Auch Sozialhilfebezieher:innen, die an längeren Schulungsmaßnahmen des AMS teilnehmen, werden künftig einen Bildungsbonus erhalten. Der Nationalrat hat in seiner heutigen Sitzung grünes Licht für eine entsprechende Novelle zum Sozialhilfe-Grundsatzgesetz gegeben, wobei zuvor noch Adaptierungen in Bezug auf die Höhe des Bonus vorgenommen wurden. Demnach soll nun – angelehnt an eine ähnliche Regelung für Bezieher:innen von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe – ein Schulungszuschlag von knapp 150 € pro Monat für mindestens viermonatige Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen und knapp 300 € für länger als ein Jahr dauernde Schulungen ausgezahlt werden. Dazu kommt die bereits bestehende AMS-Beihilfe von aktuell 2,49 € pro Tag. Es gehe darum, Menschen, die Mindestsicherung beziehen, nachhaltig zu qualifizieren, damit sie in den Arbeitsmarkt zurückkommen können, machte Ernst Gödl (ÖVP) namens der Koalitionsparteien geltend. Kritik kommt von SPÖ und NEOS: Sie stimmten daher auch gegen die Gesetzesnovelle.
Zur Sicherung von finanziellen Ansprüchen von Heimopfern hat der Nationalrat darüber hinaus mit breiter Mehrheit eine Novelle zum Heimopferrentengesetz beschlossen. Außerdem werden mit einem neuen Sozialarbeits-Bezeichnungsgesetz Berufsbezeichnungen wie "Sozialarbeiterin" oder "Sozialpädagoge" gesetzlich geschützt.
Nachbesserungen bei der Höhe des Bildungsbonus
Die mittels Abänderungsantrag vorgenommenen Nachbesserungen bei der Höhe des Bildungsbonus begründete Markus Koza (Grüne) mit der versehentlich nicht berücksichtigten Inflationsanpassung 2024. Somit ist nunmehr ein Schulungszuschlag zur Sozialhilfe von 149,4 € statt 136,2 € für mindestens viermonatige Weiterbildungsmaßnahmen und 298,8 € statt 272,4 € für mindestens einjährige Schulungen vorgesehen. Je qualifizierter Menschen seien, desto mehr Arbeitslosengeld und Sozialhilfe erspare sich der Staat, gab Koza zu bedenken. Mit dem Schulungszuschlag könne man verhindern, dass Betroffene aus finanziellen Gründen Ausbildungen abbrechen, um vorübergehende Hilfsjobs anzunehmen und danach erst wieder beim AMS oder in der Sozialhilfe landen. In diesem Sinn zeigte er sich auch über die Ablehnung des Gesetzes durch die SPÖ und die NEOS enttäuscht, zumal sich die NEOS stets als "Bildungspartei" bezeichnen würden.
Seitens der SPÖ hielt Alois Stöger den Regierungsparteien entgegen, dass das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz grundlegend repariert werden müsste. Durch "ein Herumdoktern" werde das Gesetz nicht besser, meinte er. Zudem ist er überzeugt, dass eine bessere Lösung zustande gekommen wäre, hätte man den Gesetzentwurf einer Begutachtung unterzogen.
Generell ablehnend zum Bildungsbonus äußerte sich Gerald Loacker (NEOS). Wenn Sozialhilfebezieher:innen noch mehr Geld bekommen, "gehen sie fix nicht mehr arbeiten", befürchtet er.
Dazu hielt ÖVP-Abgeordneter Ernst Gödl fest, dass man sich genau anschauen werde, ob der Bonus tatsächlich einen Beschäftigungseffekt hat. Er ist aber zuversichtlich, dass dieser dazu beitragen wird, Menschen in den Arbeitsmarkt zurückzubekommen. In diesem Zusammenhang verwies er auch auf bisherige Erfolge der Regierung bei der Reduzierung von Langzeitarbeitslosigkeit.
Nach Veröffentlichung der Gesetzesnovelle im Bundesgesetzblatt werden die Länder sieben Monate Zeit haben, ihre Sozialhilfe- bzw. Mindestsicherungsgesetze an die neuen Bestimmungen anzupassen.
