„Am Markt“: „Am Schauplatz“-Reportage über einen besonderen Wiener Mikrokosmos

Wien (OTS) – Die Wiener Märkte waren stets ein Abbild gesellschaftlichen Wandels. Bis heute sind sie ein begehrter Arbeitsplatz für zahlreiche Neuösterreicher und zugleich wichtigster Umschlagplatz für ihre Waren. Für die „Am Schauplatz“-Reportage „Am Markt“ – zu sehen am Donnerstag, dem 18. April 2024, um 21.05 Uhr in ORF 2 – war Ed Moschitz in Wien unterwegs und hat das vielfältige Treiben zwischen Gemüseständen und Kebabbuden über Monate beobachtet.

Frau Rosa wohnt seit den 1970er Jahren beim Wiener Brunnenmarkt. Als sie hier einzog, waren die Marktfahrer noch überwiegend Österreicher. Weil die aber oft keinen Nachfolger fanden, wurden die Standplätze meist an Zuwanderer vergeben. Heute arbeiten am längsten Straßenmarkt Wiens Menschen aus 46 Ländern. Auch deswegen wollte die 87-Jährige schon vom Marktgebiet wegziehen. Doch eine günstige geräumige Wohnung, die genügend Platz für ihre Teddybären-Sammlung bietet, konnte sie nirgendwo finden. Ihren 200 Stoff-Bären zuliebe sei sie daher geblieben.

Herr Philipp, ein Burgenländer, hat sich am Markt „verirrt“, wie er sagt. Das bunte Treiben hier sei jedoch eine willkommene Zerstreuung von belastenden Erbschaftsstreitigkeiten, die gerade in seiner Familie toben. Seine Mutter ist kürzlich verstorben. „Notariell stehen mir 200.000 Euro zu, aber ich will eine Million“, zeigt er sich kämpferisch. Damit soll ein Porsche-Sondermodell aus Deutschland geholt werden.

Frau Anna, 69, betreibt in der Markthalle ein kleines „Tschocherl“. Früher hätte sie davon gut leben können, doch nun bleiben ihre Stammkunden immer öfter aus. „Die haben 1.500 Euro und zahlen davon 800 Euro Miete, da bleibt denen nichts mehr übrig“, rechnet sie vor. Wenn die Stimmung im Lokal gegen Monatsende zu kippen droht, stimmt sie für ihre Gäste gern Liebeslieder an. Früher, in Polen, war sie professionelle Sängerin, ihre Lieder hat sie sogar schon in Rom für den Papst gesungen.

Am Viktor-Adler-Markt stört manche, dass die österreichischen Standler am Bauernmarkt immer weniger werden. Kaum ein Österreicher ist noch bereit, sich das tägliche Auf- und Abbauen der Stände bei jeder Witterung anzutun. Frau Manuela macht diesen Knochenjob seit ihrer Jugend, auch, weil sie keine andere Berufsausbildung hat. Ihre Tochter sollte es besser haben, die hat Matura und sei bereits im Bauwesen tätig. Erst kürzlich musste sie wieder mit dem Marktamt um ihren „fixen Standplatz“ feilschen. Mit Erfolg, doch der Frust sitzt bei Frau Manuela tief: „Bis zur Pension noch und hinter mir die Sintflut“, sagt sie. Dass es unlängst am Bauernmarkt zwischen einigen Marktfahrern zu einer handfesten Auseinandersetzung kam, ließ erneut die Wogen hochgehen.

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