Nominierungen für den Simon-Wiesenthal-Preis 2023

Die Nominierungen für den Simon-Wiesenthal-Preis 2023 stehen fest. Die Jury, die auch im dritten Jahr des Bestehens eine Auswahl aus einer Fülle von eingereichten Projekten und Initiativen zu treffen hatte, hat nun die Nominierungen für 2023 bekanntgegeben. Die Verleihung des 2021 ins Leben gerufenen Simon-Wiesenthal-Preises findet am 12. März 2024 im Parlament statt.

Im Rahmen der Preisverleihung wird auch die Ehrung einer Reihe von Zeitzeug:innen erfolgen. Das entspricht der Intention des novellierten Nationalfondgesetzes. Die besondere Würdigung werden Helga Feldner-Busztin, Jeno Friedman (USA), Octavian Fülöp (Rumänien), Naftali Fürst (Israel), Maria Gabrielsen (Norwegen), Viktor Klein (Österreich), Otto Nagler (Israel), Katharina Sasso (Österreich), Liese Scheiderbauer (Österreich) und Marian Turski (Polen) erhalten.

Der Preis ist dem Andenken an den Architekten, Publizisten und Schriftsteller Simon Wiesenthal (1908-2005) gewidmet. Wiesenthal hat die Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus weltweit geprägt. Seit dem Tag seiner Befreiung aus dem Konzentrationslager Mauthausen machte er es sich zur Lebensaufgabe, an die Opfer des Naziterrors zu erinnern.

Insgesamt wurden dieses Jahr 197 Bewerbungen aus 30 Ländern weltweit beim Nationalfonds eingereicht, 107 davon sind Neueinreichungen. Der Schwerpunkt der Einreichungen lag in Österreich und Deutschland, aber auch aus den Vereinigten Staaten, Spanien, Israel, dem Vereinigten Königreich, Polen und Argentinien liegt eine signifikante Zahl von Bewerbungen vor.

Sobotka: Preis zeigt, dass Engagement gegen Antisemitismus ungebrochen ist

"Die schrecklichen Ereignisse der vergangenen Monate in Israel unterstreichen die Bedeutung des Simon-Wiesenthal-Preises", hält Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka anlässlich der Bekanntgabe der Nominierungen zum Simon-Wiesenthal-Preis 2023 fest. "Die Vielzahl an Bewerbungen aus aller Welt im dritten Jahr der Verleihung beweist das ungebrochene Engagement der Zivilgesellschaft im entschiedenen Kampf gegen Antisemitismus. Dieses Engagement zeigen vor allem auch die Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, deren besondere Würdigung daher im Nationalfondsgesetz im Zuge der Novellierung ausdrücklich verankert wurde. Sie erinnern uns daran, dass wir dem Verdrängen und Verharmlosen der historischen Wahrheit entgegenwirken müssen. Denn 'Nie wieder' ist jetzt."

Schnurbein: Aufstehen gegen Antisemitismus wichtiger denn je

Jury-Vorsitzende Katharina von Schnurbein stellt mit Besorgnis fest, dass seit dem terroristischen Anschlag der Hamas auf israelische Zivilist:innen in Europa und weltweit ein explosionsartiger Anstieg antisemitischer Vorfälle festzustellen sei. "Mehr denn je brauchen wir jetzt entschlossenes Handeln und Zivilcourage, um gegen Antisemitismus aufzustehen. Alle Nominierungen des Simon-Wiesenthal-Preises 2023 sind Beispiele herausragender zivilgesellschaftlicher Initiativen. Sie zeichnen sich durch einen klaren moralischen Kompass, einen langen Atem und viel ehrenamtliches Engagement aus", erklärt die Jury-Vorsitzende zu den nun bekanntgegebenen Nominierungen.

Die Kandidat:innen für den Hauptpreis

In die engere Auswahl der Jury für den Hauptpreis für zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus und für Aufklärung über den Holocaust gekommen sind die Organisation AMCHA (Israel), die Casa Stefan Zweig (Brasilien), der Holocaust-Forscher Jan Grabowski (Kanada) und die Initiative LIKRAT – Lass uns reden! (Österreich und Schweiz).

AMCHA ist eine 1988 gegründete Organisation zur psychosozialen Hilfe für Überlebende des Holocaust und ihre Nachkommen in Israel, die an 15 Standorten, den AMCHA Zentren, insgesamt etwa 15.000 Menschen betreut. Zu den Leistungen von AMCHA Israel gehören Einzelgespräche mit professionellen Therapeut:innen, die sogenannten Social Clubs mit Gruppen-Angeboten und Besuchsdienste durch Freiwillige. Neben der Betreuung der Überlebenden ist zudem die pädagogische Bildungs- und Vermittlungsarbeit ein weiterer wichtiger Bestandteil von AMCHA.

