In den 1950er Jahren galt der Handel als klassische „Billiglohnbranche“. Diese Zeiten sind längst vorbei, heute zählt der österreichische Handel zu den attraktivsten und zukunftssichersten Arbeitgebern des Landes. Dies belegt eine brandneue Studie von Mindtake Research im Auftrag des Handelsverbandes, für die 283 Mitarbeiter:innen aus der heimischen Einzelhandelsbranche befragt wurden.
Key Facts der Handelsmitarbeiter-Befragung:
- 85% der Beschäftigten im österreichischen Einzelhandel bewerten ihre Arbeitsstelle als attraktiv.
- 79% sind mit ihren Arbeitszeiten zufrieden.
- 77% würden ihre Stelle weiterempfehlen.
- 75% würden ihren Arbeitgeber weiterempfehlen.
- 73% bewerten die Arbeit am Samstag (mit Zuschlägen ab 13:00 Uhr) als attraktiv.
„Der heimische Handel ist eine zukunftsweisende und krisensichere Branche mit fairen Arbeitsbedingungen und flexiblen, familienfreundlichen Arbeitszeiten, das belegt unsere Mitarbeiterbefragung eindrucksvoll. Drei Viertel aller Handelsbeschäftigten würden ihren Arbeitgeber weiterempfehlen. 85 Prozent empfinden ihren Job im Einzelhandel als attraktiv, bei unseren 15.000 Lehrlingen sind es sogar 100 Prozent“, bestätigt Rainer Will, Geschäftsführer des unabhängigen und überparteilichen Handelsverbandes.
Bundesländervergleich: Mitarbeiterzufriedenheit in Salzburg & Oberösterreich am höchsten
Spannend: Im Bundesländervergleich belegen Salzburg und Oberösterreich die Spitzenposition. In beiden Bundesländern bewerten 95% der Beschäftigten ihren Job im Einzelhandel als attraktiv, 81% würden ihre Arbeitsstelle weiterempfehlen. Knapp dahinter folgen Vorarlberg und Tirol mit einem Attraktivitätswert von 90% und einer Weiterempfehlungsquote von 83%.
Apropos Attraktivität: Im Rahmen der letzten KV-Verhandlungen 2023 wurden die Löhne im Handel um 8,4% erhöht, um die Leistungen der Beschäftigten in Zeiten multipler Krisen zu würdigen. Das Vollzeit-Mindestgehalt beträgt demnach 2.124 Euro und macht die Attraktivität der Branche auch in Zahlen deutlich. Zum Mindestlohn kommen vielfach Überzahlungen, Zuschläge und variable Prämien hinzu, auch die Aufstiegsmöglichkeiten in der Branche sind groß.
Jahrbuch Handel: Fünftel aller unselbstständig Beschäftigten arbeitet im Handel
Der österreichische Handel beschäftigt laut dem neuen Jahrbuch Handel 2024 von Handelsverband und KMU Forschung Austria aktuell rund 619.800 Mitarbeiter:innen. Das sind 20% aller unselbstständig Beschäftigten der marktorientierten Gesamtwirtschaft. Im Vergleich mit dem Vor-Corona-Jahr 2019 ist die Zahl der Beschäftigten damit um 12.000 angestiegen. Die Hälfte aller Handelsmitarbeitenden sind übrigens fünf Jahre und länger im selben Unternehmen beschäftigt, fast ein Drittel (31%) sogar länger als zehn Jahre.
Innerhalb des Handels sind die meisten Beschäftigten dem Einzelhandel zuzurechnen (351.200 Personen), der Großhandel beschäftigt 194.900 und der Kfz-Handel (inkl. Reparatur) rund 73.700 Personen. „Die einzelnen Handelssektoren haben sich seit 2020 sehr unterschiedlich entwickelt. Die Beschäftigtenzahlen im Kfz-Handel blieben annähernd stabil, während der Großhandel in den drei Folgejahren ein jährliches Wachstum verzeichnete. Im Einzelhandel ist die Anzahl der Mitarbeitenden zwischen 2020 und 2022 ebenfalls gestiegen, während es im Jahr 2023 zu einem minimalen Rückgang um 0,6% gekommen ist“, erklärt Wolfgang Ziniel, Senior Researcher der KMU Forschung Austria.
