Nationalrat: Einstimmigkeit für neue „Höhere berufliche Bildung“

Neue Möglichkeiten für einen formalen Bildungsabschluss etwa in Lehrberufen sieht das Gesetz über die höhere berufliche Bildung (HBB-Gesetz) vor, das den Nationalrat heute einstimmig passierte. ÖVP und Grüne sprachen dabei von einem grundlegenden Paradigmenwechsel bei den Möglichkeiten der Weiterbildung.

Neben einer einstimmigen Umsetzung von EU-Vorgaben zu Emissionen aus Kesselanlagen befürworteten die Abgeordneten zudem mehrheitlich einen Entschließungsantrag der Koalitionsparteien für einen reibungslosen Breitbandausbau.

"Höhere berufliche Bildung" für neuen formalen Bildungsabschluss

Das einstimmig beschlossene Gesetz über die höhere berufliche Bildung (HBB-Gesetz) soll neue Möglichkeiten für einen formalen Bildungsabschluss etwa in Lehrberufen ermöglichen. Die verbesserte Fortbildung soll Fachkräften mehr gesellschaftliche Anerkennung bringen und richtet sich an rund 1,6 Mio. Österreicher:innen zwischen 25 und 64, die eine abgeschlossene Lehre als höchsten Bildungsabschluss aufweisen und an rund 870.000 Personen, die nach dem Pflichtschulabschluss eine mehrjährige berufliche Erfahrung erworben haben. Damit soll eine durchgängige Weiterbildungsperspektive auf berufspraktischem Wege in vielen Berufsfeldern geschaffen und die Entscheidung für einen Lehrberuf oder eine berufliche Ausbildung attraktiver werden.

Das HBB-Gesetz ermögliche es, in Lehrberufen direkt im Beruf die Karriereleiter weiter hinauf zu steigen und schaffe Ausbildungen, die heute noch nicht möglich seien, sieht etwa Martina Kaufmann (ÖVP) einen Paradigmenwechsel in der beruflichen Weiterbildung. Das Gesetz stelle außerdem ein klares Bekenntnis zur Lehre dar. Ein HBB-Abschluss werde nicht gleichartig, aber gleichwertig zu einem Bachelor sein, so Kaufmann. Aus Sicht von Andrea Holzner (ÖVP) ist das HBB-Gesetz die größte Innovation im Bildungssystem seit Einführung der Fachhochschulen vor 30 Jahren. Die Abschlüsse würden transparent und im nationalen Qualifikationsplan eingestuft. Es gelte jetzt, die "Ärmel hochzukrempeln" für die konkreten Angebote.

Auch Eva Blimlinger (Grüne) sieht einen grundlegenden Paradigmenwechsel hin zu formalisierten Abschlüssen in diesem Bereich samt Einreihung in den nationalen Qualifikationsrahmen. Sie hob hervor, dass sowohl Lehrlinge, als auch jene mit jahrelanger Berufspraxis Zugang zu dieser formalisierten Weiterbildung haben werden. Das bedeute eine Weiterentwicklung für die gesamte österreichische Gesellschaft.

Petra Oberrauner (SPÖ) und Christoph Matznetter (SPÖ) stimmten zwar zu, dass die Maßnahme wichtig sei, etwa um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und die Chance auf eine höhere Ausbildung zu geben. Insgesamt kritisierten aber beide, dass die Regierung etwa hinsichtlich der hohen Inflation nicht genügend Maßnahmen gesetzt habe, um den aktuellen Herausforderungen entgegenzuwirken.

Auch Maximilian Linder (FPÖ) meinte, mit der neuen Weiterbildungsmöglichkeit und den zusätzlichen Abschlüssen würden berufliche Aufstiegsmöglichkeiten und gesellschaftliche Anerkennung geschaffen. Ebenso wie nunmehrig die Meisterprüfungsgebühren vom Bund übernommen würden, sollte das aus seiner Sicht aber auch für den HBB-Bereich eingeführt werden. Yannick Shetty (NEOS) begrüßte, dass der Leitgedanke weitergeführt werde, dass berufliche und akademische Ausbildung gleichrangig ist. Aus seiner Sicht würden aber Berufsschüler:innen derzeit noch immer als Schüler:innen zweiter Klasse behandelt. Die Lehre sollte aber zur Priorität gemacht werden. Stärker diskutiert werden sollte ihm zufolge auch darüber, die Berufsorientierung in der Unterstufe stärker zu verankern.

Wirtschaftsminister Martin Kocher betonte, dass Österreich um das System der dualen Ausbildung bzw. um die Lehre international beneidet werde. Mit dem HBB-Gesetz werde der Rahmen für weitere Qualifizierungsschritte nach der Lehre gesetzt. Jetzt brauche es eine konkrete Befüllung der Inhalte, um diese neue Chance aufzuzeigen, so Kocher, der damit eine diesbezügliche "Blütezeit der Lehre" kommen sieht.

