Nationalrat: Debatten über Liveübertragung von U-Ausschüssen sowie über Kennzeichnung und Rettung von Lebensmitteln

Wien (PK) -Die Abgeordneten befassten sich in der heutigen Nationalratssitzung mit weiteren Volksbegehren. Bei der Debatte zum Volksbegehren "Untersuchungsausschüsse live übertragen" signalisierten Vertreter:innen aller fünf Parlamentsfraktionen ihre grundsätzliche Zustimmung für eine Liveübertragung der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse. ÖVP und Grüne verwiesen diesbezüglich auf derzeit laufende "konstruktive Gespräche auf Referentenebene". Abgeschlossen wurden auch die Beratungen zu den beiden Volksbegehren hinsichtlich verpflichtender Lebensmittelherkunftsbezeichnungen sowie zur Reduktion von Lebensmittelverschwendung.

Untersuchungsausschüsse live übertragen

Besondere Aktualität durch zwei gerade anlaufende U-Ausschüsse hat das Volksbegehren bekommen, das sich für eine Liveübertragung parlamentarischer Untersuchungsausschüsse einsetzt und von 102.755 Österreicher:innen unterzeichnet wurde. Im Sinne der Transparenz müsse es der Bevölkerung ermöglicht werden, zumindest medienöffentliche Sitzungen mittels Direktübertragung in Bild und Ton zu verfolgen, fordern die Initiator:innen rund um Lukas Papula, wobei es ihnen vor allem um die Befragung von Auskunftspersonen öffentlichen Interesses geht.

Die ÖVP bekenne sich zur öffentlichen Übertragung von Untersuchungsausschüssen, wenn es dazu ein Konzept gebe, sagte Andreas Hanger (ÖVP). Es brauche eine "saubere Legistik" vor allem hinsichtlich der heiklen Frage der Persönlichkeitsrechte der Befragten. Auf Referentenebene gebe es dazu derzeit gute Gespräche, so Hanger.

Auf konstruktive Gespräche, zu denen auch Expert:innen geholt werden, verwies auch Agnes Sirkka Prammer (Grüne). Die Liveübertragung von U-Ausschüssen sei ein großes Anliegen, denn ohne diese könne sich die Bevölkerung nie einen eigenen Eindruck von den Befragungen machen und jeder der Befragten könne der Bevölkerung dann darüber "eigene Geschichten" erzählen. Es sei brandgefährlich, wenn dies nun auch bei Gerichtsverhandlungen passiere und über "politisch gesteuerten Gerichtsverfahren" gesprochen werde. Dies könne die Justiz tiefgreifend zerstören, so Prammer.

Von seiner Fraktion gebe es ein "klares Ja" zur Liveübertragung von Untersuchungsausschüssen, sagte Kai Jan Krainer (SPÖ). In der Frage darüber, bei welchen Befragten es sich um Personen öffentlichen Interesses handle, verwies er auf das Mediengesetz. Beispielsweise würden bei der Berichterstattung von Gerichtsprozessen, Journalist:innen jeden Tag "verantwortungsvoll entscheiden" bei wem es sich um eine Person öffentlichen Interesses handle und dies dementsprechend berücksichtigen.

Die Entscheidung darüber, wer bei U-Ausschüssen eine Person des öffentlichen Interesses sei, solle man nicht der Presse überlassen, sagte Christian Ries (FPÖ). Insgesamt stehe seine Fraktion der Liveübertragung jedoch positiv gegenüber. Vergangene U-Ausschüsse hätten viel Licht in bestimmte Themen gebracht. Allerdings hätten mitunter manche Befragte große Erinnerungslücken gehabt, andere hätten geredet wie ein Wasserfall "zu Fragen, die nie gestellt" worden seien. Bei Live-Übertragungen wäre dies anders gewesen, meinte Ries.

Transparenz sei der Sauerstoff für die Demokratie und "die Luft im U-Ausschuss ist leider relativ dünn", sagte Yannick Shetty (NEOS). Die Menschen hätten ein Recht darauf zu erfahren, was im wichtigen Kontrollgremium Untersuchungsausschuss ablaufe. Doch rechtzeitig vor Beginn der anstehenden U-Ausschüsse sei wieder kein konkreter Vorschlag zur Live-Übertragung am Tisch und die U-Ausschüsse damit wieder eine "Dunkelkammer" für die Öffentlichkeit, kritisierte Shetty.

