Verfassungsausschuss: Expert:innen begrüßen Abschaffung des Amtsgeheimnisses

Seit rund zehn Jahren wird in Österreich über die Abschaffung des Amtsgeheimnisses verhandelt. Nun steht das endgültige Aus vor der Tür. Die Regierungsparteien haben sich mit der SPÖ auf einen konkreten Gesetzentwurf verständigt, zu dem heute im Verfassungsausschuss des Nationalrats ein öffentliches Hearing abgehalten wurde. Als Expert:innen standen den Abgeordneten der Leiter des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramts Albert Posch, die Leiterin des Verfassungsdienstes der steirischen Landesregierung Waltraud Bauer-Dorner, der Generalsekretär des Österreichischen Gemeindebundes Walter Leiss, die Rechtswissenschaftler:innen Christiane Wendehorst (Universität Wien) und Bernd Wieser (Universität Graz), der Geschäftsführer von EpiCenter.Works Thomas Lohninger sowie Markus Hametner vom Forum Informationsfreiheit zur Verfügung. Grundsätzlich gab es im Hearing viel Zustimmung zum neuen Informationsrecht für Bürger:innen, im Detail orten die Expert:innen aber noch Mängel im Gesetzentwurf.

Noch offen ist, wann das neue Informationsfreiheitsgesetz und die begleitenden Verfassungsänderungen beschlossen werden. Geplant ist eine weitere Sitzung des Verfassungsausschusses kommenden Montag, eine Fixierung dieses Termins ist aber noch ausständig. Gibt der Ausschuss rechtzeitig grünes Licht, könnte das Plenum des Nationalrats bei der nächsten Sitzung am 31. Jänner über das Paket beraten.

Posch: Große Herausforderung, einheitliches Regelwerk zu schaffen

Zu Beginn des Hearings hob der Leiter des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramts Albert Posch die legistische Herausforderung hervor, ein einheitliches Regelungswerk für eine heterogene Gruppe zu schaffen, das sowohl möglichst präzise als auch in der Praxis anwendbar ist. Schließlich habe man es nicht nur mit klassischen Verwaltungsstellen zu tun, gab er zu bedenken. Zudem seien verschiedene Rechtspositionen zu berücksichtigen. So stünden etwa das Grundrecht auf Zugang zu Informationen und das Grundrecht auf Datenschutz einander gegenüber. Hier generelle Vorgaben zu machen, ist Posch zufolge nicht möglich, es werde stets einer Interessensabwägung im Einzelfall bedürfen. Künftige Änderungen des Informationsfreiheitsgesetzes benötigen laut Posch grundsätzlich die Zustimmung der Länder.

Was das im Gesetz vorgesehene Anhörungsrecht betroffener Dritter betrifft, ist nunmehr vorgesehen, dass dieses zu unterbleiben hat, wenn durch eine Information dieser Personen investigativer Journalismus behindert würde, erläuterte Posch. Außerdem sei eine Ausweitung des parlamentarischen Interpellationsrechts in Aussicht genommen: Eine Antwortverweigerung sei nur noch bei schwerwiegenden Geheimhaltungsinteressen möglich.

In Antwort auf Fragen von Seiten der Abgeordneten hielt Posch fest, dass Informationen – etwa ein Gutachten – nachträglich zu veröffentlichen sind, wenn ein ursprünglich vorhandener Geheimhaltungsgrund im Laufe der Zeit wegfällt. Zudem machte er geltend, dass es nicht möglich sein werde, das Informationsfreiheitsgesetz mit Spezialgesetzen auszuhebeln, da die verfassungsgesetzlichen Vorgaben einzuhalten seien. Man könne die Geheimhaltungsrechte mit einfachen Bundesgesetzen nicht erweitern, sondern bestenfalls einschränken, wenn dies als unerlässlich angesehen werde.