Die Casa Stefan Zweig ist ein privatrechtlicher gemeinnütziger Verein mit Sitz in Petrópolis in Rio de Janeiro, der 2006 mit dem Ziel gegründet wurde, im letzten Wohnhaus des Schriftstellers und seiner Frau ein Museum zu errichten, um die Erinnerung an Stefan Zweig zu pflegen. Das ist zudem auch eine Gedenkstätte des Exils für andere Künstler:innen, Intellektuelle, Wissenschaftler:innen und andere Verfolgte, die während des Nationalsozialismus in Brasilien Zuflucht suchten und hier ihren Beitrag zu Kultur, Kunst und Wissenschaft leisteten, und entfaltet unterdessen eine umfangreiche Bildungs- und Aufklärungsarbeit.

Jan Grabowski ist polnischer Historiker und Geschichtsprofessor an der Universität Ottawa und einer der entschiedensten Befürworter der Holocaust-Erziehung in Polen. Grabowski forscht unter anderem zu Fragen der Vernichtung der polnischen Jüdinnen und Juden sowie zur Geschichte der jüdisch-polnischen Beziehungen in der Zeit von 1939 bis 1945.

"LIKRAT" ist ein poetischer hebräischer Ausdruck für "entgegen(gehen)" und Name eines Dialogprojekts, das jüdische und nichtjüdische Jugendliche zusammenbringt. Das Projekt wurde 2002 in der Schweiz begonnen und existiert seit 2015 in Österreich, seit 2017 in Deutschland und seit 2018 auch in Moldawien. Ziel des Dialogprojekts ist es, antisemitische und antijüdische Stereotype aufzulösen und ein pluralistisches Bewusstsein zu generieren.

Nominierungen für den Preis für zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus

Für den weiteren Preis für zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus wurde von der Jury unter anderen die Asociacón Cultural Mota de Judíos in Spanien ausgewählt. Das spanische Dorf Castrillo Matajudios – was in etwa als "Festung, die Juden tötet" übersetzt werden kann – hat seinen Namen 2015 nach einem Referendum und der Zustimmung der Regionalregierung offiziell wieder in den vor 1632 benutzten Namen Castrillo Mota de Judíos (Festung Hügel der Juden) geändert. Das Dorf mit etwa 50 Einwohner:innen hält trotz diverser Anfeindungen weiter an der Entscheidung fest, seinen beleidigenden Namen abzulegen und seine jüdischen Ursprünge zu ehren.

Das European Leadership Network (ELNET) in Deutschland engagiert sich als Denkfabrik und Netzwerkorganisation im Kontext der europäisch-israelischen Beziehungen. Der Fokus liegt auf den Bereichen Außen- und Sicherheitspolitik, Antisemitismus und Innovation. Für die Nominierung qualifiziert hat sie sich aus Sicht der Jury mit der Bildungskampagne "Fragemauer – 2.641 Fragen über das Judentum und jüdisches Leben in Deutschland".

Ebenfalls nominiert wurde "SOS Mitmensch" (Österreich). Die Jury weist darauf hin, dass SOS Mitmensch mit aufwändiger Recherche, präziser Kritik sowie druckvoller Öffentlichkeitsarbeit maßgeblichen Anteil an der Einstellung der "Aula" und am Vorhaben der Justiz, gegen den ehemaligen "Aula"-Chefredakteur wegen des Verdachts der NS-Wiederbetätigung Anklage zu erheben, hatte. Damit stehe sie beispielhaft für den erfolgreichen Druck, den eine engagierte Zivilgesellschaft gegen antisemitische Umtriebe entwickeln könne.

Preis für zivilgesellschaftliches Engagement für Aufklärung über den Holocaust

Aus den Einreichungen für zivilgesellschaftliches Engagement für Aufklärung über den Holocaust hat die Simon-Wiesenthal-Preis-Jury drei Projekte gewählt.

Alois und Erna Will (Österreich) errichteten in privater Initiative ein Mahnmal für drei unbekannte ungarisch-jüdische KZ-Häftlinge, die während der Todesmärsche ins KZ Mauthausen im April 1945 nahe dem Elternhaus von Alois Will ermordet wurden.

Vorgeschlagen wurde auch die 2023 verstorbene österreichische Historikerin Heidemarie Uhl, die sich Jahrzehnte für die Aufarbeitung und Aufklärung über den Holocaust in Österreich engagiert und wichtige wissenschaftliche Forschungen zu diesem Thema vorgelegt hat.

Die Organisation CENTROPA (Österreich), die die Erinnerung von Zeitzeug:innen an den Holocaust und an jüdischen Lebenswelten vor dem Zweiten Weltkrieg dokumentiert, wurde nominiert für die Anstrengungen, die sie unternommen hat, um die Holocaust-Erziehung in der Ukraine in Zeiten des russischen Angriffskrieges seit Februar 2022 fortzusetzen. (Schluss) sox


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