EU-Unterausschuss: GAP-Verwaltungsvereinfachungen als Reaktion auf Bauernproteste

Ein EU-Verordnungsvorschlag zur Vereinfachung des Verwaltungsaufwands bei der Gemeinsamen Agrarpolitik insbesondere für kleinere Landwirtschaftsbetriebe stand heute auf der Tagesordnung des EU-Unterausschusses. In Folge der Bauernproteste hat die Kommission die Umsetzung der GAP-Strategiepläne evaluiert und dieses Paket ausgearbeitet.

Heftige Kontroversen löste im Ausschuss ein Antrag der Freiheitlichen aus, der in der Minderheit blieb. Darin forderte die FPÖ ein Import-Verbot für ukrainisches Getreide und einen Stopp von Finanzmitteln an die „Kriegspartei“ Ukraine. Insbesondere SPÖ, Grüne und NEOS orteten darin eine Russlandnähe der FPÖ und sprachen von einem „in Moskau geschriebenen Antrag“, von „Kriegstreiberei“ und von „Agenten des Kremls in der österreichischen Politik“.

Ebenfalls in der Minderheit blieb eine SPÖ-Forderung nach Beibehaltung und weiteren Ausbau von sozialen Standards (soziale Konditionalität) als Teil der GAP.

Weiters debattierten die Abgeordneten einen Verordnungsentwurf, der die Anpassung der europäischen Wälder an die Klimaveränderungen unterstützen und diese widerstandsfähiger machen soll. Konkret soll ein Monitoringsystem die Datenbasis für politische Entscheidungen verbessern.

GAP-Strategiepläne: Vereinfachungen in Folge der Bauernproteste

Mit den Strategieplänen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) will die Europäische Union den Agrarsektor so fördern, dass dieser die Ernährungssicherheit langfristig gewährleistet und gleichzeitig der Umwelt- und Klimaschutz sowie die ländliche Entwicklung unterstützt werden. Seit 2023 setzen die Mitgliedstaaten die von ihnen ausgearbeitete GAP-Strategiepläne um. Diese beinhalten unter anderem Unterstützungen für Landwirt:innen, für Investitionen und für die Entwicklung des ländlichen Raums. Nach einem Jahr Umsetzung und einer umfassenden Analyse hat die Europäische Kommission ein Paket mit Vereinfachungen vorgelegt. Auch in Folge der Bauernproteste sei deutlich geworden, dass Anpassungen für eine wirksame Umsetzung und eine Reduktion des Verwaltungsaufwands erforderlich seien, wird darin angeführt. Die vorgeschlagenen Anpassungen der Verordnung über die GAP-Strategiepläne betreffen vor allem Änderungen, die den Landwirt:innen zugutekommen, indem der Verwaltungsaufwand verringert wird. So sollen kleinere Betriebe von Kontrollbesuchen zur Prüfung der Grundanforderungen ausgenommen werden. Ebenso sind Vereinfachungen bei den Standards für einen guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand der landwirtschaftlichen Flächen (GLÖZ) vorgesehen. Zudem soll mehr Flexibilität den nationalen Verwaltungen ermöglichen, die Umsetzung an die Situation der Landwirt:innen anpassen zu können.

Die Versorgung der europäischen Bevölkerung mit hochwertigen Lebensmitteln sei seit jeher ein zentrales Anliegen der europäischen Agrarpolitik gewesen, betonte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig in seiner Stellungnahme im Ausschuss. Seit Anfang 2023 gelte die neue Gemeinsame Agrarpolitik. Dabei habe der Umwelt- und Klimaschutz zum Erreichen der EU-Klimaziele deutlich an Bedeutung gewonnen. Es habe sich aber gezeigt, dass die bürokratische Entlastung der Landwirt:innen „dringend notwendig“ sei. Er unterstütze daher den von der Europäischen Kommission vorgelegten Vorschlag, betonte Totschnig. Wichtig sei, dass dieser rasch und rechtzeitig für die Antragstellung 2025 ab November 2024, in Kraft tritt. Bevor in Österreich Vereinfachungsmaßnahmen getroffen werden, gelte es die endgültige Verordnung abzuwarten, meinte Totschnig auf die entsprechenden Fragen von Georg Strasser (ÖVP), Martin Engelberg (ÖVP), Peter Schmiedlechner (FPÖ) und Karin Doppelbauer (NEOS). Die Vereinfachungen würden zu mehr Flexibilität, aber nicht zu einer Reduktion der Ziele führen, hob der Minister hervor.