Lohninger und Hametner orten Lücken im Gesetz

Thomas Lohninger von EpiCenter.Works und Markus Hametner vom Forum Informationsfreiheit sehen allerdings genau diese Gefahr, nämlich dass es möglich sein wird, mit einfachen Gesetzen in das Auskunftsrecht einzugreifen. Durch die vorgesehene Öffnungsklausel könnte etwa in speziellen Materiengesetzen festgelegt werden, dass die Bestimmungen des Informationsfreiheitsgesetzes für Auskunftserteilungen in diesem Bereich nicht gelten, hoben sie hervor und sprachen in diesem Zusammenhang von einer "Sollbruchstelle". Bis der Verfassungsgerichtshof eine Entscheidung über die Zulässigkeit dieser Bestimmungen treffe, könnten bis zu drei Jahre vergehen, in denen man keine Auskunft erhalte. Zudem würden die Verfassungsbestimmungen Hametner zufolge nur die Frage der Geheimhaltung regeln, andere Bestimmungen wie die Gebührenfreiheit oder die Fristen für Auskunftserteilungen seien nicht verfassungsrechtlich abgesichert. Das sei im ursprünglichen Ministerialentwurf besser geregelt gewesen, sagte Lohninger.

Auch weitere Lücken im Gesetz orten Lohninger und Hametner. So kritisierte Hametner etwa, dass das Gesetz keine Konsequenzen vorsehe, wenn öffentliche Stellen ihrer Pflicht zur proaktiven Veröffentlichung von Informationen von allgemeinem Interesse nicht nachkommen bzw. Anfragen "mutwillig" nicht beantworten. Ebenso vermisst er ein dezidiertes Recht der Verwaltungsgerichte auf Einsicht in die von Bürger:innen bzw. Medien angefragten Unterlagen bzw. Informationen, um sich ein Bild von der Sachlage machen zu können. Das habe sich schon jetzt als Problem erwiesen. Als "absurd" bezeichnete Hametner die bis zu zweimonatige Auskunftsfrist, immerhin sei das aber ein Fortschritt gegenüber dem Iststand und früheren Gesetzentwürfen. Nicht "ganz sauber" ist für ihn außerdem die nun vorgesehene Medien-Lösung, schließlich wüssten anfragende Journalist:innen oft nicht vorab, wer betroffener Dritter sein könnte.

Erhebliche Verbesserungen erwartet

Generell erwartet sich Hametner aber deutliche Verbesserungen für Medien und Bürger:innen durch das Gesetz. Dass Bürger:innen ein Recht auf staatliche Information haben und nicht mit vagen Auskünften "abgespeist werden können", sei eine überfällige Klarstellung, meinte er, auch wenn der Gesetzentwurf hinter vielen internationalen Vorbildern zurückbleibe.

Auch Lohninger glaubt, dass sich das Gesetz positiv auf die Position Österreichs in einschlägigen Rankings auswirken wird, wiewohl man seiner Meinung nach die Erfahrungen in der Praxis abwarten muss. Das vorliegende Gesetz sei zwar nicht schön, "aber wir brauchen es", meinte er. Ein Beschluss wäre jedenfalls ein historischer Schritt. Positiv sieht er etwa, dass staatsnahe Unternehmen und Vereine in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen und dass Antragskosten künftig wegfallen. Ebenso ist der Datenschutz aus seiner Sicht "sauber gelöst", auch wenn er hier "eine enorme Aufgabe" auf die Verwaltung zukommen sieht. Die erforderliche Einzelfallabwägung würde "auf viele Schultern im Land verteilt". Ein Informationsfreiheitsbeauftragter wäre hier seiner Auffassung nach die bessere Lösung gewesen. Als sachlich nicht gerechtfertigt sieht Lohninger, dass die Landtage – im Gegensatz zum Nationalrat und vom Bundesrat – nicht vom Gesetz umfasst sind.

