Rund 1,9 Millionen Menschen in Österreich fühlen sich gesundheitsbedingt in ihren Alltagsaktivitäten eingeschränkt. Sie sind stärker von Armut betroffen und haben geringere Bildungs- und Erwerbschancen als die Gesamtbevölkerung. Das zeigt ein Bericht, der im Auftrag des Sozialministeriums von Statistik Austria erstellt wurde. Er gibt erstmals einen guten Überblick über die Lebenssituation von Menschen, die nach dieser Definition mit Behinderungen leben. Der Bericht liefert unter anderem Daten zu Einkommen, Wohnsituation, Bildung und Arbeit. “Für eine volle Teilhabe von Menschen mit Behinderung ist noch viel zu tun. Das zeigt der Bericht deutlich. Er liefert gleichzeitig eine fundierte Grundlage für weitere Maßnahmen“, sagt Sozialminister Johannes Rauch. Zwei weitere Berichte mit Auswertungen aus bestehenden Registerdaten des Bundes sind noch geplant. Zusammen bilden sie die Grundlage für eine regelmäßige Behinderungs- und Teilhabestatistik. ***
Die Zuständigkeit für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen ist zwischen dem Bund und den Ländern aufgeteilt. Aufgrund der unterschiedlichen Kompetenzen fehlte bisher eine umfassende Darstellung zu ihrer Lebenssituation. Um diese Lücken zu schließen, hat das Sozialministerium Statistik Austria mit dem Aufbau einer regelmäßigen sogenannten “Behinderungs- und Teilhabestatistik” beauftragt. Der erste Zwischenbericht wurde heute veröffentlicht. Er stützt sich auf bereits vorhandene Daten von Statistik Austria und neue Befragungsergebnisse.
Demnach fühlen sich in Österreich rund 1,9 Millionen Menschen im Alltag gesundheitlich eingeschränkt bzw. haben eine physische oder psychische Behinderung. Rund 46 Prozent der Betroffenen sind Frauen, rund 54 Prozent sind Männer.
Armut und soziale Ausgrenzung höher als in Gesamtbevölkerung
Im Jahr 2022 betrug das durchschnittliche Haushaltseinkommen von Menschen mit Behinderungen rund 28.400 Euro pro Jahr (Gesamtbevölkerung: 32.718 Euro). 5,5 Prozent waren erheblich materiell und sozial benachteiligt und konnten sich alltägliche Dinge wie Miete, Heizen oder Lebensmittel nicht leisten – doppelt so viele wie in der Gesamtbevölkerung. Rund 22 Prozent waren 2022 armuts- oder ausgrenzungsgefährdet (Gesamtbevölkerung: 17,8 %).
Die Folgen der hohen Inflation haben auch Menschen mit Behinderungen stark belastet. So waren Ende 2022 rund 43 Prozent in den vorangegangenen zwölf Monaten von Einkommensverlusten betroffen (Gesamtbevölkerung: 32 %). Menschen mit Behinderungen haben auch öfter Schwierigkeiten, mit dem Haushaltseinkommen auszukommen und ihren Wohnraum angemessen warm zu halten.
Bildungsniveau und Erwerbschancen geringer
Die gesundheitlichen Einschränkungen mindern auch die Bildungschancen: 8,4 Prozent der Menschen mit Behinderungen haben einen akademischen Abschluss, bei Menschen ohne Behinderungen sind es rund 20 Prozent. Matura haben nur etwa halb so viele Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen.
Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei der Erwerbstätigkeit: Während 2022 rund 78 Prozent aller Menschen ohne Behinderungen erwerbstätig waren, waren es bei Menschen mit Behinderungen nur 54 Prozent. Rund 34 Prozent davon waren teilzeitbeschäftigt. Im Schnitt benötigen Menschen mit Behinderungen 21,4 Monate, um eine Arbeit zu finden.
Rauch: Volle Inklusion braucht breiten Schulterschluss
“Dass Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen im Alltag vor größeren Schwierigkeiten stehen als gesunde Menschen, liegt auf der Hand. Gerade deshalb hat sich Österreich im Rahmen der UN-Behindertenrechtskonvention dazu verpflichtet, ihnen volle Inklusion in allen Lebensbereichen zu ermöglichen – sei es am Arbeitsmarkt, im Bildungsbereich, beim Wohnen oder im Alltag”, betont Sozialminister Johannes Rauch. “Nun haben wir erstmals konkrete Daten in vielen Bereichen zu ihrer Lebenssituation und können Maßnahmen noch zielgerichteter gestalten.”
Für Rauch ist die berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen ein wichtiger Schlüssel für ein selbstbestimmtes Leben. Hier seien in den vergangenen Jahren wichtige Fortschritte gelungen, etwa das Pilotprojekt für eine einheitliche Persönliche Assistenz in Beruf und Freizeit. Mitte März hatte die Regierung 36 Millionen Euro für Pilotprojekte für “Lohn statt Taschengeld” beschlossen.
Zwei weitere Berichte sind noch geplant. Sie sollen unter anderem die vorhandenen Registerdaten des Bundes zusammenfassen. Auch Daten der Länder sollen mit einfließen. Zusammen bilden sie die Grundlage für den Aufbau einer regelmäßigen Behinderungs- und Teilhabestatistik. Der nächste Bericht soll noch vor dem Sommer vorliegen.
Der erste Zwischenbericht der Statistik Austria ist unter www.sozialministerium.at abrufbar.
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