Es sei davon auszugehen, dass dem Kommissionsvorschlag für die Vereinfachungen entsprechende Daten zugrunde liegen. Ziel war aber eine rasche Umsetzung, weswegen auf eine Wirkungsfolgenabschätzung verzichtet wurde, meinte Totschnig zu Jörg Leichtfried (SPÖ) und Olga Voglauer (Grüne). Die Aufweichung der Standards beim ökologischen Zustand der Flächen trage nicht zur Artenvielfalt bei und wirke damit auch nicht der Klimakrise entgegen, kritisierte Olga Voglauer (Grüne) die nicht erfolgte Wirkungsfolgenabschätzung. Hinsichtlich der Biodiversitätsflächen sei kein Rückgang zu erwarten, meinte der Minister zu Elisabeth Feichtinger (SPÖ).

Die Eindämmung der Bürokratie sei im Bereich der Landwirtschaft wichtig, dennoch müssen die Ziele beibehalten und erreicht werden, forderte Karin Doppelbauer (NEOS) angesichts des „großen Hebels“ der Landwirtschaft beim Klimaschutz.

SPÖ tritt für soziale Standards als Teil der GAP ein

Die in der GAP vorgesehene soziale Konditionalität, wonach Agrarsubventionen gekürzt werden können, wenn Agrarbetriebe gegen bestimmte arbeits- und sozialrechtliche Bestimmungen verstoßen, thematisierte Elisabeth Feichtinger (SPÖ) mittels eines Antrags auf Stellungnahme, der mit den alleinigen Stimmen der SPÖ in der Minderheit blieb. Darin forderte die Sozialdemokratin, dass die Regelung beibehalten und im Zuge der nächsten GAP-Periode weiter ausgebaut wird. Die soziale Konditionalität gewährleiste die Einhaltung sozialer Standards, meinte Georg Strasser (ÖVP) und sah keinen Änderungsbedarf aus österreichischer Sicht. Die Stärkung der sozialen Konditionalität sei wichtig, meinte Olga Voglauer (Grüne) und verwies auf die in Österreich getroffenen besseren Standards für Erntehelfer:innen. Mit der sozialen Konditionalität sei „einiges geschaffen“ worden, meinte Karin Doppelbauer (NEOS) und forderte Maßnahmen, um Österreich attraktiver für Erntehelfer:innen zu machen. Zudem brauche es Maßnahmen, um das im EU-Vergleich niedrige Einkommen der Landwirt:innen zu erhöhen.

FPÖ fordert Importstopp für ukrainisches Getreide und Ende der Zahlungen an die Ukraine

Ein „Placebo“ ortete Petra Steger (FPÖ) im Verordnungsentwurf. Dieser helfe der Landwirtschaft „gar nichts“, diese werde zerstört und in den Ruin getrieben. So werde der europäische Markt mit billigen Getreide aus der Ukraine „überschwemmt“. Dieses werde nicht nach europäischen Standards produziert, sei gentechnisch verändert und mit Pestiziden belastet. Mittels eines Antrags auf Stellungnahme forderte die Abgeordnete ein Import-Verbot für ukrainisches Getreide und die Zurverfügungstellung von Finanzmitteln an die „Kriegspartei“ Ukraine einzustellen. Mit dem Antrag wolle man die heimischen Produzent:innen und Konsument:innen vor billigen Importen schützen, pflichtete Peter Schmiedlechner (FPÖ)bei.

Keine Zustimmung und teils massive Kritik erntete die FPÖ dafür von den anderen Fraktionen, der Antrag blieb in der Minderheit. So fragte Jörg Leichtfried (SPÖ), ob der Antrag „wortwörtlich in Moskau geschrieben wurde“. Die Umsetzung würde eine Kapitulation der Ukraine und eine russische Eroberung der Ukraine bedeuten, beanstandete er.

Michel Reimon (Grüne) kritisierte die „prorussische Kriegspolitik“ der FPÖ und bezeichnete die Freiheitlichen als „Agenten des Kremls in der österreichischen Politik“. Den Antrag kritisierte auch Olga Voglauer (Grüne) und trat für eine differenziertere Gesamtbetrachtung angesichts des Exportvolumens Österreichs in die Ukraine ein.

Die Freiheitlichen würden die Landwirtschaft für ihre „Kriegstreiberei“ heran ziehen, kritisierte Karin Doppelbauer (NEOS) den FPÖ-Vorstoß als „verheerend und desaströs“.

Die Vorwürfe einer „Kreml-Politik“ seien „lächerlich“, die FPÖ setze sich für die Neutralität ein, entgegnete Petra Steger (FPÖ). Es stelle niemand in Frage, dass Russland in die Ukraine einmarschiert sei, konterte auch Peter Schmiedlechner (FPÖ). Österreich solle sich als neutrales Land aber nicht „einmischen“. Die finanziellen Mittel würden den Krieg nur verlängern und es sei vielmehr eine Rückkehr zum Verhandlungstisch notwendig.

