Die gemeinnützige Plattform für kollektiven Rechtsschutz COBIN claims kann im Fall VW auf Ebene der Entscheidungen in Sammel-Verfahren einen Erfolg vermelden: Laut dem Freitag am Nachmittag zugestellten Urteil des Landesgerichts Feldkirch stehen Geschädigten des Diesel-Skandals bei VW (EA189-Motor) zehn Prozent Schadenersatz plus Zinsen zu. „Das ist ein wichtiger Meilenstein in unserer Aktion ,diesel-klage.at‘“, sagen Obmann Oliver Jaindl und die Anwälte Severin Hammer, Sabine Barbach und Alexander Amann: Schließlich waren in einem – nicht von „diesel-klage.at“ geführten – Sammelverfahren am Landesgericht St. Pölten, das richterlich einen sehr individuellen Ansatz verfolgte, nur wenige Prozent oder gar kein Schadenersatz zugesprochen worden. Mit der Feldkircher Entscheidung können daher alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Sammelverfahren in Österreich aufatmen, wenn es um die Forderung eines bloßen Schadenersatzes in Geld geht.
„Es ist ersichtlich, dass erstinstanzliche Gerichte dazu tendieren, auch bei Sammel-Verfahren in einer üblichen Bandbreite Entschädigung zusprechen und dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Sammelklage-Aktionen nicht schlechter als Einzel-Kläger gestellt werden, nur weil sie aus Gründen der Zweckmäßigkeit kein kosten- und zeitintensives Einzel-Verfahren angestoßen haben“, so die vier Juristen.
„Wir prüfen derzeit eine Berufung“, erklärt Anwalt Hammer: „Uns erscheinen zehn Prozent Schadenersatz als zu gering: Im Fall VW wurden in Deutschland Manager strafgerichtlich verurteilt. Das bedeutet, dass das Verschulden des Konzerns schwer wiegt. VW hat die Aufklärung verschleppt. Und: Ein deutsches Gericht hat – noch nicht rechtskräftig – auch die nunmehrige Motoren-Update-Software beanstandet. Diese sei unzulässig. Das bedeutet, dass – objektiv betrachtet – noch immer bei Millionen KFZ mit EA189-Motor in der EU die behördliche Stilllegung droht. Und schließlich geht es auch um die Frage der Update-Schäden, die bislang in der (Medien-)öffentlichen Diskussion kaum in ihrer wahren Tragweite diskutiert wurde“, sagt Hammer.
Der Verein COBIN claims konnte in einer Umfrage-Untersuchung mit 1700 Teilnehmern 2022 feststellen, dass laut Betroffenen die Software-Updates bei vielen KFZ zu Gebrauchs-Einschränkungen und Schäden führen. Die Updates waren nach dem Auffliegen des Skandals 2015 eilig vom Konzern aufgespielt worden: „Wir sprechen hier also nicht nur von Rechtsmängeln, sondern von direkten Sachmängeln, die Betroffene in großer Zahl gemeldet haben: Hier sind kaputte AGR-Ventile, verminderte Zugkraft des Wagens, erhöhter Verbrauch, Stottern des Motors oder dauernd laufende, nervende Motoren-Lüfter, die die Batterien der Autos schädigen, zu nennen“, so Jaindl: „Das sagten Betroffene so auch unter Wahrheitspflicht in anderen Verfahren von ,diesel-klage.at‘ aus. Das Verfahren in Feldkirch hatte das Gericht auf die Frage des Geld-Schadenersatzes und somit nur auf die Spitze des sprichwörtlichen Eisbergs fokussiert: Die Frage der Update-Schäden blieb hier noch außen vor, da dieses Verfahren 2018 gestartet wurde und die große Update-Schaden-Untersuchung erst 2022 durchgeführt wurde“, sagen die Juristen.
„Die Betroffenen hätten die Autos niemals erworben, wenn sie gewusst hätten, dass bei einem Auffliegen der Malversationen entweder die Nummernschilder pfutsch sein können oder von der Behörde sogar angeordnete Updates dazu führen, mit einer messbaren Wahrscheinlichkeit danach ein Auto zu fahren, das mehr verbraucht und schlechter ,zieht‘, dauernd lärmt oder wegen teurer AGR-Ventil-Reparaturen zum ,Dauer-Gast‘ in der KFZ-Werkstätte werden kann“, so Jaindl.
An der Aktion „diesel-klage“ haben sich rund 5700 Private und (Klein-)Unternehmen mit rund 6700 KFZ beteiligt. Derzeit werden flächendeckend in Österreich neue Klagen gegen den VW-Konzern eingebracht, der in Österreich – im Unterschied zu anderen Ländern – eine angemessene Entschädigung enttäuschter Kunden trotz strafgerichtlicher Verurteilungen früherer Manager, einer nachweisbaren Updateschaden-Problematik und einer klar akzentuierten Rechtsprechung auf Ebene der EU und in Österreich immer noch ablehnt: „Anscheinend sind für den deutschen Konzern die VW-Fahrerinnen und -Fahrer in Österreich Kunden zweiter Klasse“, heißt es: Der Motor war überall der gleiche, dass man Kunden aus verschiedenen Ländern unterschiedlich behandelt, sei absurd.
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