Mit Ausnahme der SPÖ haben sich heute auch in der Länderkammer alle Fraktionen dafür ausgesprochen, die Ausbildung zur Psychotherapie zu akademisieren und auf neue Beine zu stellen. Ab 2026 wird es somit erstmals möglich sein, sich an Universitäten und Fachhochschulen zur Psychotherapeutin bzw. zum Psychotherapeuten ausbilden zu lassen. Zentraler Bestandteil des Gesetzentwurfs ist die Einrichtung eines zweijährigen Masterstudiengangs mit insgesamt 500 Ausbildungsplätzen.
Die Vertreter:innen von ÖVP und Grünen sprachen von einem Meilenstein, einer schon längst überfälligen Neuregelung und einem wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der psychosozialen Versorgung der Bevölkerung. Die SPÖ-Fraktion in der Länderkammer blieb bei ihrer Kritik am Gesetz und begründete diese vor allem mit der Beschränkung der Studienplätze sowie mit den für den dritten Ausbildungsteil noch immer anfallenden Kosten in der Höhe von bis zu 20.000 €. Ein von ihr dazu eingebrachter Entschließungsantrag, der überdies die Forderung nach einer Ausweitung der ärztlichen Kassenvertragsstellen enthielt, fand bei der Abstimmung keine Mehrheit.
Nur die Zustimmung von ÖVP und Grünen fand eine Sammelnovelle, die eine Reihe von kleineren Änderungen im Sozialversicherungsrecht zum Inhalt hat. Vor allem wurden verschiedene ältere Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs in das ASVG und andere Sozialversicherungsgesetze eingearbeitet sowie Adaptierungen beim Rehabilitationsgeld vorgenommen. Die FPÖ kritisierte vor allem, dass durch die Vorlage eines Initiativantrags die Durchführung eines Begutachtungsverfahren nicht möglich gewesen sei. Die SPÖ forderte die Beseitigung von Benachteiligungen im Pensionsrecht; der dazu eingebrachte Entschließungsantrag fand jedoch keine Mehrheit.
Keinen Einspruch erhob der Bundesrat zudem gegen das Abkommen zwischen Österreich und Japan über soziale Sicherheit. Vorrangiges Ziel dieses Staatsvertrags ist es, Personen, die sowohl in Österreich als auch in Japan erwerbstätig waren, bei der Gewährung von Pensionsleistungen mit anderen Pensionsbezieher:innen gleichzustellen.
500 Masterstudienplätze ab 2026 für breiten und kostengünstigen Zugang
Fast 34 Jahre nach Inkrafttreten des ersten Psychotherapiegesetzes wird die Ausbildung nun akademisiert und auf völlig neue Beine gestellt. Die im Rahmen des zweijährigen Masterstudiengangs vorgesehenen 500 Plätze pro Jahr, die im Universitätsgesetz verankert wurden, sollen im ganzen Bundesgebiet verteilt angeboten werden, heißt es in der Novelle.
Der Studiengang kann an „allen anerkannten postsekundären Bildungseinrichtungen“ installiert werden, wodurch auch die Fachhochschulen einbezogen sind. Zulassungsvoraussetzung für das neue Masterstudium ist ein fachlich einschlägiges Bachelorstudium bzw. die Berechtigung zur Ausübung bestimmter Berufe. Die Liste umfasst neben Psychologie und Medizin auch Soziale Arbeit, Sozialpädagogik, Musiktherapie, Psychosoziale Beratung, Medizinisch-Technische Dienste, diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegeberufe sowie Hebammen.
Der dritte Ausbildungsteil besteht aus einer postgraduellen Fachausbildung bei anerkannten psychotherapeutischen Fachgesellschaften und aus Praktika mit Patientenkontakt, während der man schon unter Supervision arbeiten kann. Die praktische Ausbildung muss – mit Ausnahme der Selbsterfahrung und der Lehrsupervision – in psychiatrisch-psychosomatischen Einrichtungen absolviert werden. Ein Teil davon ist auch im niedergelassenen Bereich, insbesondere in psychotherapeutischen Lehrpraxen und Praxisgemeinschaften, möglich.
