Vom Vorgesetzten sexuell belästigt und attackiert: AK Oberösterreich erkämpfte 4.000 Euro Schadenersatz

Ordinäre Bemerkungen, Fragen nach dem Intimleben und unerwünschte Nachrichten: Eine Arbeiterin in einem Produktionsbetrieb war über längere Zeit sexueller Belästigung durch ihren Vorgesetzten ausgesetzt. Dabei schreckte der Belästiger auch nicht vor körperlichen Übergriffen zurück. Die Arbeiterkammer Oberösterreich half und konnte für ihr Mitglied 4.000 Euro Schadenersatz erkämpfen.  

Die Frau wurde über einen längeren Zeitraum sexuell belästigt und war zusätzlich auch körperlichen Übergriffen ausgesetzt. Dabei versuchte ihr Vorgesetzter, sexuelle Gefälligkeiten als „Gegenleistung“ für sein Entgegenkommen bei dienstlichen Notwendigkeiten einzufordern. Er kommentierte ihr Äußeres, machte ordinäre Bemerkungen, fragte nach ihrem Intimleben und sprach in ihrer Gegenwart ständig über Sex. Zusätzlich belästigte der Vorgesetzte die Mitarbeiterin mit pornografischen und ordinären digitalen Nachrichten. Das alles, obwohl die Frau mehrmals erklärte, sein Verhalten sei ihr unangenehm und er solle dies unterlassen. Die Situation eskalierte, als der Vorgesetzte aufgrund der Zurückweisung die Frau schließlich sogar schlug. Die Frau erkrankte und sah keinen anderen Ausweg mehr, als das Arbeitsverhältnis zu beenden. Danach wandte sie sich hilfesuchend an die AK Oberösterreich. Im Zuge außergerichtlicher Verhandlungen konnten für die Frau 4.000 Euro Schadenersatz für die erlittene persönliche Beeinträchtigung erkämpft werden.  

Sexuelle Belästigung verstößt klar gegen das Gesetz
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist nicht nur abstoßend und unprofessionell, sondern verstößt auch gegen das Gleichbehandlungsgesetz. Nach Definition der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) beschreibt sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz jede Handlung, jede Begebenheit oder jedes von angemessenem Benehmen abweichendes Verhalten, wodurch eine Person im Verlauf oder in direkter Folge ihrer Arbeit schwer beleidigt, bedroht, verletzt oder verwundet wird. In jedem Fall wird die Würde der betroffenen Person, aber auch die sexuelle Integrität und Intimität verletzt. Dabei zeigt der Arbeitsklima Index der AK Oberösterreich, dass sexuelle Belästigung verbreitet ist: So gaben 14 Prozent der befragten Frauen an, bereits sexuelle Übergriffe am Arbeitsplatz erlebt zu haben. Vier Prozent berichten von Nachrichten mit sexuellen Inhalten aus dem Arbeitsumfeld.  

Für AK-Direktorin Andrea Heimberger, MSc ist klar: „Die Fälle, mit denen unsere Expertinnen und Experten in der Rechtsberatung konfrontiert sind, sind die absolute Spitze des Eisberges. Es braucht viel Mut und eine dicke Haut, um die Vorfälle zu melden.“ Opfer schämen sich oft, haben Angst vor einer Opfer-Täter-Umkehr und sind häufig mit Vorwürfen konfrontiert, sie würden Behauptungen erfinden, etwa um eigene Vorteile herauszuschlagen. „Es ist unvorstellbar, was sich manche Kolleginnen, Kollegen oder Arbeitgeber in diesem Zusammenhang erlauben. Ich rate allen Betroffenen, sich an die AK zu wenden. Hier bekommen sie durch unsere Gleichbehandlungsprofis einfühlsame, kompetente Beratung und Hilfe“, so die AK-Direktorin.  

Forderungen der Arbeiterkammer
Zum besseren Schutz von Arbeitnehmer:innen vor sexueller Belästigung fordert die AK: 

  • Klare gesetzliche Vorgaben sollen jede Form von Gewalt am Arbeitsplatz bestmöglich verhindern. Dies könnte durch verpflichtende Präventionskonzepte umgesetzt werden.
  • Beweislastumkehr: Die beklagte Person soll den vollen Beweis dafür antreten müssen, dass eine Entscheidung nicht auf diskriminierenden Motiven beruht.
  • Prozesskostenersatz: Gerichtliche Anfechtungsverfahren wegen diskriminierender Beendigung des Arbeitsverhältnisses müssen frei von Kostenersatzpflichten sein, sodass die Rechtsdurchsetzung für Betroffene erleichtert wird. 
  • Gleichbehandlungskommission: Die finanziellen und personellen Ressourcen müssen aufgestockt werden. Zusätzlich sollen Gleichbehandlungskommissionen in den Bundesländern eingerichtet werden. Damit würde auch die Dauer der Verfahren verkürzt werden.
  • Darüber hinaus muss es klare Vereinbarungen und Informationen dazu geben, wie Beschäftigte in schwierigen Situationen handeln können. Haben sie Gewalt erfahren, liegt es in der Verantwortung des Arbeitgebers, im Rahmen der Fürsorgepflicht Unterstützung und Schutz anzubieten.
  • Deutlich höherer Schadenersatz bei allen Formen der Diskriminierung im Beruf ist dringend notwendig!

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