Mit dem von der Volkshilfe entwickelten und vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport finanzierten „Sportpass“ hat man als Pilotprojekt im Burgenland armutsbetroffene Kinder und Sportvereine zusammengebracht. Die wissenschaftliche Begleitung zeigt die positive Wirkung auf Teilhabe und Gesundheit der Kinder. “Dass ein Aufwachsen in Armut dazu führt, dass Kinder weniger Möglichkeiten haben, eine Sportart auszuüben, ist längst bekannt. So entsteht Bewegungsmangel, der wiederum negativ auf das körperliche und psychische Wohlbefinden armutsbetroffener Kinder wirkt. Das ist aber kein Naturgesetz, wir können diese Spirale beenden, wie das Projekt Sportpass zeigt”, resümiert Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe Österreich, nach Abschluss des 18-monatigen Pilotprojekts.
Hürden in der Ausübung von Sport
In Österreich ist jedes 5. Kind von Armut oder materieller Deprivation betroffen, die negativen Folgen eines Aufwachsens in Armut wiegen schwer. „Die Kinderrechte sollen jedem Kind Freizeit, Spiel, aktive Erholung und das Recht auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit garantieren. Dass dies in Österreich nicht für alle Kinder umgesetzt ist, zeigt die Statistik. „Mehr als 100.000 Kinder können sich die Teilnahme an mit Kosten verbundenen Freizeitaktivitäten nicht leisten. Auch erfüllen deutlich weniger Schüler*innen aus Familien mit niedrigem Wohlstand das von der WHO empfohlene Mindestmaß an täglicher Bewegung, weil hierfür die Ressourcen fehlen.“, kritisiert Fenninger.
Das Pilotprojekt Sportpass hat es insgesamt 85 Kindern im Burgenland ermöglicht, sich sportlich zu betätigen und Teilhabe zu erleben. Wie groß die Hürden für armutsbetroffene Kinder und Jugendliche sind und wo sie liegen, zeigen die Ergebnisse der quantitativen und qualitativen Begleitforschung. „Rund Dreiviertel der Befragten gaben im Zuge der Begleitforschung an, dass sie die neue Sportart bisher aus finanziellen Gründen nicht durchführen konnten.“, so Fenninger. Auch mangelnde Mobilität ist eine Hürde für die Familien. 7 von 10 Kindern im Projekt Sportpass gaben an, noch nie in einem Sportverein gewesen zu sein. Die Mehrheit der Kinder hatte zuvor keine Erfahrung mit der Sportart, die sie über den Sportpass beginnen konnten.
Positive Wirkung auf Teilhabe und Wohlbefinden
Bereits nach einem Jahr wurden durch die Teilnahme am Projekt Sportpass deutliche positive Effekte bei den Kindern sichtbar. Verbesserungen wurden vor allem in Bezug auf die sportlichen Fähigkeiten sowie die soziale Teilhabe deutlich. Die Teilnahme an den Sportkursen bzw. die Mitgliedschaften führten auch zu einer Erweiterung des sozialen Netzwerks – nicht nur für die Kinder, sondern auch für die gesamte Familie, da auch Eltern oder Geschwister beim Bringen oder Abholen Kontakte knüpfen konnten.
Bei den Kindern konnten darüber hinaus positive Auswirkungen auf das körperliche und psychische Wohlbefinden festgestellt werden. Die neu erlernten Fähigkeiten sowie die regelmäßige körperliche Betätigung führten zu einer verbesserten Selbsteinschätzung der eigenen körperlichen Fitness. Des Weiteren bot der Sportkurs bzw. die Mitgliedschaft neue Orientierungspunkte im Alltag und gab den Kindern etwas, auf das sie sich freuen konnten, was ebenso positive Effekte auf die psychische Gesundheit hatte. Nicht zuletzt stärkten die sportlichen Erfolge sowie die neu erlernten Fähigkeiten das Selbstvertrauen: „Also ich hab neue Tricks gelernt, und ja, darauf bin ich stolz, dass ich das kann“, erzählte ein Dreizehnjähriger, der durch den Sportpass an einem Fußballtraining teilnehmen konnte. Über den Sportpass entstanden Möglichkeitsräume, in denen Kinder eigene Stärke kennenlernen, ihren Interessen nachgehen sowie sportliche Ambitionen und Berufsperspektiven entwickeln konnten.
Forderungen der Volkshilfe: Ausbau öffentlicher Infrastruktur & Sensibilisierung von Trainer*innen
Armutsbetroffene Familien profitieren im besonderen Maße von gut ausgebauter, niederschwelliger und öffentlich erreichbarer Infrastruktur. Angebote wie der Sportpass können dazu beitragen, Armutsfolgen zu mindern und soziale Ungleichheit abzubauen. „Sport kann helfen, dass sich Kinder als Teil eines Vereins fühlen, Zugehörigkeit erleben, sich ausprobieren und positive Bestärkung erleben. Das darf keine Frage des Einkommens der Eltern sein. Gerade in Zeiten der Teuerung brauchen wir daher einen massiven Ausbau kindgerechter sozialer Infrastruktur. Denn: fehlende Absicherung in Kindertagen verursacht Folgekosten von 17,2 Mrd. Euro jährlich”, warnt Fenninger eindrücklich. Zusätzlich dazu zeigt das Projekt Sportpass, wie wichtig eine gezielte Sensibilisierung von Trainer*innen sowie Vereinen in Bezug auf Familienarmut ist. Schulungsangebote für Trainer*innen könnten armutssensibles Handeln fördern und Vereine dazu anleiten, sportbezogene Hürden und Momente der Beschämung für armutsbetroffene Familien neben den konkreten Kosten zu reduzieren.
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