Der hohe Druck auf die Getreidepreise erfolge weniger durch die Importe aus der Ukraine als vielmehr durch den Weltmarkt, erläuterte Landwirtschaftsminister Totschnig zu dem Antrag. So seien Rekordernten, wie in den USA, aber auch Rekordexporte durch Russland für die Situation ausschlaggebend. Zudem hätten sich die Importe nach Österreich deutlich reduziert. Weiters seien verstärkt Kontrollen des importierten Getreides aus der Ukraine durchgeführt worden. Dabei habe es bisher keine bedenklichen Beanstandungen hinsichtlich Pestizidbelastungen und gentechnisch veränderten Getreides gegeben.

Georg Strasser (ÖVP) kritisierte die FPÖ, da diese in Österreich eine Herkunftskennzeichnung fordere, gleichzeitig aber im Europaparlament gegen eine solche gestimmt habe.

Klimawandel: Europäische Wälder sollen widerstandsfähiger werden

Die Wälder in der EU sind zunehmend Belastungen aufgrund des Klimawandels und nicht nachhaltiger Nutzung ausgesetzt. Diese Belastungen gefährden deren Widerstandsfähigkeit und deren Fähigkeit, die verschiedenen ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Funktionen zu erfüllen. Da ein umfassendes Monitoringsystem beitragen kann, diesen Belastungen und Gefahren entgegenzuwirken, hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung vorgelegt. Dieser sieht die Einrichtung eines umfassenden Waldbeobachtungssystems vor. Aktuell würden zwar bereits Systeme bestehen, es sollen aber Lücken geschlossen und Daten vergleichbar gemacht werden, führt das Landwirtschaftsressort in einer Information an den Ausschuss an. Das daraus gewonnene umfassendere Wissen zur Entwicklung der Wälder soll politische Entscheidungen unterstützen. Handlungsbedarf sieht die Kommission auch bei den nationalen Waldplanungsinstrumenten und schlägt Unterstützungsmaßnahmen für die Langzeitplanung vor. Insgesamt soll mit den Maßnahmen die Anpassung der Wälder an den Klimawandel gefördert werden.

Österreich habe als waldreicher Mitgliedstaat große Erfahrung in der Waldbeobachtung durch eine seit 60 Jahren bestehende, umfassende und qualitativ hochwertige Waldinventur, betonte Landwirtschaftsminister Totschnig in seiner Stellungnahme im Ausschuss. Diese bereits bestehenden und funktionierenden nationalen Waldinventuren seien in einem allfälligen neuen EU-Rechtsrahmen entsprechend zu berücksichtigen, Doppelstrukturen seien zu vermeiden, forderte er. Die Forstpolitik sei formal kein EU-Politikbereich und es sei deswegen ein Ansatz im Sinne des Subsidiaritätsprinzips zu verfolgen und zu prüfen. Außerdem gelte es, die Datensicherheit zu gewährleisten, ortete Totschnig angesichts der offenen Fragen insgesamt „erheblichen Diskussionsbedarf“.

Er trete dafür ein, dass die Anwendung der Entwaldungs-Verordnung nach hinten verschoben wird, da es keine Rechtssicherheit gebe, wie diese anzuwenden sei, berichtete Totschnig Ernst Gödl (ÖVP)und Jörg Leichtfried (SPÖ). Diese sei auch für kleinere Betriebe ein „riesen Problem“, da sie einen großen bürokratischen Mehraufwand bedeuten würde.

Ein ausgeglichenes Wald-Wild-Verhältnis sei Thema beim Forst-Jagddialog. Unter anderem durch die Schaffung des neuen Lehrberufs „Berufsjagdwirtschaft“ erwarte er sich positive Auswirkungen zur Reduktion der Wildschäden im Wald, meinte Totschnig zu Elisabeth Feichtinger (SPÖ).

Man sei erfolgreich gegen zu viel Bürokratie in diesem Bereich eingetreten, meinte der Landwirtschaftsminister zu Peter Schmiedlechner (FPÖ). Der freiheitliche Abgeordnete ortete hingegen „enormen“ Mehraufwand für Waldbesitzer:innen und ein „weiteres Bürokratiemonster“ durch die Verordnung. Dies zeige einmal mehr, wie „irrsinnig“ Politik auf europäischer Ebene erfolge, kritisierte Schmiedlechner.

Waldinventuren seien sehr unterschiedlich in den Mitgliedstaaten verankert, erläuterte Totschnig Astrid Rössler (Grüne). Aktuell werde noch über das Grundmodell eines europaweites Waldmonitorings und noch nicht über konkrete Mess-Indikatoren diskutiert.

Angesichts der bewährten nationalen Waldinventur und eines bereits bestehenden europäischen Modells für Vergleiche müsse ein neues europaweites Monitoringsystem einen deutlichen Mehrwert und Verbesserungen bringen, erläuterte der Landwirtschaftsminister Karin Doppelbauer (NEOS) seine Bedenken. (Schluss EU-Unterausschuss) pst


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