Das österreichische Gesundheitssystem ist derzeit zu spitals- und zu ärzt:innenlastig, das bestätigen viele OECD-Berichte in der Vergangenheit bis heute. Der Strukturwandel hin zu mehr ambulanter und niedergelassener Versorgung wird durch neue medizinische Möglichkeiten immer drängender. Immer mehr Behandlungen und Eingriffe können tagesklinisch oder ambulant erledigt werden und brauchen keine stationären Aufenthalte mehr. Viele Versorgungsaufgaben können auch andere Gesundheitsberufe übernehmen. Bei der Würdigung dieser Entwicklungen hinkt das österreichische System hinterher. Deshalb gab es im Zielsteuerungssystem schon von Anfang an Bestrebungen, die ambulanten Behandlungen in bestimmten Bereichen stark auszubauen. Die Länder als Rechtsträger der öffentlichen Spitäler blieben in der Umsetzung bisher teilweise weit von den Zielsetzungen entfernt.
ÖGK-Arbeitnehmer:innen-Obmann und Vorsitzender-Stv. des Dachverbands der Sozialversicherungen Andreas Huss: „Wir müssen jetzt endlich die beschlossenen Entwicklungen auf den Boden bringen und die tagesklinische und ambulante Versorgung hochfahren. In der niedergelassenen Versorgung arbeiten wir an einer Modernisierung und Attraktivierung durch einen einheitlichen Gesamtvertrag mit einheitlichen Leistungen in allen Bundesländern und einer Honorierung, die nicht mehr so viele Fehlanreize mit Einzelpositionen setzt und mehr Pauschalen für Leistungspakete, etwa auch für das ausführliche ärztliche Gespräch, vorsieht. Dazu brauchen wir aber nicht generell höhere Honorare, sondern mehr Ärzt:innen und Angehörige aller Gesundheitsberufe in der Versorgung. Denn mehr Zeit schaffen wir nicht mit höheren Honoraren, sondern nur mit mehr Angebot.“
Im Finanzausgleich wurde der Ausbau der ambulanten Versorgung als klares Ziel definiert. Dabei sollen die Primärversorgungszentren weiter stark forciert werden (Ziel 300 PVE bis 2030) und es wurde der Ausbau größerer Versorgungszentren erleichtert, die auch als eigene Einrichtungen der Krankenversicherung betrieben werden können.
Huss: „Es geht in den nächsten Jahren darum, für die Versicherten mehr Zentren mit langen Öffnungszeiten und großem Leistungsumfang auf Kassenkosten anzubieten. Damit wollen wir gemeinsam die öffentliche Gesundheitsversorgung massiv stärken und die Privatmedizin wieder auf ein erträgliches Maß zurückdrängen.“
Im Rahmen des Finanzausgleichs wurden auch Themen wie Patientensteuerung, Digitalisierung in der Versorgung und stärkere Einbindung aller Gesundheitsberufe beschlossen. Ab dem heurigen Jahr 2024 werden diese Beschlüsse umgesetzt werden.
Huss: „Es wird große Verbesserungen für die Versicherten geben, wenn die Ziele des Finanzausgleichs konsequent umgesetzt werden. Hier müssen wir bestehende ärztliche Ressourcen gut nutzen und zudem alle Gesundheitsberufe einbeziehen. So können zum Beispiel mit den in Niederösterreich schon aktiven Acute Community Nurses viele Patient:innen zu Hause versorgt werden, nicht nötige Spitalseinweisungen gehen zurück und ärztliche Ressourcen werden geschont. Solche und ähnliche kreative und intelligente Lösungen sollen auf ganz Österreich ausgerollt werden.“
Huss: „Mit der Patientensteuerung wird der Service für die Versicherten verbessert. Nach dem Anruf bei der Gesundheitshotline 1450 soll direkt vom 1450-Team ein Termin für die/den Versicherten bei einem geeigneten Kassenarzt in der Nähe gebucht werden. Hier werden bei entsprechender Notwendigkeit die Termine jedenfalls zeitgerecht zugänglich sein. Das ist medizinisch sinnvoll und darauf sollen wir Versicherte auch einen Rechtsanspruch haben. Dafür zahlen wir ja unsere Beiträge.“ Zudem muss die Rolle der Hausärzt:innen als kompetente Begleiter durch das System gestärkt werden.
Zur Regulierung der Privatmedizin wurde beschlossen, dass in Zukunft alle niedergelassenen Ärzt:innen – auch Wahlärzt:innen – ELGA nutzen und Diagnosen codieren müssen.
Huss: „Es ist sinnvoll und gut, Wahlärzt:innen im System mitzudenken und stärker zu regulieren, wie sie arbeiten sollten. Zudem sind alle Ansätze, Wahlärzte zumindest teilweise in die Versorgung von Kassenpatient:innen mit einzubeziehen und so diese Ressource zu nützen, zu unterstützen. Dazu ist es ebenso dringend nötig, dass die Länder einheitlich gültige Regeln für die Nebenbeschäftigung von Spitalsärzt:innen erlassen. Parallele Tätigkeiten in der öffentlichen Spitalsversorgung und als Privatärzt:innen führen immer wieder zu problematischen Ausprägungen. Es geht aber auch um Patientensicherheit. Mit der Einbindung der Wahlärzt:innen in ELGA und der Diagnosecodierung machen wir einige Schritte vorwärts und bringen Licht in die Blackbox der Wahlarzt-Versorgung. Überhaupt soll ELGA massiv ausgebaut werden und die Versorgung abbilden. So werden in Zukunft die Bilder von MR- und CT-Untersuchungen in ELGA für die Versicherten und die Behandler:innen verfügbar sein. Damit können immer mehr belastende Untersuchungen und Mehrfachbefundungen verhindert werden. Dazu müssen auch Laborergebnisse und eine praxistaugliche Patientsummary in ELGA aufgenommen werden. ELGA wird damit zum zentralen digitalen Werkzeug unseres Gesundheitssystems, ermöglicht uns die Teilnahme am Europäischen Gesundheitsdatenraum und die österreichische Gesundheitsversorgung kommt endgültig im 21. Jahrhundert an. Davon werden sowohl Patient:innen, die Gesundheitsplanung als auch die Wissenschaft profitieren!“
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