Wien (OTS) – Der von Clarissa Stadler präsentierte „kulturMontag“ am 8. April 2024 um 22.30 Uhr in ORF 2 widmet sich u. a. dem abenteuerlichen Weltenbummler Marco Polo, der anlässlich seines 700. Todestags vor allem in seiner Geburtsstadt Venedig gefeiert wird. Die Sendung beleuchtet weiters ein Stück wahrer Tiroler Familiengeschichte: die Dramatisierung des Romans „Café Schindler“, die morgen (6. April) im Innsbrucker Landestheater uraufgeführt wird. Außerdem befasst sich das Magazin mit der heute startenden ersten Klima Biennale Wien. Anschließend steht die Dokumentation „Im aufrechten Gang – 100 Jahre Johannes Mario Simmel“ (23.15 Uhr) auf dem Programm.
Ein Odysseus aus Venedig – Die abenteuerlichen Welten des Marco Polo
Er hat von Venedig aus den Fernen Osten entdeckt, mit seinen Reiseerinnerungen „Die Wunder der Welt“ einen Bestseller geschrieben. Vor 700 Jahren starb Marco Polo, dessen „Neuvermessung der Welt“ – ob wahr oder nicht – als erstes Zeichen der Globalisierung gilt und nach wie vor fasziniert. Kaum ein Reisender ist so berühmt wie der Venezianer, der 1271 im Alter von 17 Jahren gemeinsam mit seinem Vater und Onkel eine 24 Jahre andauernde Asienreise angetreten hat. In der Zeit der Kreuzzüge gelangten die Polos über Palästina und die berühmte Seidenstraße bis an den Hof des Enkels des berühmten Mongolenherrschers Dschingis Khan, Kublai Khan. Während Vater und Onkel ihren Geschäften nachgingen, erlernte Marco verschiedene Sprachen im Mongolenreich. Kublai Khan betraute ihn mit diplomatischen Sondermissionen, die Polo in knapp zwei Jahrzehnten durch Tibet, die Regionen am Jangtse und Mekong, bis nach Birma, ins Gebiet der heutigen Staaten Thailand und Vietnam sowie möglicherweise sogar nach Sibirien führten. Seine Expeditionen fanden lange vor den Forschungsreisen des 18. Jahrhunderts und vor jenen der Konquistadoren und Entdecker des 15. und 16. Jahrhunderts statt. Zum 700. Todestag gedenkt Venedig seines legendären Sohnes mit einer großangelegten Ausstellung im Palazzo Ducale. Mehr als 300 Werke aus venezianischen Sammlungen, aus den größten und bedeutendsten italienischen und europäischen Institutionen sowie Leihgaben von Museen in Armenien, China, Katar und Kanada zeichnen ein aufschlussreiches Bild der „Welten des Marco Polo“. Die Schau wirft dabei aktuelle Fragen auf: Wie kann man mit anderen Kulturen in Dialog treten, ohne die eigene Identität aufzugeben? Wie lassen sich die Beziehungen zwischen Völkern und Ländern regeln?
Eine Tiroler Familiensaga auf der Landestheater-Bühne – Meriel Schindlers Suche nach der Wahrheit
Kurt Schindler war eine schillernde, aber doch eher „gescheiterte Existenz“. Seine Tochter Meriel, die als Juristin in London arbeitet, hatte ihre liebe Not damit, die vielen Geschichten ihres Vaters einzuordnen: Ist die Familie wirklich verwandt mit Franz Kafka und Oskar Schindler? Oder mit Hitlers jüdischem Arzt, Eduard Bloch? Was ist in der Pogromnacht am 9. November 1938 in Innsbruck passiert, als die Nationalsozialisten Meriels Großvater Hugo, Betreiber des bekannten Café Schindler, halb zu Tode prügelten und das Haus durchsuchten? Als Kurt Schindler, der nach der Pogromnacht als 13-jähriger fliehen musste, im Mai 2017 in seinem Cottage in der englischen Grafschaft Hampshire im Alter von 91 Jahren starb, hinterließ er nicht nur einen Haufen Schulden, sondern auch jede Menge Dokumente. Daraufhin beschloss seine Tochter Meriel, sich durch die Berge an Akten und Fotos zu wühlen und begab sich damit auf eine atemberaubende Entdeckungsreise, die sie nach Innsbruck führte. Akribisch recherchierte sie die faszinierende wie berührende Geschichte ihrer eigenen Familie, eine Geschichte, die auch die der Juden in der österreichisch-ungarischen Monarchie erzählt – und unter dem Titel „Café Schindler“ 2022 zum Bestseller wurde. Jetzt kommt diese Chronik von Enteignung und Vertreibung sowie vom Holocaust in Tirol auf die Bühne des Innsbrucker Landestheaters. Wie präsent ist der Umgang mit dem jüdischen Erbe in Tirol und wie sichtbar ist es heute in Innsbruck? In Kooperation mit Einrichtungen der Stadt hat ein intensiver Rechercheprozess die Dramatisierung des Romans begleitet. Dokumentarisches Material, Originaltöne zahlreicher Zeitzeuginnen und -zeugen sowie musikalische Referenzen flankieren die theatrale Umsetzung. Meriel Schindler wird zur Uraufführung erwartet und kann ihrem Vater endlich die langersehnte Ruhestätte geben, wird er doch Anfang April auf dem jüdischen Friedhof in Innsbruck bestattet.