Auf diese Weise sollen die Studierenden mit den unterschiedlichen Settings, in denen Psychotherapie stattfindet, vertraut gemacht werden. Ziel ist die Absolvierung eines Teil der praktischen Ausbildung in Beschäftigungsverhältnissen, um die Versorgungssituation zu verbessern. Abgeschlossen wird das Studium mit einer staatlichen Approbationsprüfung.
Bei der Abstimmung als miterledigt galten zudem der FPÖ-Entschließungsantrag zur Etablierung von Musiktherapie in Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen sowie die Initiative der NEOS betreffend Akademisierung der Psychotherapie.
SPÖ übt erneut Kritik an zu wenig Studienplätzen sowie an den hohen Kosten für den dritten Ausbildungsteil
Seine Fraktion werde dem Gesetz nicht zustimmen, erklärte Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ/B), da für den dritten Ausbildungsabschnitt noch immer Kosten in der Höhe von 10.000 € bis 20.000 € anfallen können. Damit werde ein großer Personenkreis ausgeschlossen, der sich das nicht leisten könne. Einen ähnlich elitären Zugang lege die ÖVP auch bei der Debatte über die Arbeitszeit an den Tag, wo den Bediensteten nun 41 Stunden zugemutet werden sollen. Außerdem bemängelte Kovacs, dass nur 500 Studienplätze eingerichtet werden sollen, obwohl sich allein im letzten Jahr 594 Psychotherapeut:innen in das Berufsregister eingetragen hätten.
Grüne: Neuregelung ist wichtiger Baustein zur Verbesserung der psychosozialen Versorgung und der Prävention
Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/O) sprach von einer wichtigen Weiterentwicklung und Fortsetzung eines bereits im Jahr 1990 begonnenen Weges zur Schaffung von rechtlichen Rahmenbedingungen für das Berufsbild der Psychotherapie. Der Neufassung seien intensive Beratungen unter anderem mit dem Berufsverband vorausgegangen, um ein zeitgemäßes Gesetz zu schaffen, das die psychosoziale Versorgung der Bevölkerung weiter verbessern werde. Ein Kernstück davon sei die dreigliedrige akademische Ausbildung, erläuterte Hauschildt-Buschberger, wobei der letzte Abschnitt bereits sehr viel Praxisbezug – zum Beispiel im Rahmen von psychotherapeutischen Lehrpraxen, Ambulanzen und Krankenanstalten – aufweise.
ÖVP: Gesetz ermöglicht breiten und kostengünstigen Zugang zur Ausbildung für Psychotherapie
Immer mehr Menschen seien von psychischen Erkrankungen betroffen und hätten das Recht, gut betreut und versorgt zu werden, meinte Bundesrätin Sandra Böhmwalder (ÖVP/N). Der vorliegende Gesetzentwurf schaffe die Grundlage, den Mangel an Fachkräften in der Psychotherapie und fehlenden Angeboten im niedergelassenen Bereich entgegen zu wirken. Nach fast 34 Jahren werde somit ein weiterer wichtiger Meilenstein gesetzt und die Ausbildung der Psychotherapie auf völlige neue Beine gestellt. Es sei auch nicht von der Hand zu weisen, dass sich die Kosten für die Ausbildung um über drei Viertel reduzieren werden, hielt Böhmwalder der SPÖ entgegen. In Hinkunft sei zudem die Einrichtung eines eigenen Bachelor-Studiums für Psychotherapie geplant. Ein Schwerpunkt werde auch auf das Sammeln von praktischen Erfahrungen in speziellen Versorgungeinrichtungen gelegt, wo die Studierenden bereits die Möglichkeit haben werden, ein Einkommen zu erzielen, hob die Bundesrätin hervor.
Ihr Fraktionskollege Günther Ruprecht (ÖVP/St) erinnerte daran, dass erstmals 1991 ein berufsrechtlicher Rahmen beschlossen wurde, der nun aktualisiert und an die neuen Herausforderungen angepasst werde. Nun seien aber auch die Länder gefordert, um genügend Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. Bezüglich der anfallenden Kosten im dritten Abschnitt gehe er davon aus, dass sich ein Teil davon „neutralisieren“ werde, zumal die Student:innen bereits in Supervision arbeiten könnten.