Bauer-Dorner: Viele Anliegen der Länder wurden berücksichtigt

Dass die Landtage vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen sind, ist laut Waltraud Bauer-Dorner (Verfassungsdienst der steirischen Landesregierung) ein politischer Kompromiss gewesen. Die Landtage würden ohnehin hohe Transparenz walten lassen, meinte sie. Es habe aber die Befürchtung gegeben, dass Ausschüsse und Unterausschüsse, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, betroffen wären.

Auch sonst haben laut Bauer-Dorner viele Anliegen der Länder Eingang in den Entwurf gefunden. Als Beispiele nannte sie etwa, dass bei der proaktiven Informationsbereitstellung keine Rückwirkung vorgesehen sei, dass bei der Veröffentlichungspflicht das Ursprungsprinzip gelte und dass der Rechtsschutz bei den Verwaltungsgerichten angesiedelt sei. Ebenso werde man die Legisvakanz von 18 Monaten auf Landesebene gut brauchen können, sagte Bauer-Dorner. Schließlich müssten sämtliche Landes- und Gemeindebehörden vorbereitet und geschult werden. Zudem seien wohl einige legistische Maßnahmen nötig. Verteidigt wurde von der Expertin auch die Ausnahme von der proaktiven Informationspflicht für Gemeinden unter 5.000 Einwohner:innen, schließlich sei bei kleineren Gemeinden oft nicht einmal ein Jurist vor Ort. Zudem handle es sich um eine Kann-Bestimmung.

Allgemein gab Bauer-Dorner zu bedenken, dass es zum Teil schon jetzt umfassende Auskunftspflichten gebe. Den "großen Wurf" sieht sie vor allem in der proaktiven Informationspflicht. Im Detail könnte man ihrer Meinung nach noch einzelne Verbesserungen am Entwurf vornehmen, etwa was die Form der Auskunft betrifft. Kritisch sieht Bauer-Dorner außerdem die nunmehrige Regelung für staatsnahe Unternehmen: ihrer Ansicht nach wäre es sinnvoller gewesen, auf die Höhe der staatlichen Beteiligung (mehr als 50 %) abzustellen, da es schwierig sein könnte, den Beherrschungstatbestand innerhalb der vorgesehenen Auskunftsfrist zu ermitteln.

Leiss: Gemeinden sind nicht Verhinderer von Transparenz

Walter Leiss (Österreichischer Gemeindebund) lobte den "sehr konstruktiven Dialog", der mit den Gemeinden geführt worden sei. Diese seien in der Öffentlichkeit fälschlicherweise als Verhinderer der Transparenz hingestellt worden, beklagte er. Dabei wird seiner Ansicht nach gerade bei kleineren und mittleren Gemeinden schon jetzt sehr transparent agiert, wobei er etwa auf öffentliche Gemeinderatssitzungen verwies. Zudem hätten für Gemeinden schon bisher die Auskunftspflichtgesetze der Länder gegolten.

Leiss zufolge wird es für die Gemeinden allerdings nicht einfach sein, zwischen Veröffentlichungspflichten und Geheimhaltungsrechten abzuwägen. Auf kommunaler Ebene fehle oft die juristische Expertise und das Knowhow. Die verankerte Einwohnergrenze für die proaktive Veröffentlichungspflicht sei in diesem Sinn ein Kompromiss gewesen. Es werde auch Schulungen geben müssen, betonte Leiss und begrüßte in diesem Sinn die 18-monatige Frist bis zum Wirksamwerden der Bestimmungen. Von der Bundesebene erwartet sich der Gemeindebund-Vertreter Leitfäden, um einheitliche Auslegungen in den Gemeinden zu gewährleisten.