Lebenswerte Zukunft? Die erste Klima Biennale Wien
Die Welt ist im Umbruch. Drohende Klimakatastrophe, digitale Revolution – der Wandel hat Auswirkungen auf das Selbstverständnis der Menschen. Spielräume für Handlungen, die alten Denkmustern folgen, werden eng und führen in die Sackgasse. Könnte in dieser Situation die Kunst an Bedeutung gewinnen? Könnte sie helfen, kreative Lösungen, Denkweisen und Haltungen zu generieren, die es einfacher machen, durch die radikalen Veränderungen unserer Gegenwart und nahen Zukunft zu steuern? Heute (5. April) startet die erste Klima Biennale Wien und widmet sich 100 Tage lang an den Schnittstellen von Kunst und Wissenschaft, Politik und Wirtschaft den akuten Themen des globalen Wandels, der Klimakrise und des Artensterbens sowie den Auswirkungen auf das Mensch-Natur-Gefüge. Wie wollen wir in Zukunft leben? Wie wird unsere Gesellschaft mit der globalen Erwärmung umgehen? Das KunstHausWien dient als Zentrale und durch die Mitwirkung von mehr als 60 Kooperationspartnerinnen und -partnern wird der gesamte Stadtraum zur Ausstellungsfläche. So setzt sich etwa die deutsche Fotografin Beate Gütschow in ihren Arbeiten im Foto Arsenal mit der Veränderung der ökologischen Systeme, den Auswirkungen auf die Umwelt und die daraus resultierende Protestkultur auseinander. Ihr österreichischer Kollege Oliver Ressler hat seit rund 30 Jahren Ökologie und Ökonomie im Blick und versucht in seinen filmischen Arbeiten im Belvedere 21 gesellschaftliche Alternativen zu entwerfen und denkbar zu machen.
Doku „Im aufrechten Gang – 100 Jahre Johannes Mario Simmel“ (23.15 Uhr)
Die Frauen liebten ihn, Marlene Dietrich überflutete ihn mit bewundernden Briefen und übte gar Telefonterror aus, die Ikonen deutschsprachiger Literaturkritik Marcel Reich-Ranicki und Joachim Kaiser zollten ihm Anerkennung. Viel der Ehre – doch sie kam spät in der Karriere des österreichischen Schriftstellers und Drehbuchautors Johannes Mario Simmel, dessen Geburtstag sich am 7. April zum 100. Mal jährt. Mit einer Gesamtauflage von rund 70 Millionen Büchern, die in 33 Sprachen übersetzt wurden, führte er jahrzehntelang die Bestseller-Listen an. Das machte ihn wohl suspekt – lange wurde er als Kitschist und Trivialautor in eine Bücherkiste mit Heinz G. Konsalik geworfen. Dabei nahm sich Simmel stets gesellschaftskritischer Themen an, versüßt mit einer Prise Romantik. Nach dem Krieg schrieb er zahlreiche Drehbücher, u. a. für Filme mit Hildegard Knef und Romy Schneider. Der Durchbruch als Romancier gelang ihm mit dem Roman „Es muss nicht immer Kaviar sein“, der in der Verfilmung ebenso zum Kinohit wurde wie „Und Jimmy ging zum Regenbogen“. Sein Sendungsbewusstsein als glühender Antifaschist lag wohl auch in seiner Biografie begründet: Fast alle Verwandten seines jüdischen Vaters wurden von den Nazis ermordet. Regisseur Gustav W. Trampitsch folgt anlässlich Simmels 100. Geburtstages den Lebensspuren des Erfolgsautors.
Seine Romane wie „Liebe ist nur ein Wort“, „Hurra, wir leben noch“ oder „Und Jimmy ging zum Regenborgen“ waren auf Hirn und Gemüt einer Gesellschaft gerichtet, die langsam aus dem Rausch des Wirtschaftswunders erwachte. Vor allem der Mittelstand fühlte sich von Gefahren und Unsicherheiten wie alten und neuen Nazis, eisernen Vorhängen, Kaltem Krieg, sowie Energie- und Umweltkrisen bedroht. All das porträtierte der Österreicher punktgenau und wurde zum verlässlichen Chronisten. Viele seiner Bestseller wurden verfilmt und Kassenschlager des deutschen Nachkriegskinos. Es hätte allerdings auch ganz anders kommen können: Sein Vater konnte vor dem braunen Terror noch rechtzeitig nach England entkommen, doch ein Großteil der väterlichen Verwandtschaft wurde von den Nazis verschleppt und ermordet. Dieses Trauma seiner Jugendzeit, das Erleben gnadenloser Unmenschlichkeit, bildete das Fundament einerseits für seine Alkoholsucht, anderseits für seinen scharfen Blick auf Zeitgeist, Liebe und Leid, sowie Großmut und Niedertracht.
Mit seiner Lulu wollte Johannes Mario Simmel vereint fürs Leben sein, trennte sich jedoch wegen einer Jugendliebe, um schließlich zu Lulu zurückzukehren. Alle Jahre hindurch hatte er dabei offen und intensiv ein Verhältnis mit Gabriele, seiner Dauergeliebten. Dies war der Name seiner Schreibmaschine, die ihn auf allen Reisen begleitete, und der er bis zum letzten Buchstaben treu geblieben ist.
In Gustav W. Trampitschs Film zu Wort kommen u. a. Iris Berben, Star einiger Simmel-Verfilmungen, sein jahrzehntelanger Wiener Freund, der Journalist Peter Huemer, der Literaturkritiker und Journalist Heinz Sichrovsky, die Autorin seiner eben erschienenen Biografie, Claudia Graf-Grossmann, sowie der „neue Simmel“, der in Wien lebende österreichische Autor Marc Elsberg.
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