Novelle zum Heimopferrentengesetz
Die mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen verabschiedete Novelle zum Heimopferrentengesetz geht auf eine Anregung der FPÖ zurück. Die Abgeordneten reagieren damit auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs, der es in einem konkreten Fall als zulässig gewertet hat, am Konto liegende Rentennachzahlungen als Vermögen einzustufen und somit einen Antrag auf Mietbeihilfe abzuweisen. Die Abgeordneten sehen dadurch die finanziellen Ansprüche der betroffenen Bezieher:innen beschnitten, zumal Heimopferrenten ausdrücklich nicht als Einkommen im Sinne der Sozialhilfe- bzw. Mindestsicherungsgesetze gelten. Nun wird ergänzend dazu ausdrücklich normiert, dass Nachzahlungen von Heimopferrenten und angesparte Rentenbeträge sowie andere Entschädigungsleistungen für Heimopfer im Bereich der Sozialhilfe nicht als Vermögen zu werten sind.
Es sei nicht einzusehen, dass geblockte Zahlungen anders behandelt werden als regelmäßige Leistungen, betonten Michael Hammer (ÖVP), Bedrana Ribo (Grüne), Alois Stöger (SPÖ), Christian Ragger (FPÖ) im Plenum. Abgelehnt wurde die Gesetzesnovelle hingegen von den NEOS: Es stehe dem Parlament schlecht an, missliebige Höchstgerichtsentscheidungen zu korrigieren, argumentierte Gerald Loacker.
Den Gesetzesbeschluss mit einem Entschließungsantrag angestoßen hatte FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch. Dieser wurde ebenfalls mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen angenommen.
Schutz von Berufsbezeichnungen im Bereich der Sozialarbeit
Ebenfalls die Zustimmung von ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen erhielt das Sozialarbeits-Bezeichnungsgesetz 2024. Es zielt darauf ab, Berufsbezeichnungen im Bereich der Sozialarbeit gesetzlich schützen. Nur wer eine einschlägige akademische Ausbildung oder eine Diplom-Ausbildung hat, soll sich künftig "Sozialarbeiterin" bzw. "Sozialarbeiter" oder "Sozialpädagogin" bzw. "Sozialpädagoge" nennen dürfen. Wer dies ignoriert, riskiert eine Verwaltungsstrafe von bis zu 15.000 €. Vulnerable Gruppen, die von Sozialarbeiter:innen betreut werden, müssten sich darauf verlassen können, dass die Qualität der Betreuung stimme, begründete Grünen-Sozialsprecher Markus Koza die Initiative.
Koza sieht das Gesetz außerdem als Schutz vor "Qualitätsdumping" im Bereich der Sozialarbeit und als ersten Schritt in Richtung Berufsgesetz. Damit werde auch ein langjähriger Wunsch der Berufsgruppen erfüllt, machte Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP) geltend. Sie sprach in diesem Sinn von einem "historischen Moment".
Grundsätzlich begrüßt wurde das Gesetz auch von Verena Nussbaum (SPÖ) und Peter Wurm (FPÖ). Damit könne die Qualität von sozialer Arbeit gesichert werden, sagte Nussbaum. In weiterer Folge braucht es ihrer Meinung nach aber ein umfassendes Berufsgesetz mit einer klaren rechtlichen Definition des Berufsbildes "Sozialarbeit" und einem Berufsangehörigenregister. Ähnlich argumentierte auch Wurm: Er kritisierte insbesondere den bestehenden "Fleckerlteppich" bei den Entlohnungsschemata und rief Sozialminister Johannes Rauch auf, aktiv zu werden. Wurm wertete es zudem als "dramatische Entwicklung", dass man mittlerweile schon in Volksschulen Sozialarbeit benötige.
NEOS-Abgeordnete Fiona Fiedler begründete die Ablehnung des Gesetzentwurfs durch ihre Fraktion unter anderem damit, dass damit die Möglichkeiten eines Quereinstiegs in den Beruf eingeschränkt würden. Dadurch könnte der bestehende Personalmangel weiter verschärft werden. Zudem befürchtet sie das Entstehen von zwei Klassen von Sozialarbeiter:innen: jene, die die Berufsbezeichnung führen dürfen, und jene, die die gleiche Arbeit ohne Titel machen.
Sozialminister Johannes Rauch bekräftigte, dass ein Berufsgesetz das Ziel bleibe. Er hält den Bezeichnungsschutz jedoch für einen wichtigen Schritt zur Anerkennung von Sozialarbeit. Rauch räumte ein, dass es deutlich mehr ausgebildete Sozialarbeiter:innen bräuchte, nicht nur bei den Jugendwohlfahrtstellen, sondern auch bei freien Trägern, dazu seien auch mehr Ausbildungsplätze an den Fachhochschulen nötig. (Fortsetzung Nationalrat) gs
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