Sicherstellung von reibungslosem Breitbandausbau

Mit einem Entschließungsantrag setzen sich die Koalitionsfraktionen für die Sicherstellung eines reibungslosen Breitbandausbaus ein. Insbesondere geht es ihnen darum, dass die Verlegung von Breitband-Anschlüssen nicht zu Verzögerungen bei Bauprojekten führt. Die Bundesregierung solle daher unter anderem überprüfen, wie bei der Verlegung die Abstimmung sowie Zusammenarbeit bei Überbauungs- bzw. Mitverlegungsprojekten verbessert werden könne.

Für die Initiative sprachen sich alle Fraktionen außer die NEOS aus. Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) kritisierte, dass in den letzten vier Jahren viel Geld für den Breitbandausbau ausgegeben worden sei, der aber nach wie vor stocke. Das Geld komme nicht an und es werde nicht darüber nachgedacht, wie man Bürokratie abbauen könne.

Eva-Maria Himmelbauer (ÖVP) erachtet das Resümee der NEOS als nicht zutreffend und wies ähnlich wie Joachim Schnabel (ÖVP) und Süleyman Zorba (Grüne) darauf hin, dass der Anteil von gigabitfähigen Anschlüssen in Haushalten in den letzten Jahren von 13 % auf 69 % gestiegen sei. Mit dem Entschließungsantrag wolle man für gewisse Problemstellungen Lösungen schaffen, zumal der Breitbandausbau zugleich eine Investition in die Zukunft sei. Schnabel betonte, es brauche einen Zusammenschluss von Bund, Ländern und Gemeinden beim Breitbandausbau. Ziel sei, dass es keine digitale Kluft zwischen städtischen und ländlichen Gebieten gebe. Gut ausgebaute Breitband-Infrastruktur sei zugleich auch der Schlüssel für Wirtschaftswachstum, so Zorba. Mit dem Antrag gehe es unter anderem um Möglichkeiten der Beschleunigung der Abstimmung durch Marktteilnehmer untereinander, etwa bei der Mitverlegung, und darum, dass keine "blinden Flecken" entstehen.

Petra Oberrauner (SPÖ) betonte, dass die Sicherstellung des Breitbandausbaus das Anliegen der Bundesregierung sein müsse. Die Abhängigkeit von dieser Infrastruktur schreite insgesamt weiter voran. Sie betreffe von Lebensqualität über Dienstleistungen bis zur Wettbewerbsfähigkeit nahezu alle Bereiche. Umso wichtiger wäre es ihr zufolge gewesen, die Städte und Gemeinden in die Umsetzung einzubinden, um diese zu beschleunigen. Breitband bedeutet aus Sicht von Melanie Erasim (SPÖ) eine der wichtigsten Lebensadern der Zukunft. Einen Entschließungsantrag wie den vorliegenden erachtet sie nicht als adäquates Mittel, werde aber trotzdem zustimmen.

Die Missstände, die nun adressiert würden, seien alle bekannt und nicht neu, meinte Gerhard Deimek (FPÖ). In einem geteilten Markt würde letztlich niemand ausbauen und die Menschen keine Breitbandanschlüsse bekommen. Was er von Seiten des Staatssekretärs vermisse, sei jedenfalls ein konkretes Lösungskonzept.

Staatssekretär Florian Tursky führte aus, dass in den frühen 2.000er-Jahren nicht erkannt worden sei, dass das Glasfasernetz wie etwa Kanal und Strom zur Daseinsvorsorge und zur Wettbewerbsgleichheit für den ländlichen Raum gehöre. Die Bundesregierung habe allerdings bisher mit zwei Breitbandmilliarden reagiert. Seit Ende 2019 habe sich dazu auch die Gigabitabdeckung von 13 % auf 69 % erhöht, hob er hervor. Es hätten sich aber auch die Rahmenbedingungen verändert. Daher gelte es, diese nochmals genau anzuschauen.

Register für Emissionen aus Kesselanlagen

Einheitliche Standards bezüglich Schadstoffemissionen aus Kesselanlagen sowie Verwaltungsvereinfachungen sind die Ziele einer Novelle zum Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen. Damit soll einerseits eine EU-Richtlinie umgesetzt werden und zum anderen ein Schreiben der Europäischen Kommission im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens in diesem Bereich Berücksichtigung finden. Erforderlich wird demnach in erster Linie die Einrichtung eines Registers und die einmalige Registrierung der mittelgroßen Anlagen mit einer Brennstoffwärmeleistung von mindestens 1 Megawatt (MW) und – mit bestimmten Ausnahmen im Fall von Aggregationsanlagen – weniger als 50 MW. Die dementsprechende Regierungsvorlage wurde im Nationalrat einstimmig angenommen. (Fortsetzung Nationalrat) mbu

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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