Wendehorst: Gesetz kann Paradigmenwechsel bewirken

Auf präzise Leitlinien hofft auch Christiane Wendehorst, Professorin für Zivilrecht an der Universität Wien. In der Praxis werden schwierige Abwägungsentscheidungen zu treffen sein, sagte sie. Insofern wären aus ihrer Sicht genauere gesetzliche Vorgaben und bessere Handreichungen wünschenswert gewesen, etwa was den Schutz betroffener dritter Personen betrifft. Schließlich gehe es auch um den Datenschutz, das Bankgeheimnis oder Geschäftsgeheimnisse. Die öffentlichen Stellen würden hier "ein bisschen alleingelassen". Zwar gebe es allgemeine Kriterien wie den "Harm-Test" – welcher Schaden droht durch eine Informationserteilung – und den Public-Interest-Test, im Einzelfall könnten Abwägungen laut Wendehorst aber wirklich schwierig sein. Auch was die Anhörung betroffener Dritter betrifft, wären ihrer Meinung nach präzisere Vorgaben im Sinne eines stärkeren Schutzes sinnvoll gewesen.

Besonders schützenswert erachtet Wendehorst Daten, die der Staat über seine Bürger:innen auf gesetzlicher Basis erhebt. Den Ausnahmetatbestand für staatsnahe Unternehmen, die keine Auskünfte erteilen müssen, wenn diese ihre Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen würden, hält sie für "vernünftig".

Ihre geäußerten Bedenken sollten aber nicht Vorwand sein, um das Gesetz "noch weiter hinauszuschieben", sagte Wendehorst. Dieses sei grundsätzlich zu begrüßen und könne durchaus einen Paradigmenwechsel bewirken. Es braucht aber auch einen Kulturwandel, mahnte die Expertin.

Wieser: Proaktive Informationspflicht ist großer Sprung in die Zukunft

Bernd Wieser, Professor für öffentliches Recht an der Universität Graz, sieht einige Punkte im Gesetz wie den rein funktionellen Organbegriff als gut gelungen. Auch wertete er die proaktive Informationspflicht als "großen Sprung in die Zukunft". Das Amtsgeheimnis werde allerdings nur dem Namen nach abgeschafft, meinte er, auch weiterhin würden Verschwiegenheitstatbestände gelten.

Kritisch sieht Wieser unter anderem, dass das Recht auf Informationszugang nur einfachgesetzlich ausgestaltet ist. Zudem glaubt er, dass die Ausnahmeregelung für Gemeinden bis 5.000 Einwohner:innen von der proaktiven Informationspflicht vom VfGH als gleichheitswidrig aufgehoben würde, wenn sie nicht verfassungsrechtlich abgesichert wäre. Auch warnte der Experte davor, den Verfassungsgerichtshof in Zusammenhang mit den Rechtsschutzbestimmungen zu "überfrachten" und den Verwaltungsgerichtshof gänzlich auszuklammern. Die 18 Monate Legisvakanz beurteilte Wieser als nachvollziehbar, er würde aber einen Fixtermin für das Inkrafttreten bevorzugen.

NEOS und FPÖ sehen noch einige offene Fragen

Von Seiten der Abgeordneten hob Wolfgang Gerstl (ÖVP) die Notwendigkeit hervor, "das Gesetz endlich zu beschließen" und damit einen Paradigmenwechsel herbeizuführen. Beim Gesetz handle es sich um einen Kompromiss, betonte er. Geplant ist ihm zufolge auch ein Entschließungsantrag, demzufolge zwei Jahre nach Infrafttreten des Gesetzes eine Evaluierung vorgenommen werden soll.

Auch Selma Yildirim (SPÖ) sprach von einem Paradigmenwechsel. Ihre Fraktionskollegin Muna Duzdar hob ausdrücklich die Erweiterung des parlamentarischen Interpellationsrechts hervor. Es werde nicht mehr möglich sein, Antworten auf parlamentarische Anfragen mit Hinweis auf die Amtsverschwiegenheit zu verweigern, betonte sie.

