WK Wien und WK NÖ: Strenge Aufsichtsregeln haben Wohnkosten erhöht

– Die Sparten Banken und Versicherungen der Wirtschaftskammern Wien und Niederösterreich haben gemeinsam die Auswirkungen von Inflation und gestiegenem Zinsniveau auf die Wohnkosten unter die Lupe genommen. Das Wirtschaftsforschungsinstitut Economica hat dazu eine Studie im Auftrag beider Kammern erstellt. Die Ergebnisse sprechen eine deutliche Sprache: So haben sich etwa die Kosten für Baugrundstücke in Wien binnen sieben Jahren fast verdoppelt. In Niederösterreich wurden Häuser um fast 90 Prozent teurer. Dazu kommt das in den letzten zwei Jahren stark gestiegene Zinsniveau für Finanzierungen.

Um die daraus folgende Abwärtsspirale für den Wohnmarkt zu stoppen, bedarf es nun dringender Maßnahmen, appellieren die beiden Wirtschaftskammern, deren Zuständigkeit rund ein Drittel der österreichischen Wirtschaftsleistung umfasst. Nur engagierte Maßnahmen der Politik können einen weiteren Anstieg der Kosten für das eigene Zuhause stoppen. Ein erster wichtiger Schritt im regulatorischen Bereich ist die gestern erreichte Vereinfachung der im August 2022 erlassenen KIM-Verordnung, durch die viele potenzielle Eigenheim-Käufer vom Eigenheim Kauf ausgeschlossen wurden.

KIM-Verordnung weiter evaluieren

„Mit der eben beschlossenen Verbesserung beim Ausnahmen-Regime ist ein erster Schritt in Richtung Reduzierung der Bürokratie getan, wir müssen aber die weiteren Entwicklungen sehr genau beobachten und gegebenenfalls an den Stellschrauben drehen“, sagt Walter Ruck, Präsident der Wirtschaftskammer Wien, der ebenso Sondermittel für die thermische Sanierung privater Gebäude einfordert: „Solche Sanierungen stärken die regionale Wirtschaft und tragen überdies zur Erreichung der Klimaziele bei. Eine Förderung bis zu einem Drittel der Gesamtkosten wäre dazu auch budgetneutral, wie die Studie von Economica darlegt.“

Auch für Wolfgang Ecker, Präsident der Wirtschaftskammer Niederösterreich, ist die Änderung wichtig, aber nur ein erster Schritt: „Eine erste Weichenstellung für eine leichtere Kreditvergabe ist getan. Jetzt geht es darum, darauf aufzubauen und den Menschen die Schaffung von Eigentum weiter zu erleichtern. Damit werden gleichzeitig Impulse für den stotternden Wirtschaftsmotor Bauwirtschaft gesetzt.“ Ebenso fordert er die im Wohnbaupakt versprochenen Erleichterungen rückwirkend umzusetzen: „Die Abschaffung der Grundbuchsgebühren und Eintragungsgebühren für Pfandrechte entsprechend der Regierungspläne führt dazu, dass Investitionen verschoben werden. Daher müssen diese Versprechen schnell eingelöst werden, am besten rückwirkend ab dem Ankündigungszeitpunkt.“

Derzeitige Lage

Generell haben sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verschlechtert, mit signifikanten Folgen für den Wohn-Sektor: 

  • Seit 2021 liegt die jährliche Inflationsrate deutlich über dem 2% – Inflationsziel: 2021 betrug sie 2,8%, 2022 8,6% und 2023 lag sie bei 7,5% (Höchstwert Jänner ´23: 11,2%).
  • Der Zinssatz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte des Eurosystems („Leitzins“) wurde seit Juli 2022 in zehn Schritten von 0,25% auf 4,75% erhöht.
  • Entsprechend musste auch das Niveau der Kreditzinsen nach oben angepasst werden.
  • Dies führt zu Dämpfungseffekten im Bausektor durch Verringerung von Wohnbaunachfrage und -angebot und damit zu negativen ökonomischen Auswirkungen auf gesamtösterreichischer, aber auch regionaler und lokaler Ebene.

