„The Future of Fact Checking“: Desinformation und Gegenstrategien

APA-Konferenz: KI als Tool im Wahlkampf – Faktenbasierte Nachrichten „Kühlmittel in Meinungsmärkten“ – mit jungen Menschen in Dialog treten – Verschwörungsmythen als bewusste Verunsicherung und Geschäftsmodell

Künstliche Intelligenz als potenzielle Gefahr im Mediendschungel und zugleich als Hilfsmittel im Kampf gegen Fake News: Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Bereichen haben am Donnerstag bei der von der APA – Austria Presse Agentur veranstalteten Konferenz „The Future of Fact Checking“ in Wien über die Herausforderungen im Zeitalter von Desinformation und Fake News diskutiert. Die Debatte drehte sich dabei nicht zuletzt um Medienkompetenz, Desinformation bei Wahlen und den Januskopf der Künstlichen Intelligenz.

APA-Geschäftsführer Clemens Pig hob in seinen Eröffnungsworten die Bedeutung von Trusted Artificial Intelligence (AI) hervor, die „geschulte Hände“ brauche und nur in Kooperation mit Menschen funktioniere. Faktenbasierte Nachrichten seien, so Pig, „das Kühlmittel in stark überhitzten Meinungsmärkten“. Für Österreichs Medienmanagement skizzierte er die Gründung eines „Austria Media LLM“, in dem alle unabhängigen Medien ihre faktenbasierten und zuverlässigen Nachrichten in einem gemeinsamen sichereren System zum Trainieren von Sprachmodellen vereinen. Damit würde „eine Art faktenbasierte Null-Linie für einen geordneten medialen Diskurs im Meinungsbildungsprozess der Userinnen und User“ geschaffen.

In seiner Keynote zeigte YouTuber Alexander Prinz alias „Der dunkle Parabelritter“, wie einfach Bilder und Stimmen mittlerweile schon gefälscht oder nachgemacht werden können und welche Auswirkungen das sowohl auf Wahlkämpfe als auch auf politische Bildung in Schulen haben könnte. Ein von Schülerinnen und Schülern der AHS Mistelbach produziertes Video, in dem sie Mitschülerinnen und Mitschüler interviewten, zeigte darüber hinaus, dass sich junge Menschen nicht von klassischen Medien angesprochen fühlen.

In der anschließenden Diskussionsrunde über Medienkompetenz unterstrich Anna Jandrisevits, Journalistin bei „Die Chefredaktion“, wie wichtig der direkte Austausch mit Jugendlichen sei. Sie kritisierte außerdem, dass der Großteil der Medien Jugendliche und ihre Interessen nicht abbilden würde: „Warum nimmt man Themen nicht ernst, nur weil sie junge Menschen interessieren?“. Barbara Buchegger von Safer Internet – einer Initiative zur sicheren Nutzung des Internets – betonte zudem, dass es mehr Nachrichten direkt für Jugendliche und auch Kinder brauche: „Kinder kennen keine Nachrichten mehr, weil sie zu Hause nicht mehr laufen, und dann können sie irgendwann nicht mehr unterscheiden zwischen seriösen Quellen und Memes.“

In einem Impuls-Vortrag erläuterte Susanne Lackner, stellvertretende Vorsitzende der KommAustria, die Auswirkungen des Digital Services Act (DSA) auf den Kampf gegen Desinformation, und wie dadurch neue Spielregeln sowie ein sicheres und vertrauenswürdiges Online-Umfeld entstehen könnten.

Im Zentrum der zweiten Diskussionsrunde standen die Auswirkungen von Verschwörungsmythen, etwa rund um Migration, Corona sowie weitere Krisen und Konflikte. Verschwörungstheorien seien nicht nur für rechte Akteure zur Verbreitung von Angst und Misstrauen nützlich, sondern auch für Geschäftsleute, meinte die Psychologin Ulrike Schiesser von der Bundesstelle für Sektenfragen. „Man bekommt leichter eine Bühne mit Horrorgeschichten als mit Faktenchecks“, so Schiesser.

