Der Ärzt*innenmangel im öffentlichen Gesundheitssystem ist eklatant und wird sich, insbesondere aufgrund einer Pensionierungswelle, in den kommenden zehn Jahren weiter verschärfen. Zudem gehen mehr als 20 Prozent der Ärzt*innen nach ihrem Studium in Österreich ins Ausland. Die SPÖ hat daher vorgeschlagen, jene Bewerber*innen bei der Vergabe der Medizinstudienplätze zu bevorzugen, die sich freiwillig verpflichten, dem öffentlichen Gesundheitssystem nach ihrem Studium zur Verfügung zu stehen. Der Verfassungs- und Medizinrechtsexperte Univ.-Prof. Karl Stöger hat im Auftrag der Arbeiterkammer Wien ein Gutachten dazu erstellt, das bestätigt: Dieser Vorschlag ist rechtlich möglich. SPÖ-Parteivorsitzender Andreas Babler betont am Donnerstag gegenüber dem SPÖ-Pressedienst: „Das Gutachten vom Rechtsexperten Karl Stöger zeigt schwarz auf weiß, dass unser Vorschlag umsetzbar ist. Die Menschen in Österreich haben ein Recht auf eine gute medizinische Versorgung – und zwar auf e-card statt Kreditkarte!“ Immer mehr Menschen müssen auf Wahlärzt*innen ausweichen, weil sie oft mehrere Wochen oder Monate auf einen Termin bei Kassenärzt*innen warten müssen. Die SPÖ fordert garantierte Facharzttermine innerhalb von 14 Tagen. ****
Die Wahlarztrechnungen haben sich in Österreich im Zeitraum von 2019 bis 2022 bei Allgemeinmediziner*innen verdreifacht. Familien haben doppelt so viele Privatrechnungen für Kinderärzt*innen eingereicht. „Das sind die Folgen der schwarz-blauen Politik des Sozialabbaus. Schwarz-blaue Regierungen haben unser gutes öffentliches Gesundheitssystem zugunsten privater Anbieter ausgehungert. Es kann nicht sein, dass Menschen, die rasch einen Behandlungstermin brauchen, dafür ihre Kreditkarte zücken müssen“, so Babler. Mit dem SPÖ-Vorschlag, dass sich Medizinstudierende freiwillig verpflichten, nach dem Studium im öffentlichen Gesundheitssystem zu arbeiten, wird es sowohl mehr Kassen- als auch Spitalsärzt*innen geben.
Insbesondere das von der SPÖ favorisierte Modell der zweistufigen freiwilligen Verpflichtung sei treffgenau für unser öffentliches Gesundheitssystem: Studierende würden sich einmal zu Beginn des Studiums und einmal – präzisierend hinsichtlich der Wahl eines Faches, in dem es in absehbarer Zeit Bedarf im öffentlichen Gesundheitssystem geben wird – gegen Ende des Studiums freiwillig verpflichten, im öffentlichen Gesundheitssystem als Ärztin oder Arzt zu arbeiten. Auch das „Landarztquoten“-Modell wie in Deutschland – eine freiwillige Verpflichtung in einer unterversorgten Region tätig zu werden – ist laut Gutachten zulässig. Der praktische Nachteil des deutschen Modells liegt aber darin, dass man sich sehr jung bereits am Anfang des Studiums für ein bestimmtes Fach entscheiden muss, ohne zu wissen, ob man nicht für ein anderes Fach viel besser geeignet ist. Beim SPÖ-Modell bleibt während des gesamten Studiums Zeit dafür, sich für ein konkretes Fach nach Begabung und Interesse zu entscheiden.
„Die Bevorzugung Medizinstudierender, die im öffentlichen Gesundheitssystem Ärzt*in sein wollen, ist nur eine von mehreren Schrauben, an denen wir drehen müssen, um die Gesundheitsversorgung nachhaltig abzusichern“, so der SPÖ-Chef. Eine weitere Maßnahme zur Attraktivierung des Arztberufes ist der Ausbau der Primärversorgungseinheiten, in denen Ärzt*innen im Team unter einem Dach oder im engen Netzwerk zusammenarbeiten und so attraktivere Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen haben. Die enge Zusammenarbeit mit nichtärztlichen Gesundheitsberufen von der Pflege bis zur Physiotherapie entlastet Ärzt*innen und verbessert das Angebot für Patient*innen. Ziel muss weiterhin ein österreichweiter Gesamtvertrag für Ärzt*innen sein, der eine Leistungsharmonisierung und eine neue, zeitgemäße Honorarordnung – und damit mehr Zeit für die Patient*innen – sicherstellt. Um dem Ärzt*innenmangel entgegenzutreten, sollen die Medizinstudienplätze verdoppelt werden – die meisten OECD-Länder, die im Gesundheitswesen vor einer Pensionierungswelle standen, haben mit einer solchen Aufstockung reagiert. (Schluss) bj/lp
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