"Es ist ein kleines Weihnachtswunder, dass Kanzler Nehammer nun doch überzeugt werden konnte, mit fast zwei Jahren Verspätung den Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der EU-Kindergarantie (NAP) präsentieren zu lassen”, zeigt sich Volkshilfe-Geschäftsführer Erich Fenninger erfreut. Bisher beschränkten sich Nehammers Empfehlungen zum Thema Kinderarmut ja mehr auf das Kanzlermenü. Man müsse sich auch die Frage stellen, so Fenninger, wieso die politische Abstimmung zu Maßnahmen gegen Kinderarmut so lange gebraucht hat, wenn doch ein großer Teil aus bereits bestehenden oder angekündigten Maßnahmen besteht.
Die Bundesregierung nimmt sich im NAP die Halbierung des Anteils der von Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung betroffenen Kinder und Jugendlichen in Österreich bis zum Jahr 2030 vor. Ebenso soll der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die von erheblicher materieller Deprivation (großem Mangel an Notwendigem) betroffen sind, entsprechend halbiert werden. “Für die Volkshilfe kann die Abschaffung des Skandals Kinderarmut nicht nur eine Halbierung sein. Aber es ist dennoch ein wichtiger Zwischenschritt. Ich gebe allerdings zu bedenken, dass wir bereits in weniger als einem Jahr wählen. Durch die zweijährige Verspätung ist hier viel Zeit verstrichen“
Weitere Anstrengungen nötig
“Im NAP geht es viel um den Status Quo im Bereich Infrastruktur und Familienleistungen, die ohne Zweifel schon jetzt eine armutsreduzierende Wirkung haben. Denn ohne Transferleistungen wären statt 316.000 Kinder und Jugendlichen bis 17 Jahren 591.000 armutsgefährdet. Viele der Maßnahmen bestehen bereits seit Jahren – und trotzdem ist jedes 5. Kind von Armut und Ausgrenzung bedroht.”
Von der Politik braucht es aber deutlich mehr Anstrengung und finanzielle Mittel, um die Ziele des NAP zu erreichen. Fenninger nennt hier ein konkretes Beispiel: zum kostenlosen Mittagessen für Kinder und Jugendliche heißt es, man wolle eine Strategie für eine flächendeckende Bereitstellung mindestens einer kostenlosen, nachhaltigen und gesundheitsfördernden Mahlzeit/Verpflegung pro Schultag für Schüler*innen in relevanten Schultypen Österreichs bis 2024 entwickeln und diese bis 2030 flächendeckend ausrollen. Außerdem sollen bereits jetzt angebotene Mittagsmahlzeiten im Schulwesen schon vor 2030 weitgehend kostenlos angeboten werden. Das ist durchaus ambitioniert, die Umsetzung dieses Vorhabens kann aber nur gelingen, wenn wir nach den Nationalratswahlen im kommenden Jahr eine Bundesregierung haben, die Kinder wirklich ins Zentrum ihrer Politik stellt, entschlossen an diesem Ziel arbeitet und dafür auch die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stellt. Wichtig wäre es auch, hier nicht nur Schüler*innen, sondern auch Kinder im elementaren Bildungsbereich mitzudenken.
Die Letzten können die Ersten sein
Man müsse aber auch die Chancen sehen, die eine EU-Kindergarantie bedeuten kann. “Österreich ist bei der Abgabe des Aktionsplans als letztes Land mit der roten Laterne durchs Ziel gelaufen, aber mit einer Kindergrundsicherung könnte man vom Letzten zum Ersten werden. Nämlich zum ersten Land in der Europäischen Union, das Kinderarmut de facto abschafft”, so Fenninger abschließend.
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