Die Journalistin Carola Schneider, die aus dem ORF-Büro Moskau zugeschaltet wurde, betonte, dass Russland ein großes Interesse daran habe, Menschen in Europa zu verunsichern und Konflikte aufzublasen, die schon existierten: „Das Ziel ist, dass in Europa niemand mehr an etwas glaubt“. Das passiere etwa mit Trollfabriken, Bots oder Deepfakes – also Fotos oder Videos, die mithilfe von künstlicher Intelligenz erzeugt wurden. Karl-Heinz Grundböck, Kommunikationsleiter des Parlaments, versicherte, dass Wahlen selbst – weil analog abgehalten – nicht manipuliert werden könnten. Desinformation im Vorfeld könne aber die Wahlentscheidung von Bürgerinnen und Bürgern sehr wohl beeinflussen.

Als Anstoß für die dritte und letzte Diskussionsrunde wurde ein Video des KI-Video-Künstlers „Kurt Fleisch“ gezeigt, der mit künstlicher Intelligenz bekannte österreichische Politiker und Politikerinnen, etwa SPÖ-Obmann Andreas Babler oder FPÖ-Chef Herbert Kickl, gemeinsam ein Lied singen ließ. Darauf folgte ein Dialog über die neuesten Entwicklungen von künstlicher Intelligenz und wie gefährlich sie für das Manipulieren von Wahlen werden könnten. Die Wissenschaftlerin Viorela Dan von der Universität Innsbruck sah derzeit allerdings noch keinen Grund zur Sorge: „Die Inhalte sind im Moment noch nicht plausibel genug, dass sie Wahlen manipulieren könnten, selbst wenn die Technik schon weit genug wäre.“

Auch Valerie Schmid von APA-Faktencheck wies darauf hin, dass es zumeist gar keine KI brauche, um “erfolgreiche” Fakes zu erstellen. Bei den allermeisten Falschinformationen im Internet handle es sich um sehr einfach gemachte Fakes, wie alte Bilder oder Videos als neu auszugeben oder in einem falschen Kontext zu verbreiten. Gleichzeitig habe der Parlamentswahlkampf in der Slowakei im September 2023 gezeigt, dass Deepfakes bereits eingesetzt würden. Der Pressesprecher von Google Austria, Wolfgang Fasching-Kapfenberger, wies auf technische Lösungen zur Erkennung von Fakes und zur Kennzeichnung von KI hin, die etwa auf YouTube seit einiger Zeit im Einsatz seien. Schmid warf ein, dass Tools zur Detektion von Fakes und KI nur bedingt geeignet seien, da diese Desinformation häufig nicht als solche erkennen würden.   

Das Event wurde von Google, der Stadt Wien, der KommAustria und dem Österreichischen Parlament unterstützt.

Die Veranstaltung zum Nachsehen in Video und Bild ist verfügbar unter: https://apa.at/blog/the-future-of-fact-checking-nachlese/

Begrüßung: APA-Geschäftsführer Clemens Pig

Keynote: Alexander Prinz (YouTuber „Der dunkle Parabelritter“)

Panel 1: Jugendliche und Desinformation
Barbara Buchegger (Safer Internet / Österreichisches Institut für angewandte Telekommunikation)
Anna Jandrisevits (Die Chefredaktion)
Alexander Prinz (YouTuber „Der dunkle Parabelritter“)
Thomas Rott (Kurier-Bildungsplattform „Was jetzt Schule“)
Isabella Zins (BORG Mistelbach / Vorsitzende der AHS-DirektorInnen)

Keynote Susanne Lackner, KommAustria

Panel 2: Desinformation und Wahlen
Jakob Moritz Eberl (Universität Wien)
Karl-Heinz Grundböck (Österreichisches Parlament)
Ulrike Schiesser (Bundesstelle für Sektenfragen)
Carola Schneider (ORF/Moskau)
Sophie Timmermann (Rechercheplattform Correctiv)  

Panel 3: Künstliche Intelligenz und Gesellschaft
Viorela Dan (Universität Innsbruck)
Wolfgang Fasching-Kapfenberger (Google Österreich)
„Kurt Fleisch“ (KI-Video-Künstler)
Valerie Schmid (APA-Faktencheck)
Stefan Woltran (Technische Universität Wien)

Weitere Bilder in der APA-Fotogalerie

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