Die Zahl der Vertriebenen weltweit ist im vergangenen Jahr und heuer erneut gestiegen und hat ein historisches Hoch erreicht. Laut dem heute vom UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR veröffentlichten „Global Trends Report“ waren mit Stand Mai 2024 120 Millionen Menschen weltweit gewaltsam vertrieben – das ist mehr als die Bevölkerungszahl von Deutschland, Österreich, Schweiz und der Niederlande zusammen.
Der jährliche UNHCR-Bericht zu Flucht und Vertreibung zeigt auf, dass neue und sich verändernde Konflikte wie auch das Unvermögen, bestehende Krisen zu lösen, zum zwölften Mal in Folge zu einem Anstieg der Vertreibungszahlen geführt haben.
Vor allem der verheerende Konflikt im Sudan treibt die Zahlen in die Höhe: Seit April 2023 wurden mehr als 7,1 Millionen Menschen innerhalb ihres Landes vertrieben, weitere 1,9 Millionen flohen über die Grenzen des Sudan. Insgesamt waren mit Ende 2023 10,8 Millionen Sudanesinnen und Sudanesen auf der Flucht. In der Demokratischen Republik Kongo und in Myanmar wurden im vergangenen Jahr Millionen von Menschen durch heftige Kämpfe innerhalb des Landes vertrieben.
Das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA schätzt, dass bis Ende letzten Jahres bis zu 1,7 Millionen Menschen (75 Prozent der Bevölkerung) im Gazastreifen durch die katastrophale Gewalt vertrieben wurden, wobei viele palästinensische Flüchtlinge mehrfach fliehen mussten. Syrien ist mit 13,8 Millionen Vertriebenen innerhalb und außerhalb des Landes nach wie vor die größte Vertreibungskrise der Welt.
„Hinter diesen drastischen und steigenden Zahlen verbergen sich unzählige menschliche Tragödien. Dieses Leid muss die internationale Gemeinschaft dazu veranlassen, dringend zu handeln und die Fluchtursachen zu bekämpfen“, sagte UN-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi. „Es ist höchste Zeit, dass die Kriegsparteien die grundlegenden Bestimmungen des Kriegsrechts und des Völkerrechts ingesamt respektieren. Ohne eine bessere Zusammenarbeit und gemeinsame Anstrengungen zur Bewältigung von Konflikten, Menschenrechtsverletzungen und der Klimakrise werden die Vertreibungszahlen weiter steigen und weiteres Leid sowie kostspielige humanitäre Maßnahmen verursachen.“
Der zahlenmäßig höchste Anstieg wurde bei der Gruppe der Binnenvertriebenen verzeichnet. Mit rund 68,3 Millionen Menschen, die vor Konflikten geflohen und im eigenen Land geblieben sind, wurde nach Angaben des Internal Displacement Monitoring Centre ein Anstieg um fast 50 Prozent innerhalb von fünf Jahren verzeichnet.
Die Zahl der Flüchtlinge und anderer Personen, die internationalen Schutzes bedürfen, ist auf 43,4 Millionen gestiegen (Flüchtlinge unter dem Mandat von UNHCR und UNRWA). Die überwiegende Mehrheit der Flüchtlinge lebt in Nachbarländern und rund 75 Prozent halten sich in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen auf, also in Ländern die zusammen weniger als 20 Prozent des Welteinkommens erwirtschaften.
Im aktuellen Bericht finden sich auch neue Analysen zur Klimakrise und ihren unverhältnismäßig großen Auswirkungen auf Vertriebene.
Einige positive Entwicklungen gab es laut „Global Trends Report“ im Jahr 2023 bei Rückkehr und Resettlement: Weltweit konnten im vergangenen Jahr mehr als fünf Millionen Binnenvertriebene und eine Million Flüchtlinge in ihre Heimat zurückkehren. Von Resettlement, der dauerhaften Neuansiedlung von besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen, konnten 2023 ebenfalls mehr Menschen profitieren, insgesamt waren es beinahe 160.000.
„Flüchtlinge – und die Gesellschaften, die sie aufnehmen – brauchen Solidarität und Unterstützung. Sie können einen Beitrag zur Gesellschaft leisten und tun dies auch, wenn sie die Möglichkeit dazu bekommen“, sagte Grandi. „Im vergangenen Jahr sind Millionen Menschen in ihre Heimat zurückgekehrt, das ist ein wichtiger Hoffnungsschimmer. Die Lösungen liegen auf dem Tisch. Wir haben gesehen, dass Länder wie Kenia bei der Inklusion von Flüchtlingen eine Vorreiterrolle spielen, aber es braucht mehr solches Engagement.“
120 Millionen vertriebene Menschen weltweit stehen vor unglaublichen Herausforderungen – und UNHCR wird weiterhin alles daransetzen, Lösungen und neue Ansätze für Menschen auf der ganzen Welt zu finden, die ihr Zuhause verloren haben.
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