TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Gendersternchen statt Spitzenkandidatin“, von Anita Heubacher

In einer Partei, die sich bei geschlechtergerechter Sprache in Rage redet, fehlt es an Frauen als Spitzenkandidatinnen. Bei den Grünen führen Männer in wichtige Wahlen. Fragt sich, wie ernst die Grünen Gleichbehandlung wirklich nehmen.

   Wann auch immer heuer der Nationalrat gewählt wird, Spitzenkandidat der Grünen will wieder Werner Kogler sein. Das ist auch ein Signal für eine Partei, die sonst, mit Verlaub, alte weiße Männer alles andere als gut findet und im Gendersternchen den Zenit der Gleichbehandlung ausmacht.
   Werner Kogler hat ohne Zweifel seine Meriten. Er hat die Grünen an ihrem Tiefpunkt übernommen, als die Ökopartei 2017 an der Vier-Prozent-Hürde im Parlament scheiterte. Den Job wollte nun wirklich keiner. Aber ob es das Beste für die Partei ist, mit Kogler in die Nationalratswahl zu gehen, sei dahingestellt. Die Ministerinnen Alma Zadić und Leonore Gewessler fallen Beob­achterInnen als Alternativen an der Spitze ein. Sollte es so sein, dass beide Frauen nicht wollen, dann sagt das auch etwas über das Klima und den Nährboden für Gleichbehandlung in der Partei aus. Lena Schilling, die junge Öko-Aktivistin, die nun die Grünen in die EU-Wahl führt, kann das Bild nicht retten. Erstens geht es um EU-Wahlen und zweitens handelt es sich weniger um Frauenförderung, vielmehr besteht die Gefahr des Verheizt-Werdens.
Neben der Nationalratswahl stehen heuer die Gemeinderatswahlen in Innsbruck an. Auch dort wird ein Mann die Grünen in die Wahl führen. Der amtierende und angeschlagene Bürgermeister Georg Willi hat alles darangesetzt, wieder zu kandidieren und Alternativen wie beispielsweise die ehemalige grüne Landesrätin Gabi Fischer in Innsbruck zu verhindern.
   Der Name Fischer führt unweigerlich hin zur Landesebene. Dort spielte sich in den Reihen der Frauen ein regelrechter Aderlass ab. Fischer unterlag Klubobmann Gebi Mair in einer Kampfabstimmung. Mair hatte zuvor den starken Frauen in der Partei das Leben schwergemacht. Die Doppel-Spitze war noch für das Wahlplakat gut, seitdem ist die Frau an der Spitze verschollen. Der Klubobmann zählt wie eh und je auf seinen engsten Kreis, und da gehören die beiden weiblichen Landtagsabgeordneten sicher nicht dazu. Die bleiben in der Partei der Gleichberechtigung außen vor.

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