Nach Meinung von Harald Stefan (FPÖ) wird das Entscheidende die praktische Umsetzung des Gesetzes sein. Es brauche Leitfäden und Schulungen mit präziseren Kriterien, mahnte er. Stefan ortet zudem einen Rückschritt bei der Veröffentlichung von Studien und Gutachten in kleinen Gemeinden und fragt sich, wie Bürger:innen von Studien Kenntnis erlangen sollen, wenn diese gesetzeswidrig nicht veröffentlicht werden.

Agnes Sirkka Prammer (Grüne) erkundigte sich danach, ob daran gedacht sei, in den Ländern unterstützende Organisationseinheiten einzurichten, um den Betroffenen die Abwägung zu erleichtern. Ihre Parteikollegin Ulrike Fischer wertete die vorgesehene Legisvakanz von 18 Monaten für Gemeinden als wichtig.

Nach wie vor etliche offene Fragen sieht Nikolaus Scherak (NEOS). So ist für ihn etwa immer noch nicht klar, ob nach den neuen gesetzlichen Bestimmungen Informationen über die Kosten des seinerzeitigen Grenzzauns in Spielfeld bekanntgegeben werden müssen. Zudem befürchtet er, dass einem Bürger, dem von einem Gemeindebediensteten eine Auskunft verwehrt wird, das Recht auf Erhalt eines Bescheids samt Beschwerdemöglichkeit nicht geläufig ist. Darüber hinaus griff Scherak die Kritik von Lohninger und Hametner am Paragraph 16 des Informationsfreiheitsgesetzes auf, der ihm zufolge etwa ermöglichen würde, Bauordnungen Vorrang vor den Bestimmungen des Informationsfreiheitsgesetzes zu geben. Auch hinterfragte der Abgeordnete, warum die Kammern nicht gegenüber allen Menschen in Österreich, sondern nur gegenüber ihren Mitgliedern informationspflichtig sein sollen und warum das Gesetzespaket zwar für den Nationalrat und den Bundesrat, nicht aber für die Landtage gelten wird.

Edtstadler ortet Paradigmenwechsel

Von einem historischen Tag sprach Verfassungsministerin Karoline Edtstadler. Viele hätten Zweifel gehabt, dass es tatsächlich gelingen werde, das Informationsfreiheitsgesetz auf den Weg zu bringen, meinte sie. Mit der Einigung mit der SPÖ sei man einem Beschluss aber einen entscheidenden Schritt näher gekommen. Transparenz werde künftig die Regel sein, Geheimhaltung die Ausnahme. Der Regierung sei es aber auch wichtig gewesen, die Sorgen der Verwaltung ernst zu nehmen und Vorkehrungen zu treffen, damit kleine Gemeinden nicht lahmgelegt würden, betonte Edtstadler. Ihr zufolge hat es bei der Erarbeitung des Entwurfs jedenfalls "eine gute und intensive Zusammenarbeit" gegeben. Die Stimmung habe sich in den letzten dreieinhalb Jahren gedreht, jedem sei mittlerweile klar, dass es Informationsfreiheit brauche.

Schulungen für Gemeinden

Im Verlauf der weiteren Debatte betonte Friedrich Ofenauer (ÖVP), dass auch kleinere Gemeinden die Möglichkeit haben werden, auf freiwilliger Basis proaktiv Informationen zu veröffentlichen. Ob diese Gemeinden freiwillig Daten in das Informationsregister einspeisen werden, werde auch davon abhängen, wie einfach dieses zu befüllen sein wird, betonte Experte Walter Leiss.

Sabine Schatz (SPÖ) richtete an die Expert:innen die Frage, wie die vorgesehene zweimonatige Bescheidfrist aus Sicht der Gemeinden beurteilt werde. Die zweimonatige Frist sei "schaffbar", meinte Expertin Waltraud Bauer-Dorner, die Informationsbeantwortungen müssten jedoch von den zuständigen Stellen "neben der sonstigen Tätigkeit" erfolgen. Ein Prozess der Evaluierung sei daher wesentlich, so Bauer-Dorner, da dieser möglicherweise über eine allfällige Notwendigkeit zur Anpassung der Fristen Aufschluss geben werde. Man werde Gemeinden als Hilfestellung Leitfäden zur Verfügung stellen, die Entscheidung ob und wie eine Auskunft erteilt werden könne, müssten die Gemeinden jedoch jeweils selbst treffen, so Bauer-Dorner.