Debatte über Lebensmittelherkunftskennzeichnung

Ein weiteres Volksbegehren, welches von 149.891 Österreicher:innen unterstützt wurde, fordert die umfassende Einführung einer Lebensmittelherkunftskennzeichnung. Damit soll ein wesentlicher Beitrag zum Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutz sowie zum Erhalt regionaler Arbeitsplätze und der Wertschöpfung erreicht werden, heißt es in der vom ehemaligen Abgeordneten Leopold Steinbichler gestarteten Initiative.

Beim Thema Lebensmittelherkunftsbezeichnung sei in dieser Legislaturperiode bereits einiges passiert, zudem gebe es auch freiwillige Initiativen, die "viel Gutes tun". Eine "große Lösung" werde es auf EU-Ebene geben müssen, sagte Christoph Zarits (ÖVP). Die Herkunft von Fleisch, Milch und Eiern in der Gemeinschaftsverpflegung müsse seit vergangenen Herbst gekennzeichnet werden. Eine EU-Regelung sehe außerdem vor, dass innerhalb der EU das Herkunftsland von Honig künftig auf dem Etikett angegeben werden müsse, betonte Carina Reiter (ÖVP).

Es werde eine umfassende Herkunfts- und Haltungskennzeichnung brauchen, sagte Olga Voglauer (Grüne). Der heute in der Steiermark bekanntgewordene und vom "Verein gegen Tierfabriken" aufgedeckte Tierhaltungsskandal sei schlimm und unfassbar. Die Person, die diesen Betrieb führe, sei Funktionär und Branchenvertreter. Sie fordere diese Person zum Rücktritt auf, sagte Olga Voglauer (Grüne). Dass wir solche Skandale erleben, bedeute aber auch, dass Tierärzt:innen weggeschaut haben. Auch damit müsse Schluss sein, forderte Voglauer.

Klarheit und Transparenz bei der Herkunft von Lebensmitteln seien notwendig und die Konsument:innen würden diese auch wollen, betonte Rainer Wimmer (SPÖ). Tierwohl und -haltung berücksichtige das AMA-Gütesiegel aber nicht. Zudem gebe es derzeit einen "Wildwuchs an Gütesiegeln" und es werde "gelogen und verschwiegen". Acht von zehn Schweinen würden derzeit in Österreich auf Vollspaltböden stehen, dies sei "pure Tierquälerei". Es gebe genug Geld im Landwirtschaftsbudget um dies zu ändern, daher brauche es diesbezüglich Umschichtungen im Budget. Auch Elisabeth Feichtinger (SPÖ) betonte den dringenden Handlungsbedarf und brachte einen entsprechenden Entschließungsantrag zur Umschichtung des Agar-Budgets für den Umbau der Ställe mit Vollspaltenboden-Haltung sowie zu Herkunftsbezeichnungen und einer verpflichtenden Tierhaltungskennzeichnung ein. Der Antrag blieb mit den Stimmen ihrer Fraktion in der Minderheit.

Seit 2011 würden verschiedene Parteien Anträge zu Herkunftsbezeichnungen einbringen, doch diese würden immer an der ÖVP scheitern, sagte Peter Schmiedlechner (FPÖ). Stattdessen gebe es immer wieder "halbherzige Lösungen, die niemanden weiterhelfen". Er brachte daher einen Entschließungsantrag zur Einführung einer umfassenden Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln ein. Der Antrag blieb mit den Stimmen von FPÖ und SPÖ in der Minderheit. Für gute und gerechte Preise für Bäuer:innen sprach sich Maximilian Linder (FPÖ) aus.

Das Anliegen des Volksbegehrens sei zu unterstützen, sagte Josef Schellhorn (NEOS) und kritisierte die "verfehlte Landwirtschaftspolitik der letzten 30 Jahre der ÖVP". Der Kostenfaktor Arbeit sei der Preistreiber beim Schnitzel, sagte Schellhorn. Es müsse gegen die Teuerung angekämpft werden und regionale Kreisläufe forciert werden, forderte er.

Lebensmittel retten statt verschwenden

Eine gesetzliche Regelung zur Bekämpfung von Lebensmittelabfällen fordern die 203.831 Unterstützer:innen eines weiteren, von Lukas Papula initiierten Volksbegehrens mit dem Titel "Lebensmittelrettung statt Lebensmittelverschwendung". Konkret sollen Lebensmittelunternehmen sowie Supermärkte mit mehr als 400 m2 Verkaufsfläche verpflichtet werden, nicht mehr verkaufsfähige aber noch genießbare Lebensmittel an gemeinnützige Organisationen oder direkt an Bedürftige zu spenden bzw. diese bei Eignung auch als Tierfutter zu verwerten.