Teilzeitquote im Einzelhandel sinkt auf 47%, Frauenquote konstant bei 71%
Rund 36% der Handelsbeschäftigten gehen einer Teilzeitbeschäftigung nach. Im Einzelhandel liegt die Teilzeitquote aktuell bei 47%, im Großhandel bei 21% und im Kfz-Handel bei 17%. In den letzten Jahren ist die Teilzeitquote sowohl im gesamten Handel als auch im Einzelhandel kontinuierlich gesunken, im Kfz-Handel und im Großhandel ist sie nahezu unverändert geblieben.
Dass die Einzelhandelsunternehmen sowohl beim Ausmaß als auch bei der Lage der Arbeitszeiten sehr flexibel auf die Wünsche ihrer Beschäftigten eingehen, zeigt deren hohe Zufriedenheit mit den Arbeitszeiten: 37% zeigen sich laut Mindtake-Umfrage sehr zufrieden, weitere 42% eher zufrieden mit ihren persönlichen Arbeitszeiten. 6% würden gerne mehr arbeiten, 9,5% hingegen lieber weniger. Und nur 6% geben an, gerne zu anderen Zeiten arbeiten zu wollen.
„79% der Beschäftigten im Handel sind damit laut unserer Umfrage mit ihren Arbeitszeiten zufrieden. Die jüngste Kritik der Gewerkschaft an den Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen im Handel geht daher völlig an der Realität vorbei“, so Rainer Will. „Wenn es vereinzelt Missstände im Personalbereich gibt, müssen diese sanktioniert werden. Aber ständig eine ganze Branche pauschal schlechtzureden – das ist ein No-Go!“
Mehr als die Hälfte (54%) aller Handelsmitarbeitenden waren im Jahresdurchschnitt 2023 Frauen. Im Einzelhandel liegt die Frauenquote bei 71% und damit deutlich höher als im Großhandel (38%) und im Kfz-Handel (23%). Diese Geschlechterverteilung ist in den letzten Jahren nahezu unverändert geblieben. Das Durchschnittsalter aller Beschäftigten im Gesamthandel liegt bei 39,7 Jahren. Der Handel ist auch ein wichtiger Arbeitgeber für Migrant:innen. „Mehr als ein Viertel der unselbstständig Beschäftigten im Handel haben Migrationshintergrund. Im Einzelhandel ist dieser Anteil mit 30% am höchsten, im Kfz-Handel mit 21% am niedrigsten. Im Großhandel liegt der Anteil bei 28%“, erklärt Jahrbuch Handel-Autor Wolfgang Ziniel.
Handel bildet jährlich 14.800 Lehrlinge aus
Im Jahr 2023 wurden in den heimischen Handelsunternehmen rund 14.800 Lehrlinge ausgebildet – immerhin 14% aller Lehrlinge in Österreich. Der Handel liegt damit hinter dem Gewerbe und Handwerk sowie der Industrie an dritter Stelle. Seit 2018 fluktuiert die Zahl der Lehrlinge zwischen 14.800 (2023) und 15.300 (2019). Nach leichten Anstiegen in den Jahren 2021 und 2022 wurden 2023 im Handel um knapp 3% weniger Lehrlinge ausgebildet als 2022.
Handelsverband erneuert Forderung nach umfassender Arbeitsmarktreform
Trotz dieser beeindruckenden Zahlen bleibt die Lage am österreichischen Arbeitsmarkt herausfordernd. Allein im Handel gibt es aktuell mehr als 10.000 offene Stellen, die nicht zeitnah besetzt werden können. Forderungen nach einer Reduzierung der Arbeitszeit auf 32 Wochenstunden sind unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen schlicht nicht umsetzbar – und angesichts der hohen Arbeitszufriedenheit offenbar auch gar nicht gewünscht.
„Stattdessen empfehlen wir eine umfassende Arbeitsmarktreform, eine substanzielle Senkung der Lohnnebenkosten und Anreize zur Erhöhung der Arbeitsstunden bis hin zur Vollzeitarbeit. Jenen Beschäftigten, die ihre Stunden erhöhen wollen, darf die zunehmende Abgabenlast keinen Strich durch die Rechnung machen. Genau das ist jedoch derzeit der Fall“, sagt Rainer Will.
Der Handel bietet attraktive Jobmöglichkeiten. Aber im EU-Vergleich ist die Abgabenbelastung nur in Belgien und Deutschland noch höher als in Österreich. In allen anderen EU-Ländern bleibt einem Durchschnittsverdiener monatlich mehr Netto vom Brutto. „Wir müssen jene Menschen mobilisieren, die arbeiten können, aber nicht wollen, um auch jene nachhaltig in ihrer Lebenssituation abzusichern, die arbeiten wollen, aber nicht können“, so Handelssprecher Rainer Will abschließend.
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