Die Landtage, die laut dem vorliegenden Gesetzesentwurf von den Bestimmungen ausgeschlossen sind, würden davon ausgehen ohnehin bereits sehr transparent zu sein, sagte Agnes Sirkka Prammer (Grüne). Sie fragte die Expert:innen diesbezüglich nach ihrer Einschätzung. Zudem betonte Prammer, dass es ihr bewusst sei, dass es im Zusammenhang mit diesem Gesetz hinsichtlich anderer bereits bestehender Bestimmungen noch "einiges an Regelungsbedarf gebe", auch in Bezug auf das Strafrecht.

Werner Herbert (FPÖ) ging auf das Spannungsverhältnis von Datenschutz und Informationsfreit insbesondere hinsichtlich Medienanfragen ein. Er warf die Frage auf, wie man in der Praxis konkret mit Entscheidungen umgehen wolle, die sich möglicherweise widersprechen, und fragte, ob hier nicht eine Beliebigkeit geschaffen werde.

Albert Posch sagte, dass es im Hinblick auf die Schulungen für Gemeinden eines großen Prozesses bedürfe. Ebenfalls brauche es ein Screening der geltenden Gesetze um festzustellen, welche Änderungen durch das neue Gesetz notwendig werden. Bezugnehmend auf die Frage von Werner Herbert (FPÖ) meinte Posch, dass die Gefahr durchaus bestehe, dass es zu Widersprüchen bei der Auslegung kommen werde. Es werde Aufgabe der Verwaltungs- und Höchstgerichte sein, in diesen Fällen über die korrekte Vorgehensweise zu entscheiden. Auch Expertin Christiane Wendehorst geht davon aus, dass es bei der Anwendung des Gesetzes zu Unsicherheiten kommen wird.

Es sei begrüßenswert, dass die Datenschutzbehörde die zuständigen Stellen mit Schulungen unterstützen werde, sagte Christian Drobits (SPÖ). Diese Aufgabe sei jedoch mit hohem Aufwand verbunden und bereits jetzt seien die Personalressourcen der Datenschutzbehörde zu knapp.

Nikolaus Scherak (NEOS) wollte wissen, ob es tatsächlich so vorgesehen sei, dass anhand der nur alle zehn Jahre stattfindenden Volkszählung erhoben werde, welche Gemeinden unter bzw. über die 5.000-Einwohner:innengrenze fallen. Damit gebe es diesbezüglich nur alle zehn Jahre Änderungen, auch wenn eine Gemeinde schon viel früher die 5.000-Einwohner:innengrenze überschreite. Ja, dazu müsse die amtliche Volkszählung herangezogen werden, damit gewährleiste man Rechtssicherheit, lautete die Einschätzung des Experten Bernd Wieser von der Uni Graz.

Michaela Steinacker (ÖVP) wies in ihrer Frage auf die Problematik hin, zu beurteilen, ab wann für Unternehmen wie beispielsweise die ÖBB, die von der Informationspflicht betroffen sein werden, von einer Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsfähigkeit durch Informationen auszugehen sei. So sei es beispielsweise fraglich, ob darunter bereits die Herausgabe von Studien fallen würde, deren Ergebnisse für strategische Entscheidung herangezogen wurden. Zudem interessierte sich Steinacker für die konkrete Ausgestaltung des Informationsregisters und wollte wissen, wer dieses betreiben, warten und aktualisieren werde.

Informationsregister: Eingabe so einfach wie möglich

Für die Einrichtung des Informationsregisters werde das Bundesrechenzentrum (BRZ) zuständig sein, die Einspeisung der Daten werde durch die informationspflichtigen Stellen erfolgen, sagte Albert Posch.

