TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Fortsetzung folgt hoffentlich nicht“, von Marco Witting

Der Sessel des Vizebürgermeisters, ein Schleudersitz: Der Innsbrucker Gemeinderat hat durch politische Spiele in den vergangenen sechs Jahren nicht nur dieses Amt beschädigt. Es wird Zeit, dass die Schlussklappe für die Periode fällt.

   Für ein House of Cards, das in Serie gefasste Schauspiel von politischen Ränkespielen, hat es im Innsbrucker Gemeinderat noch nie gereicht. Höchstens für ein House of Watterkarten. Zum Ende einer inhaltsschwachen, aber an Streitigkeiten reichen Periode wurde nun, sozusagen als finaler Akt dieser Staffel, wieder ein Vizebürgermeister aus dem Amt gewählt. Zum dritten Mal bereits. Damit ist nicht nur dieses Amt beschädigt. Sondern die gesamte Glaubwürdigkeit der Stadtpolitik. Die Stadtvizes mögen gehen, der Schaden bleibt.
   Ob mehr oder weniger gut begründet oder berechtigt– der Abwahlreigen macht das Amt vom Vize- zum Witzebürgermeister. Nur dass daran gar nichts lustig ist. Das lässt sich etwa an der ÖVP festmachen. Die pocht auf vielen Ebenen immer darauf, dass Ermittlungen der WKSta noch lange kein Grund für einen Amtsverlust sind – außer es passt in Innsbruck gerade ins Konzept und geht gegen einen abtrünnigen einstigen Parteifreund, der ein Konkurrent bei der nächsten Wahl ist. Der Grünen-Bürgermeister Georg Willi hängt sich da an. Er war dieses Mal (nicht ohne Kalkül) gegen die Abwahl von Johannes Anzengruber. Dabei hat er einst bei Christine Oppitz-Plörer mit dem Abwahlpoker begonnen. Und bei Uschi Schwarzl war man sich bei anderen Couleurs einig, dass die als Vizebürgermeisterin weg muss. Was, wie bei den beiden anderen Ex-Vizes, auf die Zugehörigkeit zu Stadtsenat bzw. Gemeinderat dann wieder keinen Einfluss hat. Gegen Schwarzl gab es zudem etliche, dann gescheiterte Anträge, sie auch als Stadträtin abzusetzen. Ja, derartige Abwahlen sind demokratisch legitim und im Stadtrecht vorgesehen. Ja, der Posten eines Stadtvizes ist ein politisches Amt und nicht vom Volk gewählt. Aber wichtige Positionen für politische Showeinlagen zu missbrauchen, war und ist der Stadt unwürdig. 
Hannes Anzengruber wird sich bis zur Wahl im April 24 jetzt als Opfer einer Polit-Intrige darstellen und versuchen, von seinem (Erlebnis-)Card-Fiasko abzulenken. Aus Sicht der ÖVP (und auch der FPÖ) ist er durch die Abwahl öffentlich deutlich weniger sichtbar. Der geneigte Leser merkt: Um die Arbeit für die Bevölkerung geht es schon lange nicht mehr. Selbst wenn das alle immer hoch und heilig betonen.
   Es wird Zeit, dass die Schlussklappe für diese Gemeinderatsperiode fällt. Eine Fortsetzung dieser Staffel braucht niemand mehr. Ob es mit einem neu gewählten Ensemble besser wird? Das wäre Innsbruck zu wünschen. Nicht nur das Vertrauen der Menschen hat in den sechs Jahren gelitten, sondern auch die notwendige Weiterentwicklung der Stadt.

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