Carmen Jeitler-Cincelli (ÖVP) unterstrich die Bedeutung von Volksbegehren. Sie kritisierte jedoch, dass es "unanständig" sei, dieses Instrument missbräuchlich "als Geschäftsmodell" zu verwenden. So habe der Proponent dieses Volksbegehrens "im Moment vier weitere Volksbegehren am Start". Sie appellierte an die Bevölkerung, sich vor dem Unterschreiben eines Volksbegehrens zu vergewissern, ob es sich bei der Initiative um ein "echtes Herzensanliegen" der Proponent:innen handle, wie dies beispielsweise beim "Mental Health"-Jugendvolksbegehren der Fall gewesen sei, welches viel bewegt habe. Seitens der Politik müsse man sich ansehen, wie mit dem Instrument des Volksbegehrens künftig umgegangen werden solle, so Jeitler-Cincelli

Für Parlamente sei es immer bereichernd, wenn Bürger:innen ein Anliegen einbringen, sagte Christoph Matznetter (SPÖ). Weltweit gebe es viele Millionen schlecht ernährter Menschen und auch in Österreich seien viele Menschen auf Sozialmärkte angewiesen. Es sei daher "sinnvoll und richtig" sich dafür einzusetzen, dass Lebensmittel nicht verschwendet werden und den Weg zu jenen Menschen finden, die sie brauchen. "Vollinhaltliche Unterstützung" für das Volksbegehren drückte auch Karin Greiner (SPÖ) aus und betonte, dass jeder einzelne durch gezieltes Einkaufsverhalten dazu beitragen könne, Lebensmittelverschwendung und damit einhergehend auch CO2-Emissionen zu reduzieren.

Er gebe Carmen Jeitler-Cincelli Recht, dass man über die aktuelle Regelung zur finanziellen Abgeltung für das Einleiten von Volksbegehren nachdenken solle, sagte Maximilian Linder (FPÖ). Die direkte Demokratie sei jedoch eines "der wichtigsten Dinge", die man "fördern und forcieren" wolle und die rund 204.000 Unterzeichner:innen dieses Volksbegehrens würden eine Regelung zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung wollen. In Österreich würden auf freiwilliger Basis schon mehr Lebensmittel gerettet, als dies in Frankreich mit einer gesetzlichen Regelung gelinge. Linder sprach sich daher für mehr Bewusstseinsbildung, bessere Unterstützung der Sozialmärkte sowie für das Ändern von Vermarktungsrichtlinien beispielsweise zu Größenvorgaben für Kartoffeln, sowie das Überdenken von Qualitätsstandards und das Klären von Haftungen aus. Auch Alois Kainz (FPÖ) und Peter Wurm (FPÖ) betonten die Wichtigkeit von Bewusstseinsbildung und Wissen zur sinnvollen Lebensmittelverwertung.

Ulrike Fischer (Grüne) bedankte sich bei allen, die Initiativen zur Rettung von Lebensmitteln setzen. Lebensmittelverschwendung könne täglich vermieden werden. Zudem sei im Vorjahr eine Meldepflicht für Supermärkte beschlossen worden, die diese verpflichte bekanntzugeben, wie viele Lebensmittel sie wegwerfen und spenden.

Wer Lebensmittel wegwerfe, der werfe auch Ressourcen, Arbeit und Geld weg, betonte Katharina Werner (NEOS). Nur zehn Prozent der Lebensmittelverschwendung würden durch den Handel verursacht, der weitaus größere Anteil falle bei der Produktion, bei der Außer-Haus-Verpflegung sowie in den Privathaushalten an, doch darüber werde kaum geredet. Weiters werde zur Bekämpfung von Lebensmittelverschwendung meist über Verpflichtungen, Zwänge und Kontrolle diskutiert, jedoch nie über das Schaffen von Anreizen um das Spenden von Lebensmitteln attraktiver zu machen. Ein im Finanzausschuss eingebrachter entsprechender Antrag, der steuerliche Anreize vorsehe, sei vertagt worden, kritisierte Werner. (Fortsetzung Nationalrat) bea

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