Kostenentwicklung in Wien

In Wien sind im untersuchten Zeitraum (2015 bis 2022) die Häuserpreise um 65,5 Prozent gestiegen, bei Wohnungen lag die Preissteigerung bei 66,1 Prozent. Noch dramatischer der Anstieg bei den Baugrundstückspreisen, die verdoppelten sich nahezu mit einem Plus von 98,9 Prozent. Zuletzt gaben die Preise bei bestehendem Wohnraum in Wien nach, bei neuem zeigt sich jedoch weiterhin eine steigende Tendenz. Die erteilten Baubewilligungen lagen im ersten Quartal 2023 um 43,1 Prozent unter dem Durchschnittwert, bezogen auf die Nettowohnnutzfläche.  

Kostenwicklung in Niederösterreich

Von 2015 bis 2022 wurden Häuser in Niederösterreich um 87,3 Prozent teurer, der Anstieg bei Wohnungen fiel mit 46,4 Prozent deutlich geringer aus. Auch die Kosten für Baugrundstücke stiegen nur moderat an, um 14,8 Prozent. Die erteilten Baubewilligungen lagen im ersten Quartal 2023 um ein Viertel unter dem Durchschnittwert, und damit dem niedrigsten Wert seit 2012.

Baubewilligungen stark zurückgegangen

Der österreichweite Rückgang von Baubewilligungen auf einen historischen Tiefstand, hängt vor allem mit den Kostenentwicklungen für die Schaffung von neuem Wohnraum zusammen: Seit 2022 stiegen die Zinssätze um rund 140 Prozent an, das Volumen neuer Kredite stürzte um 61,5 Prozent ab. Die Baukosten selbst stiegen seit 2020 im Hochbau um 34,4 Prozent an, die kumulierte Inflation betrug im gleichen Zeitraum 20 Prozent. 

Wirtschaftliche Effekte auf Wien

Die Bauwirtschaft trug 2021 fünf Prozent zur Wertschöpfung in Wien bei, bei den Arbeitsplätzen betrug der Anteil 5,7 Prozent. Doch das hat sich seither stark verändert. Im Vergleich der Periode  Sommer 2021 bis Sommer 2022 zur Folgeperiode ging die direkte Wertschöpfung um 324 Millionen Euro zurück, die indirekte um knapp 400 Millionen. In Summe – mit der aus der Bautätigkeit induzierten Wertschöpfung – um mehr als 790 Millionen Euro. Ebenso sank die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse durch den Wohnbau um mehr als 6.000. „Dieser Rückgang der Bautätigkeit hat auch enorme Auswirkungen auf die Abgaben und damit die staatlichen Einnahmen. Alleine der Rückgang an Steuern durch den geringeren Wohnbau in Wien betrug von Sommer 2022 bis Sommer letzten Jahres mehr als 310 Millionen Euro“, sagt Erwin Hameseder, Obmann der Sparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer Wien.

Um die Bau- und Sanierungsmaßnahmen wieder anzukurbeln, fordert Hameseder eine Umsatzsteuer-Rückvergütung: „Beispielsweise bis 100.000 Euro. Dadurch würde die Nachfrage wieder nachhaltig gesteigert werden. Einhergehen damit sollte auch die Wiedereinführung der steuerlichen Absetzbarkeit von Sonderausgaben für Wohnraumschaffung und Wohnraumsanierung. Das, gemeinsam mit den gestern erreichten Erleichterungen bei der KIM-Verordnung, die aber nur ein erster Schritt waren, wird die Bauwirtschaft wieder ankurbeln können.“

Wirtschaftliche Effekte auf Niederösterreich

Die Bauwirtschaft ist in Niederösterreich überdurchschnittlich bedeutsam. 2021 trug sie 8,4 Prozent zur Wertschöpfung bei, der Anteil der Beschäftigten der Bauwirtschaft am Arbeitsmarkt betrug gar 8,7 Prozent. Doch auch hier ging die Wertschöpfung dramatisch zurück: Von Sommer 2022 bis Sommer 2023 betrug das Minus bei der Wertschöpfung 374 Millionen Euro, was mit dem Wegfall von knapp 3.000 Arbeitsplätzen einher ging. „In der Folge sanken auch die Abgaben um knapp 150 Millionen Euro“, weiß Reinhard Karl, Obmann der Sparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer Niederösterreich. 

Für Karl ist die Förderung von Jungfamilien ein wichtiger Ansatzpunkt, um die Umsätze der Bauwirtschaft wieder zu steigern: „Allgemein müssen die Förderungen erhöht werden, um die Inflation abzugelten. Besonders aber müssen wir die Fördersummen für junge Paare und Familien anheben, die sich ein Eigenheim schaffen wollen.“

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