Für die Schaffung des Informationsregisters gebe es international viele Beispiele, meinte Thomas Lohninger. Es dürfe bei der Informationseingabe "nichts händisch" oder mittels ausgedruckter Formulare passieren. Die Eingabe müsse digital und so einfach wie möglich sein. Zudem gehe er davon aus, dass die Datenschutzbehörde mehr Ressourcen benötigen werde, um Hilfestellungen geben zu können. Aus seiner Sicht könnte man allerdings darüber diskutieren, ob die Datenschutzbehörde dafür die richtige Stelle sei.

Markus Hametner sprach sich für einen Kulturwandel in den Gemeinden aus. Es gehe um aktives Informieren, dies solle keineswegs "nebenbei" passieren. Das neue Gesetz werde zu Verbesserungen in der Praxis führen, da Informationssuchende aufgrund der zweimonatigen Bescheidfrist schneller Antwort erhalten werden. Datenschutzbeauftragte würden die zuständigen Stellen allerdings nur schulen dürfen und nicht aktiv unterstützen. Es sollte daher eine Stelle geschaffen werden, an die sich sowohl die Gemeinden als auch Antragsteller:innen unterstützend wenden können, so Hametner.

Informationsrecht löst Amtsverschwiegenheit ab

Basis für das Hearing bildete ein von der Regierung vorgelegter Gesetzentwurf (2238 d.B.), der durch einen von ÖVP, SPÖ und Grünen in Aussicht genommenen gesamtändernden Abänderungsantrag adaptiert werden soll. Unter anderem reklamierte die SPÖ Verbesserungen für Medien und andere "public watchdogs" in die Vorlage: Diese sollen demnach in Ruhe recherchieren können, ohne dass betroffene Personen frühzeitig davon erfahren und alarmiert werden könnten. Außerdem wird es den Mitgliedern der Bundesregierung erschwert, Antworten auf parlamentarische Anfragen zu verweigern, indem die zulässigen Verweigerungsgründe auf vier beschränkt werden. Weitere Punkte des Abänderungsantrags betreffen Klarstellungen in Bezug auf staatsnahe Unternehmen, Stiftungen und Fonds, die Einbeziehung aller Gemeindeverbände in die proaktive Informationspflicht und die Schaffung einer rechtlichen Grundlage zur Erweiterung des Rechtsinformationssystem des Bundes.

Grundsätzlich sieht der Gesetzentwurf vor, die Amtsverschwiegenheit endgültig aus der Verfassung zu streichen und ein Informationsrecht für Bürger:innen gegenüber dem Staat einzuführen. Außerdem sollen öffentliche Stellen verpflichtet werden, Informationen von allgemeinem Interesse wie in Auftrag gegebene Gutachten, Studien und Verträge von sich aus – über ein zentrales Informationsregister – zu veröffentlichen. Ausnahmen von dieser proaktiven Informationspflicht sind nur für Gemeinden unter 5.000 Einwohner:innen vorgesehen. Auskünfte werden unter anderem dann verweigert werden können, wenn die öffentliche Sicherheit durch die Informationserteilung in Gefahr geraten könnte, ein erheblicher finanzieller Schaden droht oder Interessen Dritter schwerer wiegen als das öffentliche Informationsinteresse. Auch extrem zeitraubende und offensichtlich mutwillige Anfragen müssen nicht beantwortet werden.

Auskunftspflichten werden – in eingeschränkter Form – auch für staatsnahe Unternehmen und Fonds gelten. Gesetzliche Interessenvertretungen sollen laut Entwurf nur gegenüber ihren eigenen Mitgliedern zu Transparenz verpflichtet sein. Inkrafttreten sollen die Verfassungsnovelle und das neue Informationsfreiheitsgesetz 18 Monate nach dessen Kundmachung, also voraussichtlich im Laufe des Jahres 2025. (Schluss) gs/bea


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