Wegen 4.000 fehlender Polizist:innen, forderte die SPÖ im Innenausschuss ein Maßnahmenpaket, das über „Werbemaßnahmen“ zur Rekrutierung hinausgehe. Die FPÖ-Forderung, Personen aus Afghanistan und Syrien abzuschieben, wird von der ÖVP unterstützt. Der Koalitionspartner zeigte sich anderer Meinung. Die Abgeordneten beschäftigten sich zudem mit NEOS-Forderungen nach Maßnahmen zur Spionageabwehr sowie nach Maßnahmen bei der Migrations- und Integrationspolitik. Alle eingebrachten Anträge wurden durch Grüne und ÖVP vertagt.
Personalmangel bei der Polizei beschäftigt alle Parteien
„Bitte helfen Sie bei der Bewerbung des Berufs mit. Bewerben Sie ihn auch in der Familie und bei Bekannten!“, appellierte Innenminister Gerhard Karner an die Ausschussmitglieder noch bevor SPÖ-Mandatar Reinhold Einwallner über den von ihm initiierten Antrag zum Personalmangel bei der Polizei berichterstatten konnte (4019/A(E)). Die Herausforderungen würden immer größer, so der Minister. Die Anzeigenzahlen wegen Cybercrime und Extremismus stiegen stark. Karner führte das Ziel für das heurige Jahr aus: 2.500 Bewerberinnen und Bewerber für den Polizeiberuf zu gewinnen, alleine 1.000 davon für Wien. Heuer hätten hier bereits 384 Personen mit der Ausbildung begonnen. Für den Minister ist das ein „Erfolg“, da es fast viermal so viele seien wie im Vergleichszeitraum 2023. Karner führte die gesetzten Werbemaßnahmen ins Treffen. Obwohl vor allem in Vorarlberg und Wien Polizist:innen fehlen würden, sei es „Fakt“: „So viel Personal wie jetzt hat es noch nie gegeben.“
Einwallner entgegnete, dass Werbung alleine nicht genug sein werde. Die Zahlen würden zeigen, dass es zwar viele Planstellen gebe, aber viele nicht besetzt seien, was sich vor allem in den Polizeiinspektionen niederschlage. „Es sind um 4.000 weniger dienstbar als vor vier Jahren“, so Einwallner. Mit der derzeitigen Rekrutierung würde man es aber nicht einmal schaffen, die Pensionierungen abzufedern, führte der SPÖ-Mandatar aus. Für Werner Herbert (FPÖ) sei klar, dass es mehr Polizist:innen brauche. Ein Grund dafür seien die administrativen Arbeiten, die in den Polizeiinspektionen „mittlerweile 60 % der Arbeit ausmachen“. Außerdem würden die Polizeiinspektionen wegen der vielen Reformen, die vom Minister eingeleitet worden seien, „ausrinnen“.
ÖVP-Mandatar Wolfgang Gerstl ließ diese Argumente nicht gelten. Er führte an, dass sich die „Mannstärke“ seit 2017 um 3.000 Personen erhöht habe. Eine Abwanderung von den Polizeiinspektionen zu Spezialeinheiten habe es immer gegeben, Spezialkräfte würden immer aus der Basis rekrutiert werden. Die allgemeine demografische Situation wirke sich auch in diesem Sektor aus, etwa die Pensionierungswelle im Bereich der Babyboomer und der allgemeine Fachkräftemangel. Generell habe das Bundeministerium eine „beachtenswerte Situation“ geschaffen, indem man die Ausbildung modernisiert und attraktiviert habe. Gerstl nannte das Klimaticket für Polizeischüler:innen und die Möglichkeit, die Führerscheinkosten ersetzt zu bekommen, sowie eine Lockerung bei Tätowierungen. Man müsste sich „natürlich noch mehr anstrengen“, aber man müsste auch „respektieren, was getan wurde“. Der ÖVP-Mandatar stellte den Antrag auf Vertagung mit dem Hinweis „damit wir es immer wieder auf der Tagesordnung haben“.
Bei Stephanie Krisper von den NEOS sorgte das für wenig Begeisterung. Sie sprach von einem „desaströsen Status quo“ bei der Zahl der Polizist:innen. Die „relevanten Bedingungen werden nicht geändert“, stellte sie fest. Für sie sind das: die Unvereinbarkeit von Familie und Beruf, dass zu wenige Polizist:innen auf der Straße seien und daher „Unmengen an Überstunden“ geleistet werden müssten. „Ich kann unter diesen Bedingungen nicht mit gutem Gewissen für den Polizeiberuf werben.“
Für SPÖ ist Aktionsplan gegen Deepfakes vor den Wahlen dringend notwendig
Katharina Kucharowits (SPÖ), die normalerweise „nicht im Innenausschuss sitzt“, wie sie betonte, brachte das Thema Deepfakes “ mit einem Antrag auf die Tagesordnung (3979/A(E)). Deepfakes würden die „innerstaatliche Sicherheit gefährden und die Demokratie bedrohen“. Im Vorjahr (18. Jänner 2023) sei im Innenausschuss der Aktionsplan gegen Deepfakes einstimmig angenommen worden. „Nehmen Sie den Aktionsplan als Handlungsanleitung und legen Sie dem Nationalrat Vorlagen vor, um die Wahlen 2024 zu schützen“, forderte Kucharowits den Minister auf.
Georg Bürstmayr (Grüne) stimmte Kucharowits zu. „Deepfakes werden tatsächlich zunehmend zum Thema“, sagte er. Er verwies darauf, dass in der Koalition „eine Menge an Maßnahmen“ gesetzt würden. Der Grünen-Mandatar nannte die digitale Grundbildung in Schulen und die neue KI-Servicestelle bei der RTR. Auch auf EU-Ebene passiere viel. So würden Youtube und TikTok in die Pflicht genommen, gegen Deepfakes vorzugehen. Der „AI-Act“ stehe kurz vor der Beschlussfassung. Damit werde die Kennzeichnung von Deepfakes auf gesamteuropäischer Ebene verpflichtend, führte Bürstmayr aus und begründete damit seinen Vertagungsantrag.
NEOS-Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff ließ die genannten Gründe für eine Vertagung nicht gelten. Die „Russische Föderation und China arbeiten mit Trollfabriken, um Wahlen zu beeinflussen“, führte er aus. Man habe nur noch wenige Monate Zeit. „Es geht um das höchste Gut in der demokratischen Republik: demokratische Wahlen.“ Er halte es „für befremdlich für das gesamte Parlament, wenn wir bei solch einem Thema nicht aktiv werden“, betonte Hoyos-Trauttmansdorff. Kucharowits bezeichnete den Vertagungsantrag als „Gefahr“ und wollte vom Innenminister wissen, ob etwas in Vorbereitung sei. „Was ist der Plan?“, fragte sie. Der Innenminister ließ die Frage unbeantwortet. Kucharowits' Antrag wurde mit den Stimmen der Grünen und der ÖVP vertagt.
Vier Oppositionsanträge zu Asyl- und Integrationspolitik
SPÖ-Mandatar Christian Oxonitsch forderte die Umsetzung des 2017 beschlossenen Integrationsjahrgesetzes (4026/A(E)). Er führte aus, es habe den Zweck, Asylberechtigten, subsidiär Schutzberechtigten und Asylwerber:innen, bei denen die Zuerkennung des internationalen Schutzes sehr wahrscheinlich sei, die Sprache schnell zukommen zu lassen und die Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu fördern. Als Problem an dem Gesetz identifizierte Oxonitsch die budgetäre Dotierung“. Oxonitsch pochte darauf, dass Mittel zur Verfügung gestellt würden. Grünen-Mandatarin Faika El-Nagashi wies darauf hin, dass man „Integration ab Tag eins“ budgetär mit 75 Mio. € für 2024 und 75 Mio. € für 2025 ausgestattet habe. Zudem plädierte sie für die Einrichtung eines Integrationsausschusses in der nächsten Gesetzgebungsperiode. Ernst Gödl (ÖVP) zeigte sich überzeugt, dass Österreich ein „sehr gut aufgestelltes und gut funktionierendes Integrationsgesetz“ habe.
Handlungsbedarf beim Thema Integrationspolitik ortet auch NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper. Mit einem Entschließungsantrag machte sie deutlich, dass Vereine und Moscheen auf extremistisches bzw. demokratiefeindliches Agieren geprüft werden sollten (3834/A(E)). „Gibt es Verdachtsfälle, wird dem selbstverständlich nachgegangen“, betonte Abgeordnete El-Nagashi (Grüne). Nach dem Terroranschlag in Wien seien das Islamgesetz und des Vereinsgesetz novelliert worden. Ernst Gödl (ÖVP) stimmte zu, viele der nach dem Terroranschlag eingeleiteten Maßnahmen würden nun erst „richtig“ greifen.
Weiters ist es den NEOS ein Anliegen, dass Österreich im Rahmen des neuen EU-Migrationspaktes und der beginnenden zweijährigen Umsetzungsphase eine „konstruktive Rolle spielt“, wie Stephanie Krisper ausführte (4021/A(E)). Es gehe darum, die vorgesehenen „effektiven Kontrollen“ an der EU-Außengrenze und rasche, rechtsstaatliche Asylverfahren zu gewährleisten. Da man die gleichen „Zielsetzungen“ habe, sei es „eine Logik in sich, dass der Minister dahinter steht“, entgegnete ÖVP-Mandatar Gödl.
Die FPÖ brachte erneut die Forderung zur Abschiebung von Personen aus Afghanistan und Syrien ein (3084/A(E)). Hannes Amesbauer (FPÖ) nahm Bezug auf Aussagen des Innenministers, wonach auch er in diese Länder abschieben möchte: „Wir könnten Ihnen hier den Rücken stärken.“ Für Georg Bürstmayer (Grüne) ist eine Abschiebung in einen Staat, „wo Menschenrechte in jeder Form negiert werden, im Gegensatz zum Koalitionspartner nicht denkbar“.
Alle vier Entschließungsanträge wurden mit den Stimmen der Abgeordneten der Grünen und der ÖVP vertagt.
NEOS fordern Maßnahmen zur Spionageabwehr
Für Stephanie Krisper (NEOS) gibt es „im Bereich der russischen Spionage limitierte Ressourcen in unserem Verfassungsschutz“. Die Arbeit müsse „durch ausreichend fachlich kompetentes Personal“ verbessert werden (3995/A(E)). Andreas Minnich (ÖVP) verwies darauf, dass man hier „tolle Erfolge“ zu verzeichnen habe. Es werde gut gearbeitet bei der Ausbildung und beim Auswahlprinzip von „gut qualifiziertem Personal“, so Minnich. Mit der DSN habe man „große Schritte gemacht“. Für FPÖ-Abgeordneten Christian Ries befinde man sich heute auf einem ganz „neuen Niveau als früher mit dem BVT“. Dennoch sei es wichtig, hier Ressourcen zu investieren. Auch dieser Antrag wurde durch die Koalitionspartner vertagt. (Schluss Innenausschuss) map
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