FPÖ führt hohen Bedarf an Psychotherapeut:innen auf das „katastrophale Krisenmanagement“ während der Corona-Pandemie zurück
Eine Modernisierung der rechtlichen Grundlage für die Psychotherapieausbildung sei nach über drei Jahrzehnten notwendig gewesen, urteilte Bundesrat Günter Pröller (FPÖ/O). Er bezweifelte aber, dass man mit den vorgesehenen 500 Studienplätzen das Auslangen finden werde, um eine qualitätsvolle Versorgung der Bevölkerung sicherstellen zu können. Kritisieren müsse man weiters die Tatsache, dass das Gesetz zu spät komme und dass die für die Patient:innen anfallenden Behandlungskosten nicht zur Gänze übernommen würden. Positiv beurteilte er jedoch die massive Reduktion der Ausbildungskosten, die mit der Neuregelung einhergehe, sowie die Einbeziehung der Fachhochschulen. Der Bedarf an Psychotherapeut:innen sei mittlerweile enorm hoch, was seiner Meinung nach vor allem auf das „katastrophale Krisenmanagement“ während der Corona-Pandemie zurückzuführen sei. Vor allem bei Kindern und Jugendlichen sei eine massive Zunahme an Belastungs-, Angst- und Essstörungen bis hin zu Selbstmordgedanken feststellbar.
Debatte über Sozialversicherungsrecht sowie über Pensionen
Im Zuge der sozialversicherungsrechtlichen Sammelnovelle werden einige Anpassungen vorgenommen, die aufgrund von höchstgerichtlichen Urteilen erforderlich waren, konstatierte Bundesrätin Claudia Arpa (SPÖ/K). Bedauerlicherweise würden aber andere bestehenden Lücken, wie etwa die noch immer ausstehende verfassungskonforme Besetzung der Organe der BVAEB, nicht geschlossen. Sie nahm zudem die Debatte über sozialpolitische Themen zum Anlass, um der ÖVP-Forderung nach einer Erhöhung des Pensionsalters „eine klare Absage“ zu erteilen. Es sei vielmehr dringend notwendig, die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass das Pensionsantrittsalter ohne gesundheitliche Defizite erreicht werden könne und dass vor allem Frauen genügend Pensionszeiten erwerben können. Wichtig wären auch die Abschaffung der Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung sowie die Einführung einer Schutzklausel in der Höhe des Anpassungsfaktors des jeweils zweitfolgenden
Kalenderjahres, um lebenslange Pensionsverluste zu vermeiden. Kritik übte Arpa am Vorschlag der Industriellenvereinigung nach einer Erhöhung der Wochenarbeitszeit auf 41 Stunden ohne Lohnausgleich, zumal jetzt schon jede vierte in Österreich geleistete Überstunde nicht entlohnt werde.
Die Novelle, die einige positive Änderungen enthalte, sei wieder einmal ein Beispiel dafür, dass die Regierungsfraktionen Begutachtungsverfahren vermeiden und alles schnell in Form eines Initiativantrags erledigen wollen, bemängelte Andrea Michaela Schartel (FPÖ/St). Deshalb werde ihre Fraktion dem Gesetz nicht zustimmen.
Seit dem Jahr 2014 wurde das ASVG schon 113 Mal novelliert, so Marco Schreuder (Grüne/W), nunmehr erfolge erneut eine Anpassung. Als Beispiel führte er Änderungen bei der Hinterbliebenenpension an, die aufgrund der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Partner:innen erforderlich geworden sei. In der Praxis würde aber schon längst der Spruch des Verfassungsgerichtshofs gelebt, informierte er.
Man könne stolz auf ein hervorragendes Sozial- und Gesundheitssystem in Österreich sein, das laufend – so wie bei der vorliegenden Novelle – weiter entwickelt werde, unterstrich Ernest Schwindsackl (ÖVP/St). In den letzten Jahren wurden etwa gerade die niedrigen Pensionen über dem Inflationsniveau angepasst. Er könne daher nicht nachvollziehen, wenn allein aus „parteikämpferischer Manier“ alles krank geredet werde,
Der von der SPÖ eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „notwendige Maßnahmen im Pensionsrecht“ fand bei der Abstimmung keine Mehrheit. (Fortsetzung Bundesrat) sue
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