-Med-Datenbank publiziert
„TEM ist eine therapeutische Option“, unterstreicht Steinmetz. „TEM ist aber auch eine traditionelle Medizin. Sie wird inzwischen in geeigneten Studiendesigns auf der Grundlage einer transparenten Methodologie beforscht, und die Ergebnisse werden in Fachzeitschriften publiziert.“
So gibt es bereits einige ausgezeichnete Studien zur Sicherheit und Wirksamkeit der TEM, die in der Pub-Med-Datenbank gut zu recherchieren sind, indem man die englischen Begriffe, oder bei den Heilpflanzen die lateinischen Namen, eingibt.
Von UNESCO als Immaterielles Kulturerbe gelistet
Darüber hinaus gilt Traditionelle Heilkunde grundsätzlich als „Immaterielles Kulturerbe“ im Sinne der UNESCO-Konvention von 2003. Das ist auch der Grund, wieso die UNESCO Österreichische Nationalkommission als Schirmherrin des diesjährigen TEM-Forum-Treffens in Wien fungiert. Aus dem Bereich der Traditionellen Heilkunde Europas wurden unter anderem das Kneippen und das Heilwissen der Pinzgauer:innen bereits von der UNESCO gelistet.
Heilwissen der Pinzgauer:innen als Paradebeispiel
Durch die Geringschätzung von „Hausmitteln“ ab den 1960er Jahren verschwanden viele – seit Jahrhunderten überlieferte – Rezepturen für traditionelle europäische Arzneien wie hausgemachte Salben und Tinkturen. Um dem entgegenzutreten, begannen die im TEH Verein zusammengeschlossenen Pinzgauer:innen rund um Theresia Harrer-Vitzthum 2007 das überlieferte Heilwissen zu erheben und zu dokumentieren.
Der TEH Verein verfügt inzwischen über eine Liste von 106 Rezepturen, die verschiedene Pflanzen, Lebensmittel und Harze umfassen, welche besonders häufig eingesetzt und verwendet werden. Damit ein Rezept weitergegeben wird, muss sich seine Wirksamkeit über mehrere Generationen hinweg bewährt haben. „Wichtig ist dabei: Die verwendeten Heilmittel wie Pech, Arnika oder Johanniskraut sind lokal verfügbar, in den kulturellen Kontext eingebettet und so untrennbar mit der Region verbunden“
, betont Theresia Harrer Vitzthum. Einen besonderen Bezug haben die Saalachtaler zu den Harzen, vor allem Fichten-, Tannen- und Lärchenharz, denen eine zusammenziehende und desinfizierende Wirkung zugeschrieben wird. Darüber hinaus wird beispielsweise Johanniskrautöl zum Einreiben und zur Pflege verwendet. Es ist wichtig, die Wirkungen der Pflanzen gut zu kennen, um traditionell verwendete Kräuter richtig anzuwenden.
Die Pionierarbeit des TEH-Vereins wird beim Festabend des TEM-Forums Wien mit dem renommierten Förderpreis 2024 der ANME (Association for Natural Medicine in Europe) ausgezeichnet.
TEM als Baustein in Gesundheitsvorsorge
„Die traditionellen Medizinsysteme aus China, Indien und Tibet spielen schon seit den 1970er Jahren in der Gesundheitssorge eine wichtige Rolle: nämlich als Erweiterung, Abrundung und Ergänzung der herkömmlichen Medizin im Sinne einer ganzheitlichen Integrativmedizin“, meint Mag. Erika Sander, Generalsekretärin der Österreichischen Gesellschaft vom Goldenen Kreuze. „Die TEM wird als ein ebenbürtiger Baustein aber gerade erst wiederentdeckt.“
„Das wollen wir als Institution mit Fokus auf Prävention und Vorsorge unterstützen“, so Sander, „denn wir sind der Überzeugung, dass im heimischen Gesundheitswesen der Schwerpunkt ohnehin zu stark auf der Reparaturmedizin liegt und präventive Ansätze zu wenig gefördert werden.“ Die TEM sei gut geeignet, Menschen an eine eigenverantwortliche Gesundheitsvorsorge heranzuführen.“
Fotos finden Sie unter diesem Link: https://we.tl/t-VIXfalowI6
Über die Österreichische Gesellschaft vom Goldenen Kreuze
Die Österreichische Gesellschaft vom Goldenen Kreuze (ÖGGK) blickt auf eine über 130-jährige Geschichte zurück und widmet sich seit ihrer Gründung im Jahr 1893 dem Thema Gesundheit. Lange Zeit vor allem als Trägerin der Privatklinik Goldenes Kreuz bekannt, konzentriert sich die Gesellschaft heute als gemeinnütziger Verein auf Gesundheitsförderung und -prophylaxe. Unter dem Leitgedanken „Wir begleiten Sie durchs Leben – durch alle Lebensphasen und in allen Lebensbereichen.“ bietet die ÖGGK Gesundheitsangebote etwa im Bereich Ernährung oder Bewegung, Begünstigungen im medizinischen Bereich, Vorträge sowie Veranstaltungen im Kunst- und Kultursektor. www.oeggk.at
Über das TEM-Forum
Das TEM-Forum ist ein gesamteuropäischer Dachverband im Werden – in Sachen Traditioneller Europäischer Medizin. Er verdankt sich der Initiative von Karl-Heinz Steinmetz und Louis Hutter, die TEM zu professionalisieren und die verschiedenen TEM-Player aus ganz Europa an einem Tisch zusammenzubringen, um Synergien zu nutzen